Die Landeshauptstadt München vergibt jährlich vier projektbezogene Stipendien im Bereich Bildende Kunst. Wie vom Kulturausschuss der Landeshauptstadt München in seiner Sitzung am gestrigen 17. Juli auf Empfehlung einer Jury beschlossen, erhalten in diesem Jahr Heike Jobst, Angela Stauber, Anja Uhlig und Lisa Winkler jeweils 6.000 Euro für ein konkretes Arbeits- oder Reisevorhaben. Mit dem mit 3.000 Euro dotierten Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst (Nachwuchspreis) werden Stefanie Hammann & Maria von Mier ausgezeichnet.
Heike Jobst seziert mit ihrem Projekt „Mnemosyne“ (Erinnerung und Wissen) den Ort des Museums als organisierten Wissensspeicher: Für die von ihr geplante Rauminstallation entwirft die Künstlerin eigene „Sammlungsstücke“ – Objekte, die sie aus Papier und Buchbinderleinen herstellt, die sie in Regalsystemen zu übergreifenden, ästhetischen Anordnungen arrangiert. Heike Jobst überzeugte die Jury mit einer sehr eigenständigen künstlerischen Herangehensweise, indem sie die Grenzbereiche zwischen Zeichnung, skulpturalem Objekt, Installation und fotografischer Dokumentation auf reizvolle Weise neu auslotet. Das Projekt „Mnemosyne“ (Erinnerung und Wissen) stellt eine konsequente Weiterentwicklung ihrer langjährigen Beschäftigung mit Formen des Displays dar.
Angela Stauber beschäftigt sich in ihrer Malerei seit langem mit der Erfahrbarkeit von Raum und Räumlichkeit. Mit ihrem Projekt „die reflexion der stadt“ wirkt sie mit abstrakten grafischen Mitteln direkt in die alltägliche Erfahrungswelt der Konstruktion Großstadt hinein. Die von ihr geplanten großformatigen Plakate, die auf jeweils für den einzelnen Ort angefertigten Linolschnitten basieren, unterbrechen die oft allzu gegenständliche, verdinglichte Welt der Werbefassaden und verführen den Betrachter zu einer aufmerksameren Wahrnehmung der alltäglichen urbanen Umgebung, zu einem Nachdenken über die dahinterliegenden sozialen und ökonomischen Konstruktionen und deren Verschränkungen im und mit dem Stadtraum.
Anja Uhlig/realitaetsbüro,erhält das Stipendium zur Fortführung ihres 2009 begonnenen künstlerisch-wissenschaftlichen Projekts „Spitzbergen“, zu dem sie durch eine Samenbank für Nutzpflanzen auf der Inselgruppe Spitzbergen angeregt wurde. Inspiriert von der Geschichte von Robert Schumanns Oratorium „Das Paradies und die Peri“, bei dem dem Granatapfel besondere symbolische Bedeutung zukommt, schafft sie mittels Bäumchen, die aus Granatapfelsamen gezogen sind, international Kommunikationsplattformen, indem sie zum Beispiel – wie 2013 – Granatäpfelwäldchen in Istanbul und München pflanzen lässt.
Mit ihrem Projekt
„Seedbank of Love and Stories: Bäume zu Geschichten“ führt sie die Geschichte Schumanns, die sich in einem Teil auf das Orientepos „Lalla Rookh“ des irischen Autors Thomas Moore bezieht, in einem alten Postamt im Nordwesten Irlands fort. 200 Bäumchen sollen dort gegen Geschichten von Bewohnern getauscht werden.
Lisa Katrin Winkler überzeugte die Jury mit ihrem Rechercheprojekt „towards memory“ (Arbeitstitel), mit der sie sich die Aufarbeitung eines komplexen Kapitels der deutsch-namibischen Geschichte zum Ziel gesetzt hat. Im Zuge des namibischen Unabhängigkeitskampfes waren ab 1979 viele hundert Kinder in die ehemalige DDR geschickt worden und mussten kurz vor dem Fall der Mauer wieder zurückkehren nach Namibia. Auf Grundlage von Gesprächen, Archivrecherchen und Videointerviews wird das Projekt eine Spurensuche aufnehmen, um so die Folgen von Kolonialismus, Genozid, Vertreibung und Apartheid sichtbar zu machen und in der Zusammenarbeit mit den namibischen Protagonisten visuelle Strategien und Möglichkeiten der Darstellung zu entwickeln. Die Ergebnisse dieses künstlerischen Projekts werden in einer Mehrkanal-Videoinstallation und einer Publikation präsentiert werden.
Stefanie Hammann & Maria von Mier wurden für ihr Projekt „
HAMMANN&VONMIER“, mit dem sie kollaborative Praxis, künstlerische Produktion und kuratorisches Handeln konzeptuell verschränken, mit dem Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreis für Bildende Kunst 2014 ausgezeichnet. Ihre Print-Projekte, die durch eine sehr eigenständige ästhetische Qualtität bestechen, erschöpfen sich nicht im Produkt der klassischen Künstlerpublikation, sondern werden durch spezifische Präsentationsformen ergänzt. Beispielhaft hierfür ist ihre konzeptuelle und bildhauerische Arbeit „success is closer than ever“ zu nennen, die 2013 in der Austellung „festival of independents“ im Haus der Kunst zu sehen war.
Der Jury gehörten an: Dörte Bäumer (ARTMuc Verlag), Stephan Janitzky (lothringer13_laden), Iris Mickein (Kunstraum München), Evelyn Pschak (freie Kunstkritikerin), Katharina Weishäupl (BBK München), Ines Wiskemann (Kunstverein München) und die Stadtrats-Mitglieder Kathrin Abele und Dr. Constanze Söllner-Schaar (beide SPD-Fraktion), Ulrike Grimm und Marian Offman (beide CSU-Fraktion) und Sabine Nallinger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste).
Die Preise werden voraussichtlich am 21. Oktober im „schwere Reiter“ München vergeben. Ausführliche Informationen und die Jurybegründungen sind unter
www.muenchen.de/kulturfoerderung, Stickwort „Preise“
abrufbar.