Die gesundheitliche Versorgung der Flüchtlinge verbessern: Die Stadt München unterstützt die Einrichtung von ärztlichen Ambu- latorien für Erwachsene, Kinder und Jugendliche im Erstaufnahme-
bereich
Antrag Stadtrats-Mitglieder Cetin Oraner, Brigitte Wolf (Die Linke) und Stadträtin Sonja Haider (ÖDP) vom 22.10.2014
Antwort Joachim Lorenz, Referent für Gesundheit und Umwelt:
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Ihr Anliegen war:
„Der Stadtrat unterstützt die Bemühungen des Referats für Gesundheit und Umwelt, über die Erst-
Untersuchungen im Auftrag der Regierung von Ober-
bayern hinaus, in der Erstaufnahme-Einrichtung ‚Bayernkaserne’ die ärztliche Versorgung zu verbessern. Insbesondere werden Möglichkeiten geschaffen, damit ehrenamtliche Ärzte, Kinderärzte und Hebammen, die gerne helfen wollen, auch angemessen praktizieren können. Wenigstens drei adäquate und geeignete Container mit Grundausstattung sollten aufgestellt werden oder andere räumliche Lösungen schnell realisiert werden.“
Zu Ihrem Antrag vom 22.10.2014 teile ich Ihnen mit, dass Ihrem Anliegen bereits durch folgende Maßnahmen entsprochen wurde:
a) Eigene Angebote des Referats für Gesundheit und Umwelt
Der Hausbesuchsdienst der Kinderkrankenschwestern des Referats für Gesundheit und Umwelt ist ein aufsuchendes medizinisches Beratungsangebot für die Eltern von Kindern bis sechs Jahren, das seit vielen Jahren in Unterkünften für Flüchtlinge tätig ist. Die Erfahrungen mit dem Hausbesuchsdienst haben gezeigt, dass aufsuchende Maßnahmen besonders
und nachhaltig effektiv für die Bewohnerinnen und Bewohner von Unterkünften sind. Aus diesem Grund wird das Referat für Gesundheit und Umwelt den aufsuchenden Dienst um bereits bewilligte Personalstellen von Familienhebammen und Fachkräften der Kranken- und Gesundheitspflege für Kinder ab sechs Jahren sowie für Er wachsene erweitern. Die Stellen sind noch nicht besetzt, sollen aber ab dem Jahr 2015 in einem eigenen Sachgebiet „Gesundheitsvorsorge für Menschen in Unterkünften“ zusammengefasst werden und dadurch einen Fokus auf die besondere Situationund die sich daraus ergebenden Bedarfe von Menschen mit Fluchthintergrund richten.
Das Referat für Gesundheit und Umwelt hat in der Vergangenheit immer wieder darauf hingewiesen, dass es zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen zusätzlich aufsuchender sozial-medizinischer Maßnahmen bedarf (Beschluss der Vollversammlung vom 27.11.2013, Vorlagen-Nr.: 08-14/V 13375). Insbesondere für den Fall der Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) wurde auf die Notwendigkeit einer ärztlichen Versorgung vor Ort hingewiesen.
b) Unterstützung ärztlicher Ambulatorien in den Erstaufnahmeein-
richtungen
Die Initiative von Münchner Ärztinnen und Ärzten zur Bildung eines Vereins mit dem Ziel der Einrichtung eines Ärztezentrums in der EAE auf dem Gelände der ehemaligen Bayernkaserne wurde deshalb vom Referat für Gesundheit und Umwelt begrüßt und unterstützt. Diese Initiative unterstützt die bereits in der EAE vereinsmäßig nicht-organisierte ärztliche Versor- gung: Bis November 2014 waren ein Facharzt für Allgemein- und innere Medizin, ein Kinderarzt, ein Facharzt für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie sowie ein Facharzt für Erwachsenenpsychiatrie in der EAE stundenweise tätig. Diese Ärzte hatten jedoch immer wieder signalisiert, dass angesichts der schlimmen Zustände in der EAE, eine sinnvolle ärztliche Versorgung kaum noch möglich ist.
Der Vorschlag von Münchner Ärztinnen und Ärzten, eine organisierte ärztliche Versorgung in der EAE anzubieten, wurde daher begrüßt. Hierbei handelt es sich um den Verein zur medizinischen Versorgung von Flüchtlingen und ihrer Kinder (REFUDOCS) von über 20 Ärztinnen und Ärzten verschiedener fachärztlicher Qualifikationen (Allgemeinmedizin, Gynäkologie, Pädiatrie, Psychiatrie/Erwachsene sowie Kinder- und Jugendliche), die in der EAE abwechselnd für ein paar Stunden täglich ärztliche Sprechstunden anbieten.
Die Realisierung dieses Angebots konnte im November mit einiger Verzögerung erfolgen. Ursächlich für die Verzögerungen waren Probleme der Regierung von Oberbayern – aufgrund des Raummangels in der Bayernkaserne –, angemessene Untersuchungs- und Behandlungsräume zur Verfügung zu stellen. Das Referat für Gesundheit und Umwelt hat deshalb dem Ärzteverein, wie in der Vergangenheit der in der EAE freiberuflich tätigen Hebamme und dem Kinderarzt, seine Räume im Haus 20 zur Verfü-gung gestellt. Die Ärztinnen und Ärzte haben ihre Tätigkeit in diesen Räumen bereits aufgenommen. Gleichzeitig wurde darauf hingewirkt, dass Container aufgestellt werden. Auf einer Besichtigung am 19.11.2014 waren zwei der geplanten zehn Container um das Haus 20 in der Bayernkaserne aufgestellt, die weiteren acht sollen noch vor Weihnachten aufgebaut werden.
c) Übernahme von Koordinations- und Vernetzungstätigkeiten für den Bereich der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen
Das Referat für Gesundheit und Umwelt übernimmt bereits Koordinationsund Vernetzungsaufgaben mit dem Ziel der Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Asylbewerberinnen und Asylbewerber in der EAE (Bayernkaserne). Hierzu gehören z.B. die regelmäßigen alle fünf bis sechs Wochen stattfindenden Gespräche zwischen Regierung von Oberbayern, Sozialreferat und Referat für Gesundheit und Umwelt (Jour Fixe). Aktuell finden des Weiteren regelmäßige Gespräche mit Vertretungen des Sozialministeriums, der Regierung von Oberbayern, des Amtes für Wohnen und Migration sowie des Referats für Gesundheit und Umwelt mit dem Ziel, die kurative Gesundheitsversorgung in allen Dependancen der Erstaufnahmeeinrichtung zu koordinieren und zu verbessern, statt.
Aufgaben der Koordination und Vernetzung sollen in Zukunft außerdem auch von dem in der Hauptabteilung Gesundheitsvorsorge, Abteilung „Gesundheitsförderung von Anfang an“, bereits erwähnten neu zu gründenden Sachgebiet „Gesundheitsvorsorge für Menschen in Unterkünften“ übernommen werden.
d) Unterstützung von Ehrenamtlichen
Die Koordination der Tätigkeit der Ehrenamtlichen im sozialen Bereich ist bereits geregelt, hierzu ist eine Telefonnummer im Sozialreferat eingerichtet worden, die auch von Ehrenamtlichen, die medizinische Hilfe in der EAE anbieten wollen, in Anspruch genommen werden kann.
Die in der EAE im Bereich der Gesundheitsversorgung tätigen Ehrenamtlichen wurden in der Vergangenheit durch unterschiedliche Maßnahmen unterstützt. Sowohl durch die Tätigkeit der Kinderkrankenschwestern als auch durch die Fachrunde „Frauen mit Fluchthintergrund“ konnten die Anliegen der Ehrenamtlichen aufgegriffen und soweit möglich auch unterstützt werden. Außerdem wurden auf Anregung der Fachstelle Migration und Gesundheit des Referats für Gesundheit und Umwelt und mit Unterstützung des Sozialreferats die ehrenamtlich tätigen Frauen in der EAE füreine Anerkennung im Rahmen von „MÜNCHEN DANKT“ vorgeschlagen. Der Vorschlag ging dem Direktorium bereits zu – eine Ehrung ist für das erste Quartal 2015 geplant.
Die Tätigkeiten der Ärztinnen und Ärzte sowie der Hebammen werden nicht in ehrenamtlicher Funktion ausgeübt. Sie werden grundsätzlich für ihre Leistungen auf Grundlage des § 4 des Asylbewerberleistungsgesetzes vergütet. Zwischen der Regierung von Oberbayern und dem Verein REFUDOCS wurde dabei eine Pauschale für jede geleistete ärztliche Arbeitsstunde vereinbart, die entsprechend ihrer Einsätze an die Ärztinnen und Ärzte weitergegeben wird. Über den Verein REFUDOCS sind die Ärztinnen und Ärzte während ihrer Tätigkeit trotzdem im Rahmen einer Ehrenamtsversicherung haftpflicht- und unfallversichert.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.