Die Fotografin Herlinde Koelbl wird für ihr Lebenswerk mit dem Kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München ausgezeichnet. Die Vollversammlung der Landeshauptstadt München bestätigte in ihrer heutigen Sitzung mit dieser Entscheidung den Vorschlag der Jury. Der Kulturelle Ehrenpreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird jährlich an eine Persönlichkeit von internationaler Ausstrahlung mit engem Bezug zu München für ihre kulturellen bzw. wissenschaftlichen Leistungen vergeben. Die Preisträgerinnen und Preisträger der letzten Jahre waren Werner Herzog, Uwe Timm, Jürgen Habermas, Senta Berger, Dieter Hildebrandt und Frank Baumbauer.
Die Jurybegründung:
„Herlinde Koelbl gehört zu den profiliertesten deutschen Fotografen von internationalem Ruf, ihre Arbeiten sind in den bedeutenden Museen und Galerien der Welt zu sehen. Mit ihren spektakulären Langzeitstudien ist sie nicht nur Fotografin, sondern zugleich Erzählerin, Regisseurin, Soziologin, Kulturhistorikerin. Ihr Sujet ist der Mensch: in seinem kulturellen Umfeld, in seinem Alltag, seiner Körperlichkeit, seinem Status, seiner Individualität. Seit ihren künstlerischen Anfängen hat Koelbl medien- und spartenüber- greifend gedacht: So sind ihre mehr als zwei Dutzend Buchpublikationen keine Zusammenstellungen ihrer fotografischen Arbeiten, sondern Auto- renbücher, denen eine Idee, ein literarisches Thema zugrunde liegt. Dieses Thema verfolgt Herlinde Koelbl mit strategischem Weitblick und genauem Gespür für den Gegenstand, mit strengem ästhetischem Konzept und gro- ßer innerer Unabhängigkeit, Leidenschaftlichkeit und Unbestechlichkeit. Herlinde Koelbl begann Mitte der siebziger Jahre mit der Fotografie. Als Autodidaktin war sie unabhängig von akademischen Schulen, von Zeit-
geist-Ästhetik oder Trends. Bekannt wurde sie in den achtziger Jahren mit der Fotoserie „Das Deutsche Wohnzimmer“, wo sie erstmals den Blick schärfte für das scheinbar Banale. Ihre berühmte Langzeitstudie „Spuren der Macht. Die Verwandlung des Menschen durch das Amt“ ist eine ein- zigartige zeitgeschichtliche und psychologische Bestandsaufnahme. Zahl- reiche ihrer Ausstellungen sind seit Jahren auf Reisen, so beispielsweise die „Jüdischen Porträts“ oder die Schriftstellerporträts „Im Schreiben zu Haus“. Für ihr Aufsehen erregendes Langzeitprojekt „Targets“ (internatio- nale Schießziele und deren kulturelle Aussage), das sie 2014 abschloss, war sie sechs Jahre lang in 30 Ländern unterwegs – meist allein mit ihrer Kamera. Ihre einfühlsamen, präzisen und oft philosophischen Interviews mit Menschen des öffentlichen Lebens erscheinen regelmäßig im ZEITMa- gazin.
Bis heute ist Herlinde Koelbl, Jahrgang 1939, mit ihrer künstlerischen Ener- gie und unvermindertem Interesse dem auf der Spur, was den Menschen existentiell ausmacht. Für ihr eindrucksvolles Gesamtwerk, das eine Chro- nik unserer Gegenwart darstellt, zeichnet die Landeshauptstadt München sie mit dem Kulturellen Ehrenpreis 2015 aus.“
Der Jury unter dem Vorsitz von Stadtrat Dr. Florian Roth (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) in Vertretung des Oberbürgermeisters gehörten an: Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers, Dr. Thomas Girst (BMW), Tanja Graf (Diogenes Verlag), Diana Iljine (Münchner Filmwochen GmbH), Andrian Kreye (Süddeutsche Zeitung), Professor Dieter Rehm (Akademie der Bildenden Künste), sowie die Stadträte Klaus Peter Rupp, Christian Vorländer (beide SPD-Fraktion), Richard Quaas und Walter Zöller (beide CSU-Fraktion).
Der Preis wird am 25. Februar 2016 durch Oberbürgermeister Dieter Reiter an Herlinde Koelbl im Rahmen einer geschlossenen Feier überreicht. Informationen zum Kulturellen Ehrenpreis unter http://www.muenchen.de/kulturfoerderung unter „Preise“.