Hingerl machte deutlich, dass mit dem TTIP eine neue Liberalisierungswelle droht. Dies sei umso gefährlicher, weil die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfänden und eine Mitwirkung der Kommunen nicht vorgesehen sei. Der Münchner Stadtrat hat im April 2014 einstimmig und über Parteigrenzen hinweg in einem Grundsatzbeschluss die durch TTIP drohenden Gefahren für die kommunale Daseinsvorsorge thematisiert und beschlossen, dagegen über die Städtetage und Verbände allen möglichen Einfluss geltend zu machen. Buckenhofer unterstrich aus Sicht des Bayerischen Städtetages die Gefahren, die sich aus der TTIP für die Kommunen ergeben: „Die Menschen in Europa müssen weiterhin auf der Hut sein, um die Errungenschaften der kommunalen Daseinsvorsorge zu bewahren. Die Bundesregierung und die Staatsregierung müssen aufmerksam bleiben, damit eine Aushöhlung der kommunalen Daseinsvorsorge, gerade bei Wasserversorgung oder Abwasserentsorgung, gar nicht erst möglich wird. Das Recht auf kommunale Selbstverwaltung in Europa muss gewahrt bleiben.“
Hingerl erläuterte, dass die EU mit den USA im Rahmen der TTIP auch über die Liberalisierung der kommunalen Daseinsvorsorge verhandle. Die EU-Kommission könnte künftig mit Hinweis auf internationale Abkommen eine Liberalisierung kommunaler Dienstleistungen durchsetzen. Da kommunale Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Bildung, Kultur und Gesundheit schon lange von privaten Unternehmen als lohnendes und attraktives Geschäftsfeld angesehen würden, könne damit die Debatte über Ausschreibungspflichten wieder eröffnet werden. Eine entscheidende Rolle könne hier das geplante Streitschlichtungsverfahren vor Schiedsgerichten zwischen Investoren und Staaten spielen, das es Firmen erlauben würde, gegen staatliche Vorschriften (zum Beispiel Umwelt- und Verbraucherschutz) zu klagen, wenn sie ihre Unternehmensinteressen beeinträchtigt sähen. Auch könnten Entscheidungen von Kommunen, bestimmte öffentliche Dienstleistungen in eigener Regie anzubieten, von privaten Unternehmen zum Gegenstand dieser Verfahren gemacht
werden. Diese Schiedsgerichte wären keine Institutionen des demokratischen Rechtsstaates, sondern agierten auf Basis von Handels- und Investitionsschutzverträgen außerhalb nationalstaatlicher Rechtssysteme. Berufungsverfahren oder eine höhere Instanz seien nicht vorgesehen. Auf jeden Fall wäre damit zu rechnen, dass mit Inkrafttreten der TTIP der Priva-tisierungsdruck auf die Kommunalwirtschaft weiter forciert werde. Buckenhofer unterstrich dies mit den Worten: „Am Schluss könnte die Bürgerschaft Europas vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Umso notwendiger ist, dass wir alle – Kommunen, Freistaat, Bund und die ge- samte Bürgerschaft – wachsam bleiben: Wir dürfen uns nicht in den Schlaf wiegen lassen. Wer heute den Schutz der kommunalen Daseinsvorsorge verschläft, wacht morgen ohne Daseinsvorsorge auf.“
Auch Hingerl gab ein klares Bekenntnis zur kommunalen Daseinsvorsorge ab und betonte: „Wir müssen uns dafür einsetzen, dass die kommunale Daseinsvorsorge erhalten bleibt. Die kommunalen Unternehmen bieten viele Vorteile: Sie orientieren sich am Wohl der Bürgerinnen und Bürger. Sie wirtschaften effizient, um in die Zukunft investieren zu können und haben auch die Bedürfnisse kommender Generationen im Blick; das ist nachhaltig und ökologisch vorbildhaft. Sie sind zuverlässig und sorgen für sozialverträgliche Preise. Ein gutes Beispiel sind die seit 18 Jahren stabilen Gebühren bei der Münchner Stadtentwässerung. Die Haltung der Landeshauptstadt München hierzu ist klar und deutlich. Die Stadt, allen voran Oberbürgermeister Dieter Reiter, setzt sich mit Nachdruck für den Erhalt der kommunalen Daseinsvorsorge in städtischer Hand und damit für den Weiterbestand der kommunalen Betriebe ein.“