Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) verlegt zwei Pegida-Demonstrationen. Die für Montag, 26. Oktober, angezeigte Versammlung für den Odeonsplatz, Platz vor der Feldherrenhalle wird vom KVR räumlich auf den Odeonsplatz, Höhe Hausnummer 4, am Reiterdenkmal verlegt. Die für Montag, 9. November, auf dem Odeonsplatz, Platz vor der Feldherrenhalle geplante Demonstration untersagt das KVR an diesem Tag komplett und verlegt sie auf den Folgetag. Am Folgetag darf die Versammlung nicht am Odeonsplatz, Platz vor der Feldherrenhalle stattfinden, sondern wird auf den Odeonsplatz, Höhe Hausnummer 4, am Reiterdenkmal verlegt. Darüber hinaus darf der bisherige Versammlungsleiter, Heinz Meyer, diese Funktion künftig nicht mehr ausüben.
Ausgangslage
Bereits im September 2015 hatte das KVR versucht, einen Demonstrationszug von Pegida zu verlegen. Die Route sollte an sogenannte historisch belasteten Orten vorbeiführen, denen ein an die nationalsozialistische Ge- walt- und Willkürherrschaft erinnernder Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt. Das KVR hatte damals die örtliche Verlegung insbesondere damit begründet, dass mehrere bekannte Rechtsextremisten Teilnehmer der Pegida-Versammlung seien und dass Anhaltspunkte für rechtsextremistische Tendenzen vorlägen. Das Verwaltungsgericht München hat im Eilverfahren den Bescheid des KVR mit der Begründung aufgehoben, dass es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gebe, dass die Versammlung ein „rechtsextremistisches Gepräge“ aufweise. Allein die Teilnahme einiger Rechtsextremisten reiche hierfür nicht aus.
Vor diesem Hintergrund hatte das KVR in den letzten Wochen keine rechtliche Handhabe, Pegida-Versammlungen an historisch belasteten Orten, wie beispielsweise am Platz vor der Feldherrenhalle, zu unterbinden. Allerdings hat das KVR stets darauf hingewiesen, dass neue Erkenntnisse zu den Pegida-Demonstrationen gesammelt werden, um diese für mögliche künftige Verlegungen verwenden zu können. Die Verlegungen am 19. Oktober erfolgten aus anderen Gründen.
Neue Entwicklung
Die gesammelten Erkenntnisse führen nun zu einer Neubewertung der Sachlage. Die Umstände haben sich aus Sicht des KVR insbesondere mit der letzten Pegida-Versammlung am 19.Oktober geändert:
Sie sollte laut Aussage des Versammlungsleiters, Heinz Meyer, unter anderem zum Opfergedenken stattfinden. Hierzu wurde ein Kranz mit der Aufschrift „Zum Gedenken an alle Opfer“ am Platz der Opfer des Nationalsozialismus niedergelegt. Durch die eindeutigen und zum Teil sogar mehrmaligen Äußerungen des Versammlungsleiters „Wollt Ihr den totalen Krieg“ und „schweinische Migranten“ hat dieser während der Versammlung eindeutig offenbart, dass es gerade nicht um das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ging, sondern um deren Verhöhnung. Hiermit hat sich klar gezeigt, dass die Anmeldung der Versammlung zum Gedenken an die Opfer nur unter dem Deckmantel der sogenannten Bürgerlichkeit erfolgte, es aber allein um deren Verhöhnung ging. Die Teilnehmer der Versammlung haben sich von diesen Äußerungen nicht nur nicht distanziert, sondern sogar Beifall bekundet.
Die Reaktionen der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und ehemaligen Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dr. h.c. Charlotte Knobloch, haben deutlich gemacht, dass sich die Opfer des NS-Regimes von diesen Äußerungen und vom Verhalten der Demonstrationsteilnehmer verhöhnt fühlen. Charlotte Knobloch schreibt in einem Brief an den Kreisverwaltungsreferenten: „Die jüngsten rechtsextremen Zuspitzungen in der aufgeheizten Situation treiben mich um und lassen mir keine Ruhe. Zu spürbar erwachen gegenwärtig Geis- ter, von denen ich hoffte, ihnen in meinem Leben nie wieder begegnen zu müssen (…). Ich will nicht glauben, dass es in unserem Land möglich ist, dass Verfassungsfeinde, die unser System stürzen und unsere Werteordnung umkehren wollen, mit einem makabren Schauspiel an symbolträchtigen historischen Orten die damaligen Opfer verunglimpfen und die damaligen Täter glorifizieren.“
Die letzten Versammlungen von Pegida in München haben gezeigt, dass die Vorkommnisse vom 19. Oktober kein Einzelfall waren. Sie bringen vielmehr eine seit Wochen andauernde negative Entwicklung innerhalb der Pegida-Bewegung zum Ausdruck:
Eine zunehmende Zahl bekannter Rechtsextremisten nimmt in der Regel an den Pegida-Versammlungen teil, ohne dass sich die Pegida-Verantwortlichen oder die Teilnehmer der Versammlungen von diesen während der Demos distanzieren beziehungsweise ihnen entgegentreten. Vielmehr werden die Rechtsextremisten bei den Versammlungen toleriert und sind seit Wochen meist ein fester Bestandteil der Versammlungen. Bei der vorletzten Versammlung begab sich sogar aus der Versammlung heraus eine Gruppe, unter der sich auch drei Rechtsextremisten befanden, zum Podium der Feldherrnhalle.
In den sozialen Netzwerken werden mehrfach islamfeindliche und eindeutig antisemitische Äußerungen gepostet.
Auch die unverhohlen antisemitischen Äußerungen auf der letzten Montags-Demo von Pegida in Dresden offenbaren antisemitisches Denken der Pegida-Bewegung in Deutschland. Innenminister de Maizière äußerte sich im ARD-„Bericht aus Berlin“ wie folgt zu Pegida: „Inzwischen ist völlig eindeutig, diejenigen, die das organisieren, sind harte Rechtsextremisten“. Dass sich die Pegida-Bewegung insgesamt zunehmend radikalisiert, zeigt sich auch an den jüngsten Vorkommnissen in Bamberg. Vorgestern hat die Polizei 13 Personen festgenommenen, die nach einer für den 31. Oktober geplanten Demonstration das Abschiebezentrum in Bamberg und ein weiteres Asylbewerberheim mit Sprengkörpern angreifen wollten. Unter den Festgenommenen befindet sich auch ein Organisator des Nürnberger Pegida-Ablegers Nügida.
Örtliche und zeitliche Verlegung
Aufgrund dieser Entwicklungen ist das KVR davon überzeugt, dass eine örtliche beziehungsweise zeitliche Verlegung der Pegida-Versammlungen geboten und rechtmäßig ist. Zudem müssten nun auch für die Verwaltungsgerichte hinreichende Anhaltspunkte für das eigentliche Ansinnen der Pegida-Bewegung vorliegen, die eine Verlegung dieser Versammlungen rechtfertigen. Auch wenn die Versammlungen nicht von rechtsextremistischen Teilnehmern „geprägt“ sind, so ist doch in den letzten Wochen das antisemitische und islamfeindliche Gedankengut sehr klar zum Ausdruck gekommen.
Da das Versammlungsrecht in Artikel 15 des Bayerischen Versammlungsgesetzes eine räumliche oder zeitliche Verlegung einer Versammlung dann zulässt, wenn diese an einem Tag oder Ort stattfinden soll, dem ein an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft erinnernder Sinngehalt mit gewichtiger Symbolkraft zukommt und durch sie eine Beeinträchtigung der Würde der Opfer zu besorgen ist, wird das KVR die anstehenden Pegida-Versammlungen zum Schutze der Würde der Opfer der NS-Zeit wie folgt beschränken: