Frieren in der Übergangszeit – wie stellen die SWM auch im Heiss- wassernetz jederzeit ausreichend Fernwärme bereit?
Anfrage Stadträte Marian Offman und Manuel Pretzl (CSU-Fraktion) vom 6.8.2014
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 06.08.2014 führen Sie als Begründung aus:
„Die Umstellung des Münchner Fernwärmenetzes von Dampf auf Heißwasser wird von den SWM bekanntlich als ‚größter Beitrag Münchens zum Klimaschutz’ bezeichnet, da damit pro Jahr über 100.000 t CO
2 ein-
gespart werden. Hierzu trägt insbesondere bei, dass die Vorlauftemperaturen gegenüber dem Dampfbetrieb abgesenkt sind und zudem an den jahreszeitlichen Gesamtwärmebedarfsverlauf angepasst werden können.
Die Umstellung ist für die SWM aber auch betriebswirtschaftlich sehr interessant, da die Bau- und Instandhaltungskosten durch den Einsatz gedämmter, erdverlegter Kunststoffrohre drastisch gesenkt werden konnten. Man kann durchaus davon ausgehen, dass erst die Abkehr vom
Dampfbetrieb den Fernwärmbetrieb zukunftsfähig gemacht hat /1/.
Soweit so gut. Es gibt aber offenkundig noch einige Schwächen aus Kundensicht. So gibt es Befunde städtischer Wohnbaugesellschaften, wonach das (zeitweise reduzierte) Wärmeangebot der M-Wärme gerade in den so genannten Übergangszeiten nicht ausreicht, ungünstig liegende Wohnungen in größeren Wohnanlagen ausreichend mit Fernwärme zu versorgen.
Wie eine Internet-Recherche zeigt, ist München mit diesem Phänomen nicht allein. Eine Untersuchung in der Stadt Ulm, die in /2/ mustergültig dokumentiert ist, hat gezeigt, dass in einem gewachsenen Fernwärmenetz mit den unterschiedlichsten Heizungsauslegungskonzepten zu rechnen ist. Und dass vor diesem Hintergrund die gängige Technik der SWM (und anderer Versorger) die maximale Wärme-Anschlussleistung eines Hausanschlusses durch eine reine Durchflussbegrenzung zu realisieren, bei abgesenkten Vorlauftemperaturen zu einer zeitweisen Unterversorgung des entsprechenden Anwesens führen kann (siehe Tabelle unten aus /2/).Im Klartext: obwohl der M-Wärme-Kunde für die Bereitstellung der vertraglich vereinbarten Wärmeleistung bezahlen muss – und das nicht zu wenig –, bekommt er eben nicht immer die vereinbarte Wärme-Leistung – dafür aber frierende Mieter.
Freilich, die SWM machen es ihren Kunden nicht gerade leicht, diesen Sachverhalt nachzuweisen. Zwar werden hochmoderne elektronische Wärmemengenzähler mit Speicherfunktion eingesetzt, aber selbst die Fachleute des Baureferats klagen, dass es bislang nicht möglich war, diese Zählerdaten automatisch auszulesen und in ein Energie-Informationssystem einzubinden.
Dabei wäre es technisch ein ‚Klacks’, schon im Wärmemengenzähler durch Differentialbildung aus dem Verlauf der Wärmelieferung den Wärmeleistungsverlauf automatisch errechnen zu lassen. In der Übergangszeit könnte dann der Wärmebedarf bei niedrigen Vorlauftemperaturen durch einen höheren Durchfluss kompensiert werden.
Es scheint also noch ein erheblicher Handlungsbedarf vorzuliegen, um die Umstellung des Münchner Fernwärmenetzes von Dampf auf Heißwasser für alle Nutzerhaushalte während der gesamten Heizperiode ohne Komfortnachteile durchzuführen.
Quellen
/1/ www.bine.info/publikationen/publikation/fernwaerme-dampfnetze-aufheisswasser-umstellen/
/2/ Forschungsvorhaben Fernwärmemodellstadt Ulm – EnEff: Wärme Exergetische Optimierung der Fernwärmeversorgung Ulm
http://www.eneff-stadt.info/de/waerme-und-kaeltenetze/projekt/details/ exergetische-optimierung-der-fernwaermeversorgung-in-ulm/
Von dort kann man einen ‚Leitfaden’ runterladen:
Temperaturabsenkung_ FW_Ulm.pd“
Vorab bedanke ich mich für die entsprechend meiner Zwischennachricht vom 22.08.2014 gewährte Terminverlängerung.
Wunschgemäß wurden die beiden Wohnungsbaugesellschaften GEWO-
FAG und GWG um Stellungnahmen gebeten, die diesem Schreiben beigefügt sind. GEWOFAG und GWG können nach Einschätzung des RAW zuden hinterfragten betrieblich-technischen Hintergründen zur Fernwärmeversorgung jedoch nur eingeschränkt Auskunft geben.
Die SWM können Ihre Fragen wie folgt beantworten:
Frage 1:
In welchem Umfang treten in München die geschilderten temporären Versorgungsprobleme bei der Fernwärme auf?
Antwort der SWM:
Bei den beschriebenen „Problemen“ handelt es sich um eine Abweichung des Kundenbedarfs zur Netzfahr weise. Diese kann, wie richtig beschrieben wird, hauptsächlich bei Teillast in den Übergangsjahreszeiten auftreten.
Betroffen davon sind meist Objekte mit einem niedrigen Heizleis-
tungsbedarf im Winter und Anlagen mit sekundärer, nach dem Heizungswärmetauscher angeschlossener Trinkwarmwasserbereitung, der für die Einstellung des maximalen Volumenstroms maßgeblich ist.
Dadurch ergeben sich besonders bei beginnendem Heizwärmebedarf
(ca. +15°C Außentemperatur) im Gebäude durch die nicht mehr vorhandenen Auslegungsreserven in der Kundenanlage bei seit Jahren unveränderter Netzfahrweise die oben beschriebenen Probleme.
Die SWM betreiben ihre Netze seit vielen Jahren mit unveränderter Fahrweise. Bei einer Anzahl von insgesamt über 10.000 Kundenanlagen ist die beschriebene Thematik bisher nur bei einer vergleichsweise geringen Anzahl von weniger als 10 Anlagen aufgetreten.
Frage 2:
Welche Lösungsansätze verfolgen die SWM, um jederzeit die vereinbarte und bezahlte Wärmeleistung trotz abgesenkter Vorlauftemperaturen zur Verfügung zu stellen?
Antwort der SWM:
Die SWM stellen die Wärme entsprechend der vertraglichen Bedingungen zur Verfügung. Die Bereitstellung ist in den Technischen Anschlussbedingungen Heizwassernetze der SWM Versorgungs GmbH (TAB) mit Verweis auf die entsprechenden DIN EN Vorschriften geregelt. Die Effizienz aller Fernwärmeversorgungssysteme ist abhängig vom Temperaturniveau undder Temperaturspreizung zwischen Fernwärmevor- und Rücklauf. Grundsätzlich gilt: Je niedriger das Temperaturniveau und je größer die Temperaturspreizung, desto höher die Effizienz.
Die SWM erarbeiten gerade zusätzliche Informationen zur Auslegung der Kundenanlagen für Anlagenplaner und Projektanten. Zusätzlich sensibilisieren die SWM auch die Installateure und Bauträger, um die Qualität der errichteten Anlagen zu steigern. Die Erfahrungen der SWM in Riem haben gezeigt, dass viele Anlagen nach dem aktuellen Stand der Technik errichtet wurden, jedoch die Parametrierung bzw. Einregelung nicht im optimalen Betriebspunkt liegt (Umwälzpumpen, Zirkulation, hydraulischer Abgleich etc.). Somit kann den Kunden noch weitere Unterstützung gegeben werden.
Frage 3:
Unter welchen Voraussetzungen verschaffen die SWM ihren Fernwärmekunden eine Fernauslesung ihrer Fernwärmezähler, vorzugsweise mit der Möglichkeit, diese Zähler in ein vorhandenes Energiemanagementsystem einzubinden?
Antwort der SWM:
Eine elektronische Übermittlung der Zählerdaten ist mit der Verwendung eines sog. M-Bus Moduls möglich. Dieses Modul gestattet ebenfalls die Einbindung in die kundeneigene Gebäudetechnik. Interessierten Kunden bieten die SWM dieses – gegen Kostenerstattung – jederzeit an. Viele Kunden nutzen bereits dieses Modul.
Bereits heute haben viele städtische Anlagen M-Bus Module, welche nach Wissen der SWM bereits größtenteils auf die Gebäudeleittechnik aufgeschaltet sind.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen hiermit beantwortet werden konnten.
Die Stellungnahmen von GEWOFAG und GWG können unter
http://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/3498651.pdf und
http://www.ris-muenchen.de/RII/RII/DOK/ANTRAG/3484045.pdf
abgerufen werden.