Stellen öfter unbefristet ausschreiben
-
Rathaus Umschau 176 / 2015, veröffentlicht am 16.09.2015
Stellen öfter unbefristet ausschreiben
Antrag Stadtrats-Mitglieder Gülseren Demirel, Lydia Dietrich, Jutta Koller und Dr. Florian Roth (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) vom 7.7.2015
Antwort Personal- und Organisationsreferent Dr. Thomas Böhle:
Am 7.7.2015 stellte die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen/ Rosa Liste den Antrag, dass der Stadtrat Folgendes beschließen möge:
„Künftig werden offene Stellen der LH München in der Regel unbefristet ausgeschrieben. Ausgenommen bleiben klar abgrenzbare Projekte, die Qualifikationen erfordern, die nicht auf andere Stellen der Verwaltung an- wendbar sind.
Begründung:
Die LHM bietet viele offene Stellen zunächst nur mit einer Befristung an. In den meisten Fällen wird diese Befristung im Laufe der Zeit aufgehoben.
Befristete Stellen sind für Bewerberinnen und Bewerber wenig attraktiv. Dies gilt vor allem für Arbeitsbereiche in denen Fachkräfte händeringend gesucht werden. Im medizinischen Bereich des RGU etwa oder auch bei sozialpädagogischen Fachkräften im Sozialreferat. Schafft man es dennoch, die befristete Stelle qualitativ hochwertig zu besetzen, kommt es verständ- licherweise häufig vor, dass sich die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter während der befristeten Zeit bemüht, eine unbefristete Stelle in der Stadt- verwaltung zu bekommen. Im ungünstigsten Fall führt es dazu, dass eine auf drei Jahre befristete Stelle nach einem Jahr erneut besetzt werden muss.
Durch die kurze Arbeitsdauer der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann keine valide Evaluation der Stelle vorgenommen werden, was aber oft von Seiten des Stadtrats als Bewertungs-Grundlage für die Notwendigkeit und Effektivität der Stelle eingefordert wird.
Da befristete Stellen bei der LH München im Laufe der Zeit fast immer entfristet werden, sollte diese Befristung, angesichts der vielen Nachteile die sie bringt, in der Regel unterbleiben. Ausgenommen von dieser Regel bleiben natürlich klar abgrenzbare Projekte, die gezielt spezifische Qualifi- kationen erfordern, die nicht auf andere Stellen innerhalb der Stadtverwal- tung anwendbar sind.“Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrags betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Erledigung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Eine beschlussmäßige Behandlung der Angelegenheit im Stadtrat ist daher nicht möglich.
Zu Ihrem Antrag können wir Ihnen jedoch Folgendes mitteilen: Vorweg kann festgestellt werden, dass Stellen bei der Stadt München grundsätzlich unbefristet eingerichtet werden. Ausnahmen gelten nur, wenn Aufgaben tatsächlich aus der Natur der Sache befristet sind. Daneben werden Befristungen verfügt, wenn im Ausnahmefall eine Bemessung des Bedarfs noch nicht erfolgt ist, die Einrichtung und Besetzung der Stelle aber keinen Aufschub duldet.
Unabhängig davon, ob die Stellen befristet eingerichtet sind, wird das Personal grundsätzlich unbefristet eingestellt, sofern (bei befristeten Stellen) eine Anschlussbeschäftigung möglich ist oder ein stadtweiter Einsatz in Frage kommt.
Im Einzelnen ist auszuführen:
Stellen, denen ein dauerhafter Bedarf zugrunde liegt, werden unbefristet eingerichtet. Hiervon gibt es zwei Ausnahmen.
Handelt es sich um eine Aufgabe, die nur zeitlich befristet wahrgenommen werden muss, z.B. Wahlen, Zensus etc. erklärt sich der Hintergrund der Befristung von selbst.
Daneben ist das Haushaltsrecht zu beachten. Entsprechend Art. 61 Abs. 2 GO ist der Haushalt sparsam und wirtschaftlich zu planen und zu führen. Zur Einhaltung dieses Haushaltsgrundsatzes sind bei der Landeshauptstadt München die „Richtlinien über Wirtschaftlichkeitsrechnungen (RWR)“ verbindlich anzuwenden.
Bei Stellenschaffungen gilt:
Wird für die Stellenschaffung eine zentrale Finanzierung benötigt, ist dem Stadtrat gemäß den von ihm beschlossenen Regelungen zum Vollzug des Haushalts („grüne Anordnungen“) ein Finanzierungsbeschluss vor zulegen,
bei dem die finanziellen und sonstigen Produktauswirkungen (Leistungsmengen, Qualitäten, Wirkungen, Zielgruppen) aufzuzeigen sind. Zu dieser Beschlussvorlage nimmt das Personal- und Organisationsreferat gutachtlich Stellung. Auf eine rechtzeitige Einbindung des POR ist zu achten.Im Vorfeld erfolgt im Rahmen der dezentralen Fach- und Ressourcenverantwortung eine Stellenbemessung durch das jeweilige Fachreferat.
Die Ergebnisse der Stellenbemessung werden dem POR vom Fachreferat zugeleitet. Soweit die Ergebnisse nachvollziehbar und plausibel sind, gibt das POR eine positive Stellungnahme ab. Sind die Ergebnisse nicht sachlich begründet, gibt es folgende Fallkonstellationen:
Durch Nachfragen lässt sich eine Klärung herbeiführen, das POR kann eine positive Stellungnahme abgeben.
Eine kurzfristige Klärung ist nicht möglich. Die Argumentation des Fachreferats erscheint dem Grunde nach schlüssig, kann aber vom POR im Detail nicht bestätigt werden: Das Fachreferat und das POR vereinbaren eine befristete Stellenschaffung mit einer einhergehenden Bemessung durch das Fachreferat .
Ist die Forderung nicht (nachvollziehbar) begründet, gibt das POR eine negative Stellungnahme ab.
Dieses Vorgehen entspricht den vom Stadtrat beschlossenen Regelungen zum Vollzug des Haushalts 2015. Mehrungen von Personalauszahlungen und damit Stellenschaffungen, deren Bedarf dem Grunde nach klar ist, aber noch nicht exakt bemessen wurde, sind auf max. 3 Jahre zu befristen (siehe „grüne Anordnungen“ Ziff. 5.2.4.2 „Mehrung von Personalauszahlungen“).
Hintergrund der dargestellten Regelungen sind die mit einer dauerhaften Einrichtung zusätzlicher Stellen verbundenen hohen Kosten (zwischen 40.000 Euro und 140.000 Euro je Stelle – einschl. Arbeitsplatzkosten – jährlich). Aufgrund der finanziellen Größenordnung vieler Beschlüsse muss die Arbeitsmehrung konkret belegt werden. Da dies in vielen Stadtratsbeschlüssen (noch) nicht geschieht, ist es notwendig, nach einer repräsentativen Zeitspanne zu prüfen, ob die erwartete Arbeitsmehrung auch tatsächlich im geschätzten Umfang eingetreten ist.
Eine Befristung der Stellen auf grundsätzlich 3 Jahre hat zudem keinen Einfluss darauf, dass Einstellungen in der Regel unbefristet vorgenommen werden können sowie dass Beförderungen und Höhergruppierungen grundsätzlich erfolgen können.
Die Referate sind gehalten, Finanzierungsbeschlüsse erst nach erfolgter Bemessung vorzulegen, um solche Sachverhalte auch weiterhin als Ausnahme-, nicht als Regelfall zu behandeln.Kann das Referat den Bedarf nicht ausreichend darstellen, muss eine Bemessung parallel zum Personaleinsatz erfolgen. Auf den Arbeitsvertrag hat die Tatsache einer Stellenbefristung nur dann Einfluss, wenn es sich um Personal handelt, für das eine Anschlussbeschäftigung schwierig ist. Für unbefristet beschäftigtes Personal ist der Umstand einer (vorerst) befristeten Stelle ohne Nachteil.
Die These, dass befristete Stellen bei der Landeshauptstadt München im Laufe der Zeit fast immer entfristet werden, kann durch Fakten nicht belegt werden.
Im Jahr 2014 wurden von 1.313 Stellen, welche zum 31.3.13 noch befristet waren, lediglich 167 entfristet. Für die Jahre 2013 und 2012 zeigt sich mit 224 (von 1.297 Stellen) bzw. 220 (von 1.830 Stellen) entfristeten Stellen ein ähnliches Bild.
Im Schnitt der letzten drei Jahre wurden somit lediglich rund 15% der befristeten Stellen entfristet.
Für Stellen, welche in Folge der 2013 eingeführten Regelungen aufgrund einer fehlenden Bemessung befristet wurden, gibt es noch keine statistischen Aufzeichnungen. Diese können frühestens nach Ablauf des Jahres 2015 erhoben werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.