Klage der Stadtwerke München gegen die Beihilfen für das britische Atomkraftwerk Hinkley Point C
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Lydia Dietrich, Katrin Habenschaden, Dominik Krause, Sabine Krieger, Hep Monatzeder und Sabine Nallinger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/ Rosa Liste) vom 25.3.2015
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
Mit o.g. Antrag sollen die Stadtwerke München GmbH (SWM) aufgefordert werden, gegen die Genehmigung der Beihilfe durch die EU-Kommission für den Neubau des britischen Atomkraft
werks Hinkley Point C juris-
tische Schritte vorzubereiten.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag anstelle einer Stadtratsvorlage als Brief zu beantworten.
Die SWM haben hierzu folgende Stellungnahme abgegeben:
„Neben den erheblichen ökologischen Bedenken sehen die SWM auch angesichts der aktuellen und künftig zu erwartenden Entwicklungen im europäischen Strommarkt keine ökonomische Sinnhaftigkeit im Neubau eines Kernkraftwerks wie Hinkley Point C. Die Milliardenhöhe der fraglichen Beihilfesubventionen für ein einzelnes Kraftwerk macht dies mehr als deutlich. Dennoch ist die Einreichung einer Klage durch die SWM hier kein notwendiger und sinnvoller Weg, um Großbritannien von dieser energiepolitischen Weichenstellung abzubringen.
Beihilfe-Entscheidungen der EU-Kommission können nach den Regelungen des EU-Vertrages (Art. 263 AEUV) in erster Linie von den unmittelbaren Adressaten der Entscheidung und von den Mitgliedstaaten der EU rechtlich angegriffen werden. Sonstigen Dritten stehen dagegen nur eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verfügung.
Es ist daher schon zweifelhaft, ob eine Klage der SWM gegen die Genehmigung der Beihilfe für Hinkley Point C überhaupt zulässig wäre. Voraussetzung hierfür wäre, dass sich durch die Entscheidung der EU-Kommission eine spürbare Beeinträchtigung der Position der SWM auf dem Strommarkt ergeben könnte. Dies erscheint ungeachtet der beachtlichen Größenordnung von Hinkley Point C (2 x 1,6 GW Nettoleistung) fraglich.
Unabhängig von der Zulässigkeit einer Klage der SWM gegen den Beihilfebescheid kann auch die Begründetheit einer solchen Klage keinesfallsals sicher unterstellt werden. Da es Sache der Mitgliedstaaten ist, sich für oder gegen den Einsatz von Atomkraftwerken zu entscheiden, ist grundsätzlich auch eine rechtmäßige Beihilfe für den Bau eines Atomkraftwerkes denkbar. Voraussetzung hierfür wäre u.a., dass es sich bei dem Bau des Atomkraftwerks um ein Vorhaben zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben des Vereinigten Königreiches handelt.
Insgesamt ist die Entscheidung der Kommission zur Genehmigung der Beihilfe primär aus energiepolitischen Gründen zweifelhaft. Dementsprechend dürfte politische Einflussnahme hier auch größere Aussicht auf Erfolg haben als rechtliche Mittel. Soweit rechtliche Mittel zusätzlich angebracht erscheinen, ist hierfür durch die bereits angekündigte und jedenfalls zulässige Klage des Mitgliedstaates Österreich gesorgt. Im Übrigen haben die Bundesregierung und der Bundestag sich bisher gegen eine Klage entschieden.
Vor diesem Hintergrund wäre mit einer Klage der SWM kein Mehrwert für die SWM verbunden, wohl aber beträchtliche finanzielle Risiken. Zusätzlich zu den eigenen Anwaltskosten, die angesichts der Komplexität der Sach- und Rechtslage sowie der Höhe der Beihilfe beträchtlich sein dürften, könnten die SWM im Falle eines Unterliegens auch noch die Anwaltskosten der Gegenseite zu tragen haben.“
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, dass Ihr Antrag beantwortet ist und als erledigt gelten darf.