Von Wien lernen: Konzept der E-Citybusse vorstellen und bewerten
Antrag Stadträte Dr. Georg Kronawitter, Richard Quaas, Georg Schlagbauer und Josef Schmid (CSU) vom 16.12.2013
Antwort Dieter Reiter, ehemaliger Referent für Arbeit und Wirtschaft:
In o.g. Antrag haben Sie um eine erste Einschätzung gebeten, inwiefern sich ein Elektro-Citybussystem auch für München eignen würde und ob ein Testbetrieb angesagt ist.
Hierbei handelt es sich um einen Vorgang, der dem operativen Geschäftsbereich der SWM/MVG zuzuordnen ist. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Auf Basis der Stellungnahme der MVG kann hierzu Folgendes dargestellt werden:
Allgemeines
Die Behauptung, dass die MVG beim Thema „Elektrobusse“ immer wieder Anstöße von außen benötige wie aktuell bei der Anmietung eines chinesischen Herstellers, ist unzutreffend: Abgesehen davon, dass seitens der MVG schon zahlreiche Tests mit alternativen Antrieben durchgeführt wurden – u.a. Schwungradspeicher, Wasserstoffmotor, Hybridbusvergleichstests mit 4 verschiedenen Bussen – erfolgt auch der Test des chinesischen Batteriebusses auf Initiative und auf Kosten der MVG.
Die MVG kennt auch sonstige Tests neuer Konzepte und steht mit Betreibern wie Herstellern in Verbindung. Es ist aber nicht sinnvoll, wenn die gleichen Tests in möglichst vielen Städten durchgeführt werden, denn dadurch entsteht unnötiger Zusatzaufwand zu Lasten der Fahrgäste bzw. der Steuerzahler. Vielmehr ist eine Arbeitsteilung und ein Erfahrungsaustausch sinnvoll. Dies wird im VDV organisiert, insbesondere durch eine Arbeitsgruppe E-Bus, in der die MVG selbstverständlich mitwirkt.
E-Citybusse in Wien
Auch der testweise Batteriebuseinsatz in Wien ist der MVG bekannt. Es handelt sich dabei um einen Kleinbus mit nur 41 Plätzen, der auf einer relativ kurzen Innenstadtlinie im Einsatz ist und nach je einem Umlauf von ca. 1 Stunde Fahrzeit ca. 10-15 Minuten aufgeladen werden muss. Für diese Aufladung wurde eine Ladeinfrastruktur an einer Endhaltestelle der Liniegeschaffen, die aus der Stromversorgung der Straßenbahn gespeist wird. Während der Ladezeit muss das Fahrzeug leer abgestellt bleiben; der Fahrer übernimmt ein anderes, bereits geladenes Fahrzeug. Dadurch wird insgesamt bei einem Takt von 15-20 Minuten ein zusätzliches Fahrzeug benötigt.
Bewertung
Diese Technik führt noch nicht zu einem wirtschaftlichen und in notwendigem Umfang flexiblen Fahrzeugeinsatz, sondern dient lediglich der Erprobung und Weiterentwicklung derartiger Ladetechniken. Auch entspricht die Fahrzeuggröße, die wiederum maßgeblich mit der Batteriekapazität korrespondiert, noch nicht der, die im normalen Linieneinsatz (Standardlinienbus ca. 70 Plätze, Gelenkbus ca. 100 Plätze, Buszug ca. 130 Plätze) notwendig ist. Das Konzept dieses Testeinsatzes ist daher nicht auf München übertragbar, ein zusätzlicher Test hätte auch keinen Mehrwert.
Weitere Entwicklung
Generell muss das Entwicklungsziel ein normaler Linienbus sein, dessen Batteriekapazität möglichst für eine Tagesfahrleistung ausreicht, so dass nur nachts im Betriebshof nachgeladen werden muss. Systeme zur Zwischenladung – sei es per Stromabnehmer nach oben wie bei den Versuchen in Wien oder Shanghai, sei es per Stromabnehmer nach unten wie in Entwicklung, sei es induktiv wie bei dem anstehenden Versuch in Braunschweig – haben eines gemeinsam: Sie erfordern jeweils, in unterschiedlichem Umfang, eine stationäre Stromversorgungsinfrastruktur. Diese ist entweder (wenn sehr schnell nachgeladen werden soll) äußerst aufwendig oder führt (bei längeren Ladezeiten) zu zusätzlichem Fahrzeug- und Platzbedarf. Gemeinsam ist allen diesen Lösungen bisher, dass sie den Busbetrieb gegenüber heute signifikant verteuern würden.
Dreh- und Angelpunkt auf dem Weg zu einem erfolgversprechenden, d.h. auch wirtschaftlich tragfähigen Konzept für einen künftigen Ersatz der Dieseltechnik durch serienreife elektrische Fahrzeuge bleibt die Weiterentwicklung der Speichermedien (Batterien, Caps, ggf. Wasserstoff) hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Gewicht, Platzbedarf und Lebensdauer. Diese Entwicklung ist, wie man gerade an dem chinesischen Testbus sieht, auf einem spannenden und aussichtsreichen Weg, aber noch nicht abge-
schlossen.Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.