Für einen fairen Taxi- und Chauffeurmarkt in München
Antrag Stadtrats-Mitglieder Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft, Wolfgang Zeilnhofer-Rath (Fraktion
Freiheitsrechte, Transparenz und Bürgerbeteiligung (FDP – HUT – Piraten)) vom 10.10.2014
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Wilfried Blume-Beyerle:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufenden Angelegenheit, hier den Vollzug des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlußmäßige Behandlung im Stadtrat ist daher rechtlich nicht möglich.
Ihren Antrag vom 10.10.2014 haben Sie wie folgt begründet:
„Das Taxigewerbe ist ein wichtiger und zuverlässiger Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs und bietet den Menschen ein einfach zu nutzendes Verkehrsmittel. Wir begrüßen, dass es viele sichere Fahrten und Fahrer gibt und dass es jedem möglich ist, so von A nach B zu kommen, wie er möchte. In München ist die Anzahl der Taxilizenzen begrenzt mit der Folge, dass der Erwerb einer Taxilizenz bei der Stadt weitgehend eingeschränkt bzw. mit langen Wartezeiten verbunden ist. Hierdurch hat sich ein ‚Graumarkt’ ergeben, der den Preis für die Übertragung einer Taxilizenz sehr teuer gemacht hat.
Neue Angebote in Konkurrenz zum herkömmlichen Taxigewerbe, wie beispielsweise Online-Plattformen und Chauffeurdienste, zeigen die Notwendigkeit, bestehende Regeln auf den Prüfstand zu stellen. Wir setzen uns stets für offene Märkte ein und legen großes Gewicht auf faire Wettbewerbsbedingungen. Hierbei ist uns zudem wichtig, dass der Verbraucherschutz inkl. Datenschutz beachtet wird. Rechtsfreie Räume darf es nicht geben und rechtliche Normen gelten für alle Marktteilnehmer, auch für sog. Sharing-Angebote. Dies wird auch durch die Auffassung der Monopolkommission (BT18/2150) bestätigt.
Die Verwaltung sorgt dafür, dass alle rechtlichen Bedingungen für den Taxi- und Chauffeurmarkt in München eingehalten werden. Die Verwaltung prüft eine kontinuierliche Erhöhung der Anzahl der Taxilizenzen in der Stadt mit dem Ziel, dass bis Ende 2016 für jeden, der die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, die Möglichkeit besteht, eine Taxilizenz durch die Stadt zu erhalten. Die Verwaltung stellt dem Stadtrat dar, unter welchen Bedingungen Personen, die einen Personenbeförderungsschein haben, ein Gewerbe zur Personenbeförderung anmelden können.
Der Oberbürgermeister wird gebeten, im Rahmen des bayerischen und deutschen Städtetages sich dafür einzusetzen, dass der Taxi- und Chauffeurmarkt von unnötiger Bürokratie entlastet wird.“
Mit Ihrem Antrag formulieren Sie außerdem eine Reihe von Anforder- ungen, für deren Umsetzung sich der Oberbürgermeister einsetzen solle.
Das Kreisverwaltungsreferat hat der Taxikommission, in der zehn ehrenamtliche Stadtratsmitglieder vertreten sind, in der Sitzung vom 23.2.2015 ausführlich über den Stand und das Ergebnis des Funktionsfähigkeitsgutachtens sowie über den Stand der Verfahren und das weitere Vorgehen gegen ein Unternehmen (Fa. Uber), welches mittels einer Smartphone-App die Vermittlung von Fahrgästen im Bereich der Personenbeförderung anbietet, berichtet. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilen wir Ihnen auf diesem Wege zu Ihrem Antrag und den einzelnen von Ihnen formulierten Anforderungen Folgendes mit.
Vorbemerkung:
Zusammenfassend zielt Ihr Antrag darauf ab, eine weitergehende Liberalisierung im Taxigewerbe zu erzielen. Um diese zu erreichen, müssten die grundlegenden Vorschriften des Personenbeförderungsrechts geändert bzw. abgeschafft werden. Die Kompetenz hierfür liegt beim Bundesgesetzgeber.
Unabhängig davon ist die derzeitige Rechtslage mit ihren Vorschriften zum Schutz der Fahrgäste jedoch sachgerecht. Eine Initiative beim Bundesgesetzgeber ist daher aus Sicht des KVR nicht angezeigt.
Die aktuellen Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Unternehmen „Uber“ bestätigen zudem, dass auch die Gerichte das geltende Recht als rechtmäßig ansehen. Umgehungen der gesetzlichen Voraussetzungen werden als unzulässig abgelehnt. Diese grundsätzlichen Erwägungen vorausgeschickt, wird im Folgenden auf die von Ihnen formulierten Anfor- derungen eingegangen:Punkt 1:
Der Betrieb eines Taxiunternehmens muss grundsätzlich jedem Bürger offenstehen, der mittels Personenbeförderungsschein (auch ohne Ortskun- denachweis) sowohl die persönliche Integrität (per Führungszeugnis) als auch die gesundheitlichen Voraussetzungen (per regelmäßigem Gesund- heitscheck) nachweisen kann. Die Altersgrenze von 21 Jahren bleibt beste- hen.
Stellungnahme des KVR:
Zur geltenden Rechtslage wird Folgendes ausgeführt:
Der Betrieb eines Taxiunternehmens steht grundsätzlich jedem Bürger offen, sofern er die subjektiven und die objektiven Voraussetzungen erfüllt. Die Altersgrenze von 21 Jahren spielt dabei keine Rolle.
Zu den subjektiven Voraussetzungen gehören neben dem Nachweis
der fachlichen Eignung Angaben zur Leistungsfähigkeit, die Aufschluss über den derzeitigen Vermögensstand geben, sowie Nachweise, die die persönliche Zuverlässigkeit des Antragstellers belegen. Die Genehmigung für einen Gelegenheitsverkehr mit Taxen darf nur erteilt werden, wenn die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 1 PBefG für eine/n Antragsteller/in vorliegen.
Ein Personenbeförderungsschein ohne Ortskundenachweis bei Unternehmen mit Betriebssitz in München ist nicht realisierbar. Nach der gesetzlichen Regelung des § 48 Abs. 1, Abs. 4 Ziff. 7 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) ist im Taxenbereich der Nachweis der Ortskenntnisse Voraussetzung für die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung in Betriebssitzorten mit über 50.000 Einwohnern.
Nach § 13 Abs. 4 PBefG ist beim Verkehr mit Taxis die Genehmigung zu versagen, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen dadurch beeinträchtigt werden, dass durch die Ausübung des beantragten Verkehrs das örtliche Taxigewerbe in seiner Funktion bedroht wird.
In München wurden nach Auffassung des Gutachters zu viele Genehmigungen zum Verkehr mit Taxis ausgegeben. Dies wurde in der Sitzung der Taxikommission am 23.2.2015 durch die Firma Linne + Krause Marketing-Forschung aus Hamburg ausgeführt.Das Kreisverwaltungsreferat wird die Empfehlungen des Gutachtens auf Umsetzbarkeit überprüfen und der Taxikommission bis zur nächstenSitzung (Herbst 2015) Vorschläge unterbreiten, ob bzw. wie die Konzessionen abgebaut werden können. Eine vollständige „Freigabe“ des Taxigewerbes ist demnach nach geltendem Recht nicht möglich.
Das KVR sieht vor dem Hintergrund des mit dem geltenden Recht verbun- denen Schutzes des Taxiverkehrs und der Verbraucher keinen Anlass für eine Lockerung der derzeitigen Rechtslage.
Punkt 2:
Das Fahrzeug muss für die gewerbliche Nutzung der Personenbeförde- rung entsprechend versichert werden. Überflüssige Vorschriften, die das zur Beförderung benutzte Fahrzeug betreffen (Farbe, Anzahl der Türen, Alarmanlage, etc.), werden abgeschafft. Ausgenommen bleibt eine Kennt- lichmachung, die das Fahrzeug als zur gewerblichen Personenbeförderung genutzt identifiziert. Für die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs haftet der Unternehmer.
Stellungnahme des KVR:
Wenngleich man über die Notwendigkeit einzelner Detailregelungen sicher diskutieren kann, haben sich insgesamt die Vorgaben für die Personenbeförderung aus Sicht des Kreisverwaltungsreferates bewährt. Nachdem es sich hierbei hauptsächlich um Sicherheitsaspekte handelt, sollte die derzeitige gesetzliche Regelung beibehalten werden. Dies gilt insbesondere für den Versicherungsschutz sowie die Verkehrssicherheit der Fahrzeuge.
Punkt 3:
Um unnötige Verkehre bei der Personenbeförderung zu vermeiden, muss § 49 Abs. 4 des Personenbeförderungsgesetzes geändert werden (dieser schreibt vor, dass der jeweilige Fahrer nach Erledigung des Beförderungsauftrages zum Betriebssitz zurück kehrt).
Stellungnahme des KVR:
Eine Änderung im skizzierten Sinne käme letztendlich einer Gleichstellung des Mietwagenverkehrs mit dem Taxiverkehr gleich, ohne dass die für den Taxiverkehr geltenden Vorschriften für den Mietwagenverkehr Anwendung fänden. Auf diese Weise würden die geltenden Vorschriften gewissermaßen „durch die Hintertür“ ausgehebelt.Nach geltendem Recht ist es lediglich im Taxenverkehr gestattet, sich zwecks Aufnahme von Fahrgästen im Stadtgebiet bereit zu halten. Dies ist im Mietwagenverkehr ausdrücklich durch die vorgeschriebene Rückkehrpflicht zum Betriebssitz nach Abschluss eines Fahrauftrages untersagt. Bei der Durchführung von Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen sind die Verwechslung mit der Verkehrsform des Taxenverkehrs und ein unlauterer Wettbewerb auszuschließen. Aus diesem Grund wird die Rückkehrverpflichtung vor allem als konkurrenzschützende gesetzgeberische Maßnahme im Verhältnis zum Taxigewerbe gesehen.
Punkt 4:
Die Preisgestaltung des klassischen, der Beförderungspflicht unterliegen- den, Taxigewerbe bleibt weiterhin einheitlich pro Stadt, so dass jeder Fahrgast im Vornhinein weiß, welche Kosten auf ihn zukommen. Eine Freigabe des Taxipreises mit der Notwendigkeit einen Preis bei Einstieg in ein Taxi zu verhandeln, wird abgelehnt. Chauffeurdienste können die Preise unabhängig bestimmen. Voraussetzung ist die Preistransparenz.
Stellungnahme des KVR:
Auch hier haben sich die gesetzlichen Regelungen bewährt. Die Genehmi- gungsbehörden setzen einheitlich für ihren Zuständigkeitsbereich die Fahrpreise unter Berücksichtigung der Belange der Unternehmer und der Verbraucher fest.
Eine Freigabe des Taxipreises ist weder rechtlich möglich noch
beabsichtigt.
Zu den Chauffeurdiensten bzw. Mietwagenunternehmen kann das
Kreisverwaltungsreferat mitteilen, dass diese bereits jetzt in ihrer Preis- gestaltung frei sind. Die Preise werden vor Beginn der Fahrt zwischen dem Unternehmer und dem Kunden vereinbart.
Punkt 5:
Die Zusammenführung von Fahrgästen und Fahrer als Unternehmer oder auch Unternehmen mit angestellten Fahrern auf Provisionsbasis, beispielsweise mittels einer Smartphone-App wird als ganz normale Personenbeförderungsleistung akzeptiert. Hierbei sind insbesondere folgende Bedingungen zu erfüllen:
a) Der Unternehmer muss ein Gewerbe angemeldet haben. b) Der Smartphone-App-Unternehmer darf die erlangten Daten der Fahrgäste nicht für andere Zwecke nutzen, außer gegebenenfalls für Kontrollmitteilungen an die Finanzbehörden.
c) Die Preisgestaltung für den Fahrgast muss transparent erfolgen und kann von der Preisgestaltung des Taxigewerbes in der jeweiligen Stadt abweichen.
d) Die Abführung und der Ausweis von Umsatzsteuer muss gewährleistet sein.
e) Der Smartphone-App-Unternehmer ist verpflichtet, die Einhaltung der regulatorischen Vorgaben regelmäßig zu prüfen.
Stellungnahme des KVR:
Eine Zusammenführung von Fahrgästen und Fahrer als Unternehmer oder auch Unternehmen mit angestellten Fahrern auf Provisionsbasis, beispielsweise mittels einer Smartphone-App als ganz normale
Personenbeförderungsleistung kann nur akzeptiert werden, wenn
diesbezüglich gesetzliche Regelungen vorliegen.
Derzeit bietet die Fa. Uber zwei Geschäftsmodelle (UberPOP und
UberBlack) in mehreren deutschen Großstädten, u.a. seit ca. 9 Monaten auch in München, an.
Nach Auffassung verschiedener Gerichte (VG/OVG Hamburg bzw. VG/OVG/ LG Berlin) verstößt die Fa. Uber gegen das Personenbeförderungsgesetz. Bei dem bisherigen Geschäftsmodell handelt es sich eindeutig um eine vertraglich geregelte Beförderung gegen Entgelt.
Zuletzt hat das Landgericht Frankfurt am 18.3.2015 den Mitfahrdienst UberPOP deutschlandweit verboten. In einer Grundsatzentscheidung hat das Gericht dem US-Unternehmen untersagt, Personenfahrten an Fahrer ohne entsprechende Genehmigung zu vermitteln. Das betrifft den Dienst UberPOP, der Fahrer mit privatem Auto an Fahrgäste vermittelt. Die Fahrer sind weder im Besitz einer Genehmigung nach dem PBefG (Konzession) noch im Besitz eines erforderlichen Personenbeförderungsscheines. Mit diesem Urteil wurde auch erneut die derzeit gültige Rechtslage bestätigt.
Derzeit versucht das Unternehmen die Anforderung des PBefG dadurch zu vermeiden, dass das Geschäftsmodell als Mitfahrzentrale konzeptioniert wird.Punkt 6:
Die Beförderungspflicht im klassischen Taxigewerbe bleibt erhalten, ebenso die Regelung von Standplätzen.
Stellungnahme des KVR:
Die Beförderungspflicht wird durch § 22 PBefG und durch die
Taxitarifordnung der Landeshauptstadt München geregelt; die Regelung von Standplätzen ist in der Verordnung der Landeshauptstadt München über das Taxigewerbe (Taxiordnung) vom 5.11.2013 geregelt. Eine Änderung ist nicht beabsichtigt.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.