Künstlerateliers in Planungsprozesse integrieren
Antrag Stadträte Richard Quaas und Josef Schmid (CSU) vom 24.1.2014
Antwort Referat für Stadtplanung und Bauordnung:
Sie haben beantragt, dass bei der Planung von neuen Baugebieten, bei einzelnen Bebauungsplänen, aber auch bei der Planung von öffentlichen Gebäuden wie z.B. Stadtteilkulturzentren die Möglichkeit geprüft werden soll, ob und wie die zusätzliche Erstellung von Atelierräumen bzw. -wohnungen möglich ist. Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt, weil von diesem Antrag in erster Linie Fragen des (Bau-)Vollzugs betroffen sind. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erfolgt eine Behandlung deshalb auf diesem Wege.
Zu Ihrem Antrag vom 24.01.2014 teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung Folgendes mit:
„Künstlerinnen und Künstler“ sind als sogenannte Kulturberufe grundsätzlich den freien Berufen zuzuordnen. Dem Inhalt des Antrages nach (Künstlerinnen und Künstler mit Atelierraumbedarf) sind hier wohl in erster Linie bildende Künstler wie Maler, Bildhauer, Photographen etc. angesprochen. Alle Gruppen der freien Berufe sind ohne weitere Unterteilung im
planungsrechtlichen Sinn als „freie Berufe“ zusammengefasst, d.h., das Planungsrecht kennt keinen Unterschied von z.B. einer Arztpraxis, einer Rechtsanwaltskanzlei, eines Architekturbüros zu den freien Kulturberufen wie Kunstmaler, Bildhauer, Fotografen etc..
Nach § 13 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sind in Kleinsiedlungsgebieten, reinen und allgemeinen Wohngebieten Räume und in den weiteren Baugebieten nach §§ 4a bis 9 BauNVO (besondere Wohngebiete, Mischgebiete, Kerngebiete, Gewerbegebiete und Industriegebiete) auch Gebäude für die Berufsausübung freiberuflich Tätiger allgemein zulässig. § 1 Abs. 7 BauNVO ermöglicht in Baugebieten nach §§ 4 bis 9 BauNVO (allgemeine Wohngebiete bis Industriegebiete) die Feingliederung der Zulässigkeit für bestimmte Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen. Diese Vorschriften und entsprechende Regelungen im Bebauungsplan eröffnen die planungsrechtliche Zulässigkeit von Räumen und Gebäuden fürdas gesamte Spektrum der freiberuflich Tätigen, eine konkrete und zwingende Festsetzung dieser Nutzung ist nach den Vorgaben des Baugesetzbuches (BauGB) und der BauNVO jedoch nicht möglich. Ebenso wenig ist eine gezielte Festsetzung von Atelierräumen bzw. Wohnungen mit (Künstler-)Ateliers möglich.
Im Rahmen von Planungsprozessen wie Bebauungsplänen können demnach allenfalls die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit von Räumen und Gebäuden für „freie Berufe“ – so auch für Ateliers – geschaffen, nicht jedoch deren zwingende Errichtung und Nutzung festgelegt werden. Eine Integration von „Künstlerateliers“ in Planungsprozesse wie Bauleitplanverfahren ist deshalb nur in äußerst eingeschränktem Umfang möglich.
So soll z.B. auf dem ca. 20 ha großen Areal des Kreativquartiers an der Dachauer Straße ein urbanes Stadtquartier entstehen, in dem Wohnen und Arbeiten eng mit Kunst, Kultur und Wissen verknüpft werden. Neben dem Erhalt der bestehenden Nutzungen sollen laut Auslobung des städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerbs auf ca. 1.600 m² Geschossfläche auch zusätzliche Flächen für künstlerische Produktion entstehen. Diese könnte entweder durch Umnutzung von bestehenden gewerblichen Gebäuden im Teilquartier „Kreativlabor“ oder durch Neubauten realisiert werden. Art, Umfang sowie Finanzierung dieser Nutzung werden nach Abschluss der Bestandsuntersuchungen in Abstimmung mit dem
Kulturreferat und dem Kommunalreferat im weiteren Verfahren konkretisiert. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung wird jedenfalls im anstehenden Bauleitplanverfahren im Rahmen seiner Möglichkeiten den erforderlichen Beitrag hierfür leisten.
Die konkrete Ansiedlung von „Künstlerateliers“ muss deshalb anderen Verfahren bzw. dem späteren (Bau-)Vollzug vorbehalten bleiben. Das Kulturreferat hat dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung hierzu folgende Stellungnahme zukommen lassen:
„Das Kulturreferat sieht es als eine seiner besonders wichtigen Aufgaben an, die kulturelle Infrastruktur zu stärken. Dies kommt auch im Stadtratsziel Nr. S01-14 des Referates zum Ausdruck, das wie folgt lautet: Zur Stärkung der städtischen Kultur (inkl. der freien Szene) ist deren Infrastruktur ausgebaut und gesichert. Dies gilt selbstverständlich gerade für Künstlerateliers.Das Kulturreferat bemüht sich einerseits in allen geeigneten Fällen, Zwischennutzungen für solche Zwecke zu vermitteln. Aber auch die Schaffung dauerhaft so nutzbarer Räume verstehen wir als kontinuierliche Aufgabe. Aktuell sind insofern die Projekte Kreativquartier und Kreativlabor Dachauer Straße, Kopfbau der ehemaligen Stückguthalle in Pasing und Hausmeistervilla der Pasinger Fabrik zu nennen. Dafür wurden bzw. werden aktuell konkrete Nutzerbedarfsprogramme erarbeitet. Auch bei allen sonstigen Projekten zur Verbesserung der kulturellen Infrastruktur wird geprüft, ob sinnvollerweise auch Künstlerateliers mit geplant werden können. Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass es in der Regel nicht zielführend ist, solche Ateliers sozusagen vereinzelt zu streuen. Es geht immer darum, Kooperationsmöglichkeiten zu schaffen.
Mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften besteht seitens der Atelierförderung regelmäßiger Kontakt, um bei geeigneten Vorhaben dieser Unternehmer insbesondere (Wohn-)Ateliers mit zu planen und zu realisieren. Mit einem Ateliertypenpapier, das über den Bedarf, Aus-
stattungsbedingungen und die finanziellen Möglichkeiten vom Künstlerinnen und Künstlern informiert, wurde dazu eine grundlegende Darstellung entwickelt. Erste konkrete und aktuelle Planungen im Rahmen dessen sind z.B. zehn Ateliers in dem von der Gewofag zu bebauenden Baufeld WA 15 auf dem Areal der ehemaligen Funkkaserne.
Um in Zukunft den weiteren Ausbau von Arbeitsräumen für Kreativschaffende bei privaten wie öffentlichen Bauprojekten noch stärker anzuregen sowie beratend und vermittelnd unterstützen zu können, wurde mit Beschluss des Stadtrates vom 17.10.2013 (Münchens Freie Szenen stärken) die Atelierförderung um eine halbe Stelle aufgestockt, was ab 2014 zu einer weiteren Intensivierung der Aktivitäten des Kulturreferates in diesem Bereich führen wird.
Das Kulturreferat bringt sich auch in allen Phasen von städtebaulichen Planungen entsprechender Siedlungsmaßnahmen (z.B. Freiham, Bayernkaserne) ein, wirkt an Wettbewerbsverfahren und den jeweiligen Projektund Arbeitsgruppen mit. Ziel dabei ist es, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, dass in solchen Gebieten auch Nutzungen wie Künstlerateliers möglich gemacht werden.
Dem Stadtrat wird in regelmäßigen Abständen ein Atelierbericht vorgelegt, in dem alle wesentlichen Aktivitäten in diesem Zusammenhang dargestellt werden. Insbesondere wird darin jeweils über den aktuellen Stand der Atelierprojekte, die jeweilige Situation in den städtischen Atelierhäusern und die Vergabe von Ateliermietzuschüssen berichtet.Der nun vorliegende Stadtratsantrag bestärkt das Kulturreferat, seine Anstrengungen in diesem Bereich intensiv weiter zu betreiben.“
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.