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(21.10.2014) „Amts-Schimmel stoppen“: Unter diesem Motto findet am heutigen Dienstagabend eine von der Satiregruppe „Goldgrund“ organisierte Demonstration gegen den geplanten Abriss des Gebäudes Pestalozzistraße 2 statt. Forderung der Goldgrund-Aktivisten: Das Anwesen solle stattdessen saniert und kurzfristig für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden.
Das zuständige Kommunalreferat äußert sich dazu wie folgt:
Die in der Forderung von „Goldgrund“ zum Ausdruck gebrachte Auffassung, die Baufälligkeit der Pestalozzistraße 2 sei von der Stadt nur behauptet, der Abriss vorschnell und eine Zwischennutzung zu Wohnzwekken kurzfristig und mit moderatem Aufwand möglich, ist definitiv nicht zutreffend und verstellt den Blick auf die Tatsachen.
Zur Klarstellung deshalb einige Daten und Fakten zum aktuellen Sachstand des Anwesens Pestalozzistraße 2:
Eigentümer
Die Stadt ist Eigentümerin des Anwesens Pestalozzistraße 2. Das Grundstück hat eine Größe von 746 Quadratmeter.
Nutzung bis 2010
Das 1955 gebaute Geschäftshaus Pestalozzistraße 2 wurde als Geschäfts- und Bürogebäude bis Ende 2009 durch verschiedene Dienststellen der Stadt genutzt.
Die Wohnnutzung war lediglich marginal (drei Wohnungen im Haus mit einer Wohnfläche von rund 260 Quadratmetern). Ein Antrag auf Zweckentfremdung der Wohnungen wurde gestellt und genehmigt.
Der Verlust der Wohnfläche in der Pestalozzistraße ist in den Jahren 2012 und 2013 durch städtische Neubauvorhaben im Stadtbezirk 1 um ein Vielfaches kompensiert worden. So entstanden in der Müllerstraße 14 im Jahre 2012 insgesamt 18 Wohnungen, zwölf davon geförderte Wohnungen mit einer Wohnfläche von 1.500 Quadratmetern. In der Blumenstraße 29 wurden vier Wohnungen mit rund 500 Quadratmeter Wohnfläche im Jahre 2013 neu errichtet.
Einige Büro- und Lagerflächen wurden bis Ende 2010 genutzt. Aufgrund eines Wasserschadens durch den Ausfall der Heizanlage im Gebäude konnten diese Räume nicht weiter vermietet werden.
Die Immobilie wurde als Büro- und Geschäftshaus geplant und genehmigt. Die Art einer möglichen Zwischennutzung ist aus baulicher Sicht auf die- sen Nutzungszwecke hin beschränkt. Im Wesentlichen scheiterte eine weitere gewerbliche Zwischennutzung des Gebäudes an den enormen Kosten für die Instandsetzung und dem von der Stadt seit 2007 priorisierten Verkauf an die Israelitsche Kultusgemeinde (IKG).
Aufgrund der begrüßenswerten, geplanten Errichtung eines Altenheims, hat die Stadt wie jeder andere Immobilieneigentümer in der Abwägung auf teure Instandsetzungsmaßnahmen verzichtet.
Leider konnte das Vorhaben aber nicht an dieser Stelle realisiert werden.
Planungen
Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG) bekundete Mitte 2007 ihr Interesse an dem Grundstück, um auf einem Areal in fußläufiger Nähe zum Jüdischen Zentrum am St.-Jakobs-Platz ein Seniorenheim für die Opfer des nationalsozialistischen Regimes zu errichten. Das Kommunalreferat hat das Ansinnen der IKG stets unterstützt. Zuletzt hat der Stadtrat Ende 2012 das Kommunalreferat beauftragt, die Verhandlungen über die nächsten eineinhalb Jahre bezüglich des von der IKG noch zu erarbeitenden Nutzungskonzeptes fortzuführen und die Verkaufsverhandlungen zum Abschluss zu bringen. Letzten Endes hat sich die IKG in diesem Jahr aber dafür entschieden, ihr Vorhaben nicht an dieser Stelle, sondern im Bereich der ehemaligen Prinz-Eugen-Kaserne umzusetzen. Gleichzeitig hat der Stadtrat noch im Sommer 2014 das Kommunalreferat erneut beauftragt, den Abriss des Anwesens vorzunehmen.
Im Hinblick auf eine Neubebauung des Grundstücks hat das Sozialreferat Interesse bekundet, auf dem Grundstück einen Neubau für das Wohnen von benachteiligten Bevölkerungsgruppen oder andere Sonderformen an dieser Stelle zu realisieren. Es gibt dazu einen aktuellen Antrag, in dem die Verwaltung gebeten wird zu klären, ob das Grundstück mit Verschwenkung der Blumenstraße oder ohne Verschwenkung bebaut werden kann. Das hätte letztendlich Auswirkung auf die Anzahl der dort neu zu beziehenden Wohnungen. Damit wird sich der Kommunalausschuss noch in
diesem Jahr befassen.
Bauzustand
Vorbereitend zum Abbruch mussten die Hausanschlüsse getrennt, die Heizkörper, die Türstöcke und die Elektrozähler ausgebaut werden. Aufgrund der bei den Beprobungen gefundenen Belastungen wurden die
PCB-haltigen Putze (hauptsächlich im Treppenhaus) abgefräst und die Mineralwolle aus den Zwischenwänden entfernt. Zum großen Teil wurden auch die Elektrokabel bereits ausgebaut. Der Fernwärmeanschluss existiert ebenfalls nicht mehr.
Der Rückbau des Gebäudes wurde soweit vorbereitet, dass die Entkernung fast abgeschlossen ist und mit dem maschinellen Abbruch begonnen werden kann. Das Treppenhaus ist noch erhalten, damit die Bauarbeiter gefahrlos in die oberen Stockwerken gelangen können.
Aufgrund des großflächigen Schimmelbefalles an verschiedenen Bauteilen ist der Gesundheitsschutz beim Aufenthalt und bei den Abbruchmaßnahmen im Gebäude besonders zu beachten.
Es handelt sich um eine Baustelle, die aufgrund der Unfallgefahr entsprechend zu sichern ist. Die Fenster und Außentüren sind deswegen geschlossen. Einbrüche, wie kürzlich geschehen, werden zur Anzeige gebracht.
Vom Zustand des Gebäudes abgesehen, handelt es sich bei der Pestalozzistraße 2, wie oben ausgeführt, um ein Büro- und Geschäftshaus. Eine Umnutzung des Gebäudes für Wohnzwecke wäre baugenehmigungspflichtig und der damit verbundene Planungs-, Genehmigungs- und Bauaufwand überstiege zeitlich und finanziell bei weitem das Maß einer „Schönheitsreparatur“ (neue Grundrisskonzeption, vorbeugender Brandschutz u.a. mit Sicherstellung eines 2. Rettungswegs, Baustatik). Der Vorwurf, die Stadt hätte „Wohnraum unbrauchbar“ gemacht, ist schlicht falsch.
Nach Abriss der Pestalozzistraße 2 könnte das geräumte Grundstück jedoch viel eher einer kurzfristigen Nutzung zugeführt werden. So prüft das Kommunalreferat derzeit, ob auf dem Areal zum Beispiel Funktionsbauten für die Unterbringung von Flüchtlingen aufgestellt werden können. Es bleibt also dabei: Zum Abriss der Pestalozzistraße 2 gibt es keine Alternative. Eine Zwischennutzung als menschenwürdige Unterkunft für Flüchtlinge ist weder kurzfristig noch mit vertretbarem Aufwand realisierbar.