Sexuelle Übergriffe in Flüchtlingsunterkünften – Was stimmt wirklich?
Antrag Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Richard Progl und Ursula Sabathil (Fraktion Bürgerliche Mitte – Freie Wähler/ Bayernpartei) vom 21.4.2015
Antwort Sozialreferentin Brigitte Meier:
In Ihrer Anfrage vom 21.4.2015 führen Sie Folgendes aus:
„In den letzten Tagen war in der Presse wiederholt von skandalösen Zuständen in den Münchner Flüchtlingseinrichtungen zu lesen. Anfangs war die Rede von ‚tagtäglichen’ Vergewaltigungen, dann folgten Dementis bis hin zu massiven Vorwürfen an die Organisationen, die die (vermeintlichen) Übergriffe zur Sprache gebracht hatten. Um dieses sensible Thema und die hitzige Diskussion wieder auf eine sachliche Ebene zurückzuführen, ist es essentiell, die Fakten zu klären.“
Zu Ihrer Anfrage vom 21.4.2015 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Gibt es belegbare Vorfälle von Übergriffen auf Frauen in Münchner Flüchtlingsunterkünften? Wenn ja, welcher Art und wie viele?
Antwort:
Es gibt keine belegbaren Vorfälle von Übergriffen auf Frauen in Münchner Flüchtlingsunterkünften.
Frage 2:
Welche Strukturen existieren, damit Frauen in Flüchtlingsunterkünften Übergriffe melden können, auch wenn sie sich nicht an die Polizei wenden wollen? Wie wird hier ein Klima des Vertrauens geschaffen, damit die häufig traumatisierten Frauen sich trauen, Vorfälle zu melden?
Antwort:
Auf dem Gelände der Erstaufnahmeeinrichtung Bayernkaserne ist Haus 18 alleinreisenden Flüchtlingsfrauen und Müttern sowie Familien gewidmet. Im Haus 18 ist für die Fachberatungsstellen JADWIGA und SOLWODI ein Beratungszimmer eingerichtet und wird in deren gegenseitiger Abstimmung mehrmals wöchentlich genutzt. In geschützter Atmosphäre können Beratungsgespräche mit verwaltungsexternen und unabhängigen Beraterinnen auch mit dem Verweis auf deren Beratungsbüros in Münchenstattfinden. Die Asylsozialbetreuung ist in den Flüchtlingsunterkünften vor Ort mit einem Personalschlüssel von 1:100 bzw. 1:150 tätig. Für die Asylsozialbetreuung in allen ab 2015 eröffnenden Flüchtlingsunterkünften ist beabsichtigt, ein engmaschigeres Betreuungskonzept aufzustellen mit einem besonderen Augenmerk auch auf Familien und
migrantinnenspezifische Anliegen. Ein wichtiger Baustein ist dabei auch die Umsetzung des Aktionsplans für Flüchtlinge des Stadtjugendamtes München.
Für den seitens der Landeshauptstadt München auf dem Gelände
der Bayernkaserne eingesetzten Wachdienst wurde bereits in der
Ausschreibung verbindlich festgelegt, dass das zum Zuge kommende Bewachungsunternehmen sicherzustellen hat, dass sämtliche
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die vor Ort eingesetzt werden, hinsichtlich der Zielgruppe respektvoll, interkulturell kompetent und für die besondere Lebenssituation von Flüchtlingen sensibilisiert sind.
Seitens der Regierung von Oberbayern wurde im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Besprechungen über die Situation von Frauen in der Erstaufnahme am 21.4.2015 zugesagt, dass nach Möglichkeit gerade in den Nachtschichten in Haus 18 Frauen im Wachdienst eingesetzt werden.
Frage 3:
Gibt es Möglichkeiten, die Männer in Flüchtlingsunterkünften dafür zu sensibilisieren, dass im Umgang mit traumatisierten Frauen besonders viel Respekt und Anstand, gegebenenfalls auch Abstand, nötig ist? Wenn ja, wie wird dies praktiziert?
Antwort:
Es können keine einschlägigen Fortbildungen (verbindlich) angeboten werden. Der vor Ort in der Erstaufnahme oder in Behörden der
Flüchtlingsarbeit eingesetzte Wachdienst kann einen entsprechenden Umgang als Vorbild anzeigen oder auch durchsetzen, etwa indem bei übergriffigem oder bedrängendem Verhalten eingeschritten wird. Auf Nr. 4.1.2 Abs. 3 der Allgemeinen Geschäftsanweisung der Landeshauptstadt München wird der Wachdienst nochmals hingewiesen, insbesondere auf den Vortritt von werdenden Müttern bei Wartezeiten. Ein entsprechendes Dienstgespräch mit dem städtischerseits bei den Behörden der
Flüchtlingshilfe beauftragten Wachdienst wird zeitnah durchgeführt. Die kommunalen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner der
Asylsozialbetreuung werden in den anstehenden Zielgesprächen
gesondert auf das Thema hingewiesen. Einschlägige Fortbildungen werdenüber die jeweiligen Träger der Asylsozialbetreuung angeboten und die Teilnahme finanziell über den Zuschussetat unterstützt.
Frage 4:
Wann und wo wird eine eigene Unterkunft bzw. eine Erstaufnahmeeinrichtung eigens für Frauen realisiert?
Antwort:
Die Einrichtung und der Betrieb der Erstaufnahmeeinrichtung München mit ihren Dependancen sowie die Einrichtung und der Betrieb der staatlichen Gemeinschaftsunterkünfte liegen grundsätzlich in der alleinigen Zuständigkeit der Regierung von Oberbayern (Art. 2 bzw. Art. 4 Abs. 2 des Gesetzes über die Aufnahme und Unterbringung der Leistungsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, Aufnahmegesetz – AufnG). Da nach Aussage der Regierung von Oberbayern derzeit aufgrund des großen Zustromes an Flüchtlingen und dem knappen Platzangebot in der Erstaufnahmeeinrichtung und den Gemeinschaftsunterkünften keinerlei Belegungsreserven vorgehalten werden können, ist mit der Realisierung von Sonderunterbringungsmöglichkeiten seitens der Regierung von Oberbayern nicht zu rechnen.
Jedoch gibt es seit Anfang 2015 in der Unsöldstraße ein von der Landeshauptstadt München bezuschusstes Unterbringungsprojekt, in dem besonders traumatisierte und schutzbedürftige Frauen und Mütter gerade auch aus der Erstaufnahmeeinrichtung München oder den Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden.
Die Regierung von Oberbayern erteilt in diesen Fällen Auszugsgenehmigungen. Sie werden dort von IMMA e.V. mit sozialpädagogischen Fachkräften und Erzieherinnen betreut und beraten. Derzeit sind dort 12 Haushalte aus 7 Nationen untergebracht.