Der nördliche Sockel der beiden ehemaligen „NS-Ehrentempel” am Königsplatz wurde Anfang Dezember von seinem Grünbewuchs befreit. Durch den Rückschnitt ist die Ruine erstmals seit Jahrzehnten wieder als bauliches Relikt der NS-Zeit wahrnehmbar. Zudem sind nun wichtige Sichtbeziehungen zwischen dem neuen NS-Dokumentations-
zentrum München und der umgebenden Topographie möglich. Der Lernund Erinnerungsort kann jetzt in direkte Auseinandersetzung mit seiner von der nationalsozialistischen Architektur geprägten Umgebung treten. Der Königsplatz diente den Nationalsozialisten als „Forum der Bewegung”. An der Ostseite des Platzes wurden ab 1933 der „Führerbau“ (die heutige Hochschule für Musik und Theater), der „Verwaltungsbau der NSDAP” (jetzt Haus der Kulturinstitute) und die beiden „Ehrentempel” errichtet. Das Ensemble bildete eine monumentale Kulisse für propagandistische Inszenierungen der NS-Herrschaft. Unter anderem wurde dort ab 1935 alljährlich der Totenkult um die 16 „Märtyrer” des Hitlerputsches vom 9. November 1923 zelebriert. Deren Sarkophage lagen einst in den offenen „Ehrentempeln”, flankiert von einer „Ewigen Wache”.
Die „Ehrentempel” wurden Anfang 1947 auf Direktive der US-Militärregierung gesprengt; lediglich die Sockel blieben erhalten. 1956/57 wurden sie begrünt. Im Laufe der Jahrzehnte wandelten sie sich zu Biotopen und verschwanden aus der Wahrnehmung. Der südliche Sockel wird auch künftig in diesem Zustand belassen. Er erinnert daran, dass man über die Spuren des Nationalsozialismus lange Zeit nicht nur sprichwörtlich das Gras wachsen ließ.
Das NS-Dokumentationszentrum München, das am 1. Mai 2015 öffnet, wird den Blick der Ausstellungsbesucher aus dem Innern des Hauses auf die authentische historische Umgebung richten. Die Ausstellung verknüpft auf diese Weise die Geschichte des Ortes mit der Gegenwart und regt zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit an.