(teilweise voraus) Oberbürgermeister Dieter Reiter hat sich gestern mit einem Schreiben an den Bundesinnenminister Thomas de Maizière, die Bundessozialministerin Andrea Nahles, den Bundesjustizminister Heiko Maas, den Präsidenten des Europäischen Parlaments Martin Schulz, den bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, den bayerischen Flüchtlingsrat und Vertreter der Flüchtlinge gewandt. Er möchte einen breiten Dialog mit den Verantwortlichen aller politischer Ebenen initiieren und hat deshalb die vorgenannten Personen noch vor Weihnachten ins Münchner Rathaus eingeladen. Die Flüchtlingspolitik müsse der Gegenwart angepasst werden, erklärte Reiter.
Der Wortlaut des Schreibens im Auszug:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
wie Sie aus den Medienmeldungen der vergangenen Tage ersehen konnten, fand in München bereits zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres ein trockener Hungerstreik von Flüchtlingen statt, der durch das besonnene Vorgehen der Einsatzkräfte und letztlich durch meine Vermittlungsarbeit auch mit der bayerischen Sozialministerin Frau Müller beendet werden konnte, ohne dass ernsthaft Menschen zu Schaden gekommen sind.
Auch wenn ich stets betont habe, dass ein solches Handeln, bei dem sich die Menschen einer konkreten Lebensgefahr aussetzen, in keiner Weise ein geeignetes Mittel darstellt, politische Forderungen zu transportieren, stimmt es mich sehr bedenklich, dass die Verzweiflung der Einzelnen offenbar so groß ist, dass sie glauben, diese bereits wiederholt auf solche Weise thematisieren zu müssen.
Nachdem ich als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München lediglich in einem sehr begrenzten Rahmen Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Ausgestaltung der Flüchtlingspolitik habe, habe ich im Rahmen der Vermittlungen mit den Betroffenen angeboten, für die Herstellung eines Dialogs einzutreten, der relevante Akteure an einen Tisch bringt, um Perspektiven der Neujustierung einer Ausgestaltung der Asylgesetzgebung aufzuzeigen. Unter Einbezug der bayerischen Landesebene, des Bundes und der Verbände sollten die Betroffenen hier die Gelegenheit erhalten, hochrangigen Vertretern der Politik ihre Sicht auf die Dinge und Verbesserungsvorschläge darstellen zu können.
Ich denke, dass es an der Zeit ist, in einen solchen intensiven Dialog einzutreten, angesichts dessen, dass die weltpolitische Lage lange nicht gekannte Flüchtlingsbewegungen hervorbringt, deren Ende derzeit überhaupt nicht absehbar ist.
Die zuständigen Akteure stehen hier vor einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die aus meiner Sicht insofern einer Überprüfung bedarf, als dass wir uns die Frage stellen müssen, ob die Ausgestaltung der asylgesetzlichen Rahmenbedingungen auf Landesebene, im Bund sowie in Europa
wirklich die zeitgemäße Antwort auf die aktuellen und kommenden Herausforderungen geben kann.
Ich wäre Ihnen daher sehr dankbar, wenn Sie bereit wären, als deutliches Signal der Dialogbereitschaft an einem solchen Gespräch teilzunehmen und sich einem offenen Meinungsaustausch zu stellen.“