Braucht es in München mehr Unterstützung bei der Akquise von ESF-Mitteln?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Gülseren Demirel, Lydia Dietrich, Jutta Koller und Oswald Utz (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) vom 6.8.2015
Antwort Referat für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 6.8.2015 führten Sie als Begründung aus:
„Den meisten (nicht nur) sozialen Projekten in München stehen verschie- dene Formen der Mittelakquise zur Verfügung. Neben von der Stadt aus- gereichten Zuschüssen und aus speziellen Fonds auf Landes- und Bundes- ebene gibt es u.a. den Europäischen Sozialfonds (ESF). Dieses Instrument hat die Förderung von Beschäftigung und sozialer Integration in Europa zum Ziel und unterstützt zahlreiche Projekte insbesondere in den Berei- chen Arbeitsmarkt, Bildung, Ausbildung und Qualifizierung.
Auch viele Münchner Projekte bemühen sich um Mittel aus dem ESF. Doch ist das Antrags- und Abrechnungsverfahren sehr komplex und kompliziert. Diese Komplexität steigert sich noch, wenn innerhalb des Projektes Ein- nahmen generiert werden oder weitere Mittelgeber beteiligt sind. Dies hören wir immer wieder von Projekten, insbesondere für kleinere Träger ist es fast nicht leistbar, ESF-Mittel zu akquirieren.
Für die Stadt München ist es aber unumgänglich, dass möglichst viele Projekte von ESF-Mitteln profitieren, zumal der Fonds bei weitem nicht ausgeschöpft wird. Eine umfassende Beratung und Unterstützung der Or- ganisationen, Träger und Projekte im Hinblick auf die ESF-Förderung muss demnach ein großes Anliegen der Stadt sein.
Aber nicht nur freie Träger können sich um ESF-Mittel bewerben. Auch der Stadt stehen diese Mittel zur Verfügung, jedoch scheint sich die Stadt sel- ten selber um diese Mittel zu bemühen.
Die Beratungsstelle IBPro ist eine von der Stadt geförderte gemeinnützige Dienstleistungs- und Beratungseinrichtung, die Organisationen und Pro- jekte in Sachen ESF berät, unterstützt und qualifiziert.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:Frage 1:
Wie viele soziale Träger wurden durch die ESF-Beratung bei IBPro beraten (seit Einrichtung der Stelle)?
Antwort:
Die Nachfrage nach der vom Institut für Beratung und Projektentwicklung (IBPro) vorgehaltenen ESF-Beratung ist eher zurückhaltend, wie die von IBPro geführte Statistik belegt. Im Zeitraum 2012 bis 2014 – seit 1.1.2012 hält IBPro eine entsprechende Beratungskapazität vor – sind insgesamt 9 soziale Träger beraten worden (2012: 6, 2013: 1, 2014: 2). In 2015 gab es bislang keine ESF-Beratung eines sozialen Trägers.
IBPro bot darüber hinaus seit 1.1.2012 3 Seminare speziell zum ESF an; ein weiteres ESF- Seminar ist für den 26.11.2015 vorgesehen.
Frage 2:
Wie hat sich die Beratung auf die Nutzung von ESF-Mitteln bei Münchner freien Trägern ausgewirkt – hat sich die Zahl erhöht?
Antwort:
Die Beratung hat sich kaum ausgewirkt, da nicht nachgefragt.
Frage 3:
Gibt es Erfahrungen, worin der größte Unterstützungsbedarf besteht, bzw. was sind die Hauptprobleme der Träger?
Antwort:
Lt. IBPro standen gemäß der in der Antwort zu Frage 1 dargestellten Beratungstätigkeit bei zwei Trägern Fragen zur ESF-Abrechnung im Vordergrund. Bei drei Träger-Beratungen stellte sich im weiteren Beratungsverlauf heraus, dass eine ESF-Förderung nicht in Frage kommt, da jeweils keine Möglichkeit gesehen wurde, das vom Träger geplante Vorhaben an ESF-Förderbedingungen anzupassen. In einem Fall stellte sich als Problem die vom Träger gewünschte Zielgruppenheterogenität heraus. Ein Träger äußerte Probleme mit der Vorfinanzierung. Bei zwei Trägern wurden seitens IBPro die zu einer ESF-Antragstellung nötigen Informationen gegeben; hierbei entschied sich ein Träger anders, über den Fortgang bei dem anderen Träger verfügt IBPro über keine gesicherten Erkenntnisse.
Frage 4:
Gibt es Lösungsvorschläge aus der Beratungspraxis heraus?Antwort:
Im Fall der vom Träger geäußerten Vorfinanzierungsproblematik hatte IBPro angeregt, entsprechende Gespräche mit der Stadtverwaltung/ Kofinanziers zu führen.
Frage 5:
Gibt es Kontakt mit den EU-ReferentInnen der städtischen Referate?
Antwort:
Seitens IBPro besteht Kontakt mit dem Referat für Arbeit und Wirtschaft, Fachbereich Europa.
Der vom Referat für Arbeit und Wirtschaft, Fachbereich Europa koordinierte Arbeitskreis Europa, dem die Europabeauftragten der einzelnen städtischen Referate angehören, trifft sich vier Mal jährlich. Ein fester Tagesordnungspunkt ist die EU-Projektarbeit mitsamt aktueller Fördermittel-Aufrufe und der Entwicklung von EU-Förderprogrammen und Fonds.
Frage 6:
Wie viele Anträge sind von der Stadt selbst gestellt worden?
Antwort:
Einbezogen wird hier ausschließlich der Europäische Sozialfonds (ESF), der im Rahmen der Europäischen Beschäftigungsstrategie auf dem Arbeitsmarkt benachteiligte Menschen in Europa bei der Verbesserung ihrer (Wieder)Eingliederungschancen in den Arbeitsmarkt unterstützt und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beiträgt. Weitere EU-Förderprogramme mit ihren jeweils eigenen Zielsetzungen und Förderschwerpunkten (vgl. Europa-Jahresbericht 2014 pdf, Anhang Seite 48 f.; siehe: www.muenchen.de/ europa) sind nicht tangiert.
Es gilt hierbei grundsätzlich zu unterscheiden zwischen ESF-Fördervorhaben, bei denen die Landeshauptstadt München selbst als Antragstellerin (und Zuwendungsnehmerin) fungiert und solchen, bei denen externe Dritte beauftragt werden.
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft hat eine dezidierte Haltung zur Nutzung von ESF-Programmen: unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips organisiert der Fachbereich Kommunale Beschäftigungspolitik und Quali-fizierung des Referates für Arbeit und Wirtschaft bereits seit längerem erfolgreich Projektverbünde, bei denen das Referat für Arbeit und Wirtschaft gemeinsam mit den operativen Trägern, die (Teil-)Projekte durchführen, als Antragsteller auftritt. Damit werden auch kleineren Trägern ESF-Teilhabemöglichkeiten eröffnet, die ihnen sonst, bei isolierten ESF-Antragstellungen, wohl eher verschlossen blieben, da sie nicht über die Voraussetzungen verfügen, solche inhaltlich und technisch anspruchsvollen Vorhaben zu stemmen. Hier gerät auch die ESF-Beratung an ihre Grenzen.
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft, Fachbereich Europa, sammelt für die Landeshauptstadt München zentral alle bewilligten EU-Projekte und veröffentlicht diese kontinuierlich im Europa-Jahresbericht (Europa-Jahresbericht 2014, siehe oben).
Für 2014 wurden 9 laufende aus dem ESF geförderte Projekte von den verschiedenen Fachreferaten gemeldet; hierunter waren 4, bei denen die Landeshauptstadt München (Sozialreferat und Referat für Arbeit und Wirtschaft) selbst als Antragstellerin auftrat.
Zu 2015 gibt es noch keine stadtweiten Zahlen; 6 der in den Vorjahren bewilligten ESF-Projekte laufen noch in 2015. Vom Referat für Arbeit und Wirtschaft, Fachbereich Kommunale Beschäftigungspolitik und Qualifizierung wurden in 2015 zwei neue ESF-Projekte beantragt und bereits bewilligt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.