Erschließung Gewerbegebiet Detmoldstraße/Lemgostraße per Gleisanschluss: Ignoriert die Stadtverwaltung den Bebauungsplan und einen Stadtratsantrag?
Anfrage Stadtrats-Mitlieder Johann Altmann, Dr. Otto Bertermann, Ursula Sabathil (Freie Wähler), Stadtrat Tobias Ruff (ÖDP) und Stadtrat Richard Progl (Bayernpartei) vom 10.12.2013
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 10.12.2013 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an den Herrn Oberbürgermeister gestellt. Mit Schreiben vom 27.01.2014 haben wir um Terminverlängerung bis Februar 2014 gebeten. Eine zweite von uns erstellte Zwischennachricht ist aufgrund eines Büroversehens leider nicht versendet worden. Dies bitten wir zu entschuldigen.
Ihre Anfrage wird unter Mitwirkung von Baureferat, Kommunalreferat, Referat für Arbeit und Wirtschaft, Referat für Gesundheit und Umwelt und der Stadtwerke München GmbH vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet:
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„Grundsätzlich sind Flächen für künftige Gleisanschlüsse zur Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene zu offen zu halten. Vorhandene Gütergleise sind zu erhalten.
Konkret hätte der Gleisanschluss zur Erschließung des Gewerbegebiet Detmoldstraße/Lemgostraße erhalten werden sollen. Die Flächen für einen Gleisanschluss sollen offengehalten werden.“
Frage 1:
Welchen Wert hat ein vom Stadtrat beschlossener Bebauungsplan, wenn die städtischen Referate anschließend Genehmigungen erteilen und Maßnahmen beschließen, die im Widerspruch zu den planerischen Zielen und Festsetzungen des Bebauungsplans stehen?
Antwort:
Im Bebauungsplan 1398a ist unter den Planungszielen der Erhalt der Gleisanlagen nicht gefordert.Frage 2:
Welchen Wert hat der vom Stadtrat beschlossene Verkehrsentwicklungsplan, wenn die städtischen Referate darin enthaltene Vorgaben, wie die Ermöglichung von Gleisanschlüssen zur künftigen Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene, nicht im Ver waltungshandeln umsetzen?
Antwort:
Laut Verkehrsentwicklungsplan der Landeshauptstadt München sind vorhandene Gleisanschlüsse in Gewerbe- und Industriegebieten grundsätzlich zu erhalten und die Anlage neuer Gleisanschlüsse anzustreben (Beschluss der Vollversammlung vom 15.03.2006 Vorlagen-Nr.: 02-08/V 07218). Ein Einspruch bei einem Freistellungsantrag ist allerdings nur dann möglich, wenn eine konkrete Nutzung und damit ein konkreter Verkehrsbedarf nachweisbar ist oder ein Konzept vorliegt. Trotz intensiver Bemühungen seitens der Landeshauptstadt München war es nicht möglich, mit den ansässigen Unternehmen und der DB AG ein tragfähiges Nutzungskonzept zu entwickeln, so dass rechtlich tragfähige Argumente für eine negative Stellungnahme der Landeshauptstadt München zu einem Antrag auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken nicht gegeben ist.
Frage 3:
Beabsichtigen die städtischen Referate die aktuell beantragte Er weiterung eines Abfallver wertungsunternehmens erneut unter Missachtung des vom Stadtrat beschlossenen Bebauungsplans und der durch Antrag des Bauausschusses vom 18.06.2013 bekräftigten Offenhaltung eines künftigen Gleisanschlusses zu genehmigen?
Antwort:
Hierzu hat uns das Referat für Gesundheit und Umwelt mitgeteilt:
„Mit Bescheid vom 03.06.2014 wurde vom Referat für Gesundheit und Umwelt für die WEBA Wertstoffhandel & -erfassung GmbH (WEBA) eine Änderungsgenehmigung erteilt. Die bauplanungs- und bauordnungsrechtliche Zulässigkeit der Änderung wurde mit Stellungnahme vom 09.04.2014 von Referat für Stadtplanung und Bauordnung bestätigt.
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass das Immissionsschutzrecht keine Möglichkeit bietet, Anlagenbetreibern eine bestimmte Transportartvorzuschreiben. Daher konnte die Frage der Nutzung eines Gleisanschlusses nicht Gegenstand der immissionsschutzrechtlichen Prüfung sein.“
Frage 4:
Beabsichtigen die städtischen Referate weiterhin entgegen dem vom Stadtrat beschlossenen Verkehrsentwicklungsplan die Beseitigung von Gleisanschlüssen und den Gütertransport mittels Lkw auf städtische Straßen nicht nur schicksalhaft hinzunehmen, sondern auch noch durch eigenes Verwaltungshandeln zu forcieren?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München wird in jedem Fall mit dem zukünftigen Nutzer über ein tragfähiges Nutzungskonzept verhandeln, um vorhandene Gleisanschlüsse zu erhalten. Sollte es nicht möglich sein, ein solches Nutzungskonzept zu entwickeln, besteht, sofern sich die Gesetzeslage nicht verändert, für die Landeshauptstadt München auch zukünftig keine Möglichkeit für eine negative Stellungnahme zu einem Freistellungsantrag.
Frage 5:
In welchen Jahren hat die Stadtverwaltung mit den im Gewerbegebiet Detmoldstraße/Lemgostraße ansässigen Unternehmen und der DB AG intensiv über ein tragfähiges Nutzungskonzept für die Gleisanschlüsse verhandelt? Wurde auch, entsprechend dem Vorschlag im ÖDP-Antrag vom 19.10.2010, mit anderen Bahnunternehmen als der DB AG verhandelt? Wenn nein, warum nicht?
Antwort:
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft hat keine Verhandlungen mit den ansässigen Unternehmen, der DB AG, bzw. mit anderen Bahnunternehmen der DB AG geführt.
Die Verlegung eines Gütergleisanschlusses, mit entsprechender Verbindung zum überörtlichen Schienennetz, ist zwischen dem angesiedelten Betrieb und dem Vermieter der Flächen sowie der Deutschen Bahn zu klären. Seitens der Betriebe wurde nach unserer Kenntnis kein Bedarf an eine Anbindung an die Schiene gesehen.
Frage 6:
Laut Zeitungsberichten erhielt die Stadt München für den Bau des Bahnübergangs Detmoldstraße/Lemgostraße rund eine Millionen Euro, die nicht(vollständig) dafür investiert wurden. Wo befinden sich diese Gelder? Wurden diese Gelder komplett zurückgezahlt?
Antwort:
Entgegen der Mitteilung in der von der Stadtratsfraktion angeführten Berichterstattung in der Presse hat das Baureferat für den Bau des Bahnübergangs Detmoldstraße/Lemgostraße weder Gelder erhalten, noch wurde der Bau des Bahnübergangs aus eigenen Mitteln finanziert.
Der Bau dieses Bahnübergangs wurde in einem städtebaulichen Vertrag geregelt, der im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens zum Bebauungsplan Nr. 1398a für den Bereich Thaddäus-Robl-Straße, Waldmeisterstraße, Azaleenstraße, Schätzweg und Schleißheimer Straße zwischen der Landeshauptstadt München und der Deutschen Bahn AG als Eigentümerin der im Planungsgebiet gelegenen Grundstücke am 14.11.2002 geschlossen wurde.
In diesem Vertrag hatte sich die Deutsche Bahn AG verpflichtet, auf eigene Kosten die Planung und Herstellung der Kreuzung sowie die Ablöse für die Erhaltungs- und Betriebslast für die Kreuzung Detmoldstraße (nunmehr Lemgostraße) und der Gleistrasse zu übernehmen.
Dem Baureferat sind für den Rückbau des Bahnübergangs in der Detmoldstraße/Lemgostraße keinerlei Kosten entstanden. In der Ergänzungsvereinbarung vom 12.07.2010/20.07.2010 zum Erschließungsvertrag vom 28.06./01.07.2005, der die Herstellung einer öffentlichen Verkehrsfläche im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 1398a für den Bereich Thaddäus-Robl-Straße, Waldmeisterstraße, Azaleenstraße, Schätzweg und Schleißheimer Straße regelt, wurden entsprechende Festlegungen getroffen, so dass die Beseitigung des angesprochenen Bahnübergangs einschließlich aller Bahnanlagen vollständig der aurelis Real Estate GmbH&Co.KG als Verpflichtung oblag.
Frage 7:
Welche Kosten sind der Stadt München für den im Jahr 2010 völlig unnötig durchgeführten Abbau des im Jahr 2006 neu errichteten, tadellos intakten Bahnübergangs in der Detmoldstraße/Lemgostraße entstanden? Wurde durch diese überflüssige Maßnahme gegen den gesetzlichen Grundsatz der sparsamen Haushaltsführung (Art. 61 Abs. 2 Satz 1 BayGO) verstoßen?Antwort:
Siehe Frage 6.
Frage 8:
Warum wurde der ÖDP-Antrag vom 19.10.2010, den Rückbau des Bahnübergangs Detmoldstraße/ Lemgostraße zu stoppen, vom Baureferat nicht umgesetzt?
Antwort:
Gem. Art. 9 Abs. 1 Satz 2 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (Bay-StrWG) haben die Träger der Straßenbaulast nach ihrer Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem gewöhnlichen Verkehrsbedürfnis und den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung genügenden Zustand zu bauen und zu unterhalten.
Nach der endgültigen Einstellung des Bahnbetriebs auf den im o.g. Antrag vom 19.10.2010 angesprochenen Bahnanlagen, einschließlich des Bahnüberganges Lemgostraße, war es erforderlich, entsprechende ordnungsgemäße Verhältnisse herzustellen. Neben der Beseitigung der Bahnanlagen gehörte dazu auch der Rückbau des Bahnübergangs und dessen Ersatz durch eine entsprechende Verbindung der an ihn heranführenden Straßen. Insbesondere wurde durch den Rückbau dieses funktionslos gewordenen Bahnübergangs eine übersichtliche, eindeutige Verkehrssituation geschaffen, durch die den Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmern nicht länger das potenzielle Kreuzen von Bahnverkehr aufgrund des Vorhandenseins eines (stillgelegten) Bahnübergangs suggeriert wird.
Frage 9:
Warum wurde der ÖDP-Antrag vom 19.10.2010, den Rückbau des Bahnübergangs Detmoldstraße/Lemgostraße zu stoppen, in diesem Punkt nie behandelt, weder in einem Stadtratsbeschluss noch in einem Antwortschreiben an den Stadtrat Tobias Ruff?
Antwort:
Der ÖDP-Antrag vom 19.10.2010 (StR-Antrags-Nr. 08-14/A 01901) wurde im Beschluss des hierfür zuständigen Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 04.07.2012 (Vorlagen-Nr. 08-14 V 09317) geschäftsordnungsgemäß behandelt.
Frage 10:
Warum wurde der ÖDP-Antrag vom 19.10.2010, den Rückbau des Bahnübergangs Detmoldstraße/Lemgostraße zu stoppen, im
Ratsinformations-system (RIS) als erledigt gekennzeichnet, aber im RIS kein Ergebnis und keine Beschlussvorlage angegeben?
Antwort:
Im Ratsinformationssystem steht unter „Ergebnisse“ der Verweis auf den Beschluss Verkehrskonzept Münchner Norden am 04.07.2012 Vorlagen-Nr.: 08-14/V 09317.