Wie ist die aktuelle Situation am „Hüllgraben“
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner und Sabine Krieger (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) vom 15.10.2015
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 15.10.2015 führen Sie aus, dass sich im Gewerbegebiet Hüllgraben trotz des seitens des Planungsreferates prognostizierten Bedarfs an Gewerbeflächen und kostenaufwändiger Erstellung von Erschließungsstraßen binnen eines Jahres noch kein Unternehmen angesiedelt hat. Darüber hinaus stellen Sie fest, dass die Fläche „Am Hüllgraben“ als die von Ihnen bezeichnete Naturoase scheinbar nur den in der Phantasie der Verwaltung existierenden Interessen der Wirtschaft geopfert wurde.
Bevor ich Ihre in der Anfrage gestellten Fragen beantworte, erlauben Sie mir, dass ich zu Ihrer Einschätzung zur aktuellen Situation am Hüllgraben aus meiner Sicht Stellung nehme.
Planziel des Bebauungsplans Nr. 1539 ist u.a. die Schaffung von gewerblichen Bauflächen für Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes mit einem überwiegenden Bedarf an ebenerdigen Produktions- und Lagerflächen. Die Attraktivität Münchens als Lebensraum und als Wirtschaftsstandort begründet sich auch in ihrer diversifizierten Wirtschaftsstruktur, der sogenannten Münchner Mischung. München soll als bedeutender Produktions- und Handwerksstandort erhalten bleiben. Als entscheidender Beitrag der Stadt zur Förderung des Wirtschaftsstandortes sollen weiterhin bedarfsgerechte Gewerbestandorte geplant werden. Dieses Ziel entspricht der vom Stadtrat beschlossenen Leitlinie zur Stadtentwicklung, der Perspektive München und der Programmatik des Gewerbeflächenentwicklungsprogramms.
Die Zukunftsfähigkeit Münchens erfordert daher verlässliche Standortperspektiven für Unternehmen aus den Bereichen Produktion, verarbeitendes Gewerbe und Handwerk. Die Notwendigkeit, bedarfsgerechte Flächen bereitzustellen, wurde auch durch ein vom Referat für Arbeit und Wirtschaft beauftragtes Gutachten bestätigt. Die Untersuchung, die auf dem Modell der Gewerbe- und Industrieflächenprognose (GIFPRO) basiert, prognostizierte einen rechnerischen Bedarf von 119 ha bis zum Jahr 2030. Der hiervon für Neuansiedlungen benötigte Flächenbedarf beträgt 8 ha, dierestlichen 111 ha entfallen auf Erweiterungen und Verlagerungen bereits ansässiger Unternehmen.
Konkrete Vermarktungsaktivitäten durch die Eigentümerin konnten erst nach Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans am 9.12.2012 beginnen. Die Voraussetzungen für einen Verkauf der Flächen waren erst mit der Fertigstellung der verkehrlichen Erschließung, die im Laufe des Jahres 2014 erfolgt ist, gegeben.
Die Beschlusslage des Stadtrates zur Perspektive München, die Einschätzung der Verwaltung und das Ergebnis des Gutachtens, wonach bedarfsgerechte Gewerbestandorte nachgefragt werden, wurde durch die jetzt aktuelle zügige Vermarktung der Gewerbeflächen am Hüllgraben bestätigt. Die aurelis Real Estate GmbH hat in einer Pressemitteilung vom 21.7.2015 erklärt, dass dreieinhalb Monate nach Verkauf des ersten Grundstücks sämtliche Gewerbegrundstücke an Gewerbetreibende veräußert werden konnten, darunter an einen Betrieb aus der Paul-Gerhardt-Allee. Die aurelis Real Estate GmbH hat aus berechtigten vertraulichen Interessen der Käufer keine Auskünfte über die jetzigen Grundstückseigentümer gegeben.
Die Baumaßnahmen für die Gewerbebetriebe werden nach erteilter Baugenehmigung beginnen. Im Hinblick auf den vor einem Jahr begonnenen Bau der verkehrlichen Infrastruktur, der Verkäufe der Grundstücke bis zum Juli 2015 und dem derzeit laufenden Baugenehmigungsverfahren können realistischerweise zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Hochbaumaßnahmen erfolgt sein.
Der Bebauungsplan des Gewerbegebietes Hüllgraben umfasst zu einem Drittel Flächen für verarbeitendes und produzierendes Gewerbe und zu zwei Dritteln Grün- und naturschutzrechtliche Ausgleichsflächen. Die naturschutzrechtlichen Belange wurden abgewogen, die Notwendigkeit für Ausgleichs-, Grün- und Biotopflächen wurden berücksichtigt und letztendlich vom Stadtrat der Landeshauptstadt München mehrheitlich als Satzung so beschlossen. Ebenso wurde die Erschließung des Gewerbegebietes Hüllgraben in Kooperation mit den zuständigen Stellen der Stadtverwaltung München und der Autobahndirektion abgestimmt.
Das Gewerbegebiet Hüllgraben ist aktuell eines der letzten Entwicklungsgebiete im Münchner Osten, auf dem sich ein Angebot für flächenextensives Gewerbe entwickeln ließ. Die schnelle Vermarktung der Flächen durch die aurelis Real Estate hat bewiesen, dass der Standort in Bezug auf Lage, Erschließung und Flächenangebot attraktiv ist. Die Nachfrage nach Gewerbeflächen spiegelt sich aber auch in den vom Stadtrat beschlosse-nen Vergaben und Verkäufen von städtischen Gewerbegrundstücken an standortsuchende Firmen wider. Das Gewerbegebiet Freiham und aktuell die Gewerbegebiete an der Schwablhofstraße und an der Koppstraße sind mittlerweile komplett an standortsuchende Betriebe vergeben und verkauft.
Die Situation stellt sich mittlerweile so dar, dass standortsuchenden Firmen aktuell nahezu keine städtischen Gewerbeflächen mehr angeboten werden können.
Die zügige Vermarktung des Hüllgrabens als auch die städtischen Flächenangebote für klassisch gewerbliche und produzierende Nutzungen zeigen auf, dass in der Landeshauptstadt München weiterhin ein Bedarf für Gewerbegrundstücke besteht, der mittel- und langfristig nur durch eine Neuausweisung von Gewerbeflächen im Stadtgebiet befriedigt werden kann.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Stimmt das Gerücht zu Amazon?
Antwort:
Der Presse war zu entnehmen, dass die Fa. Segro Deutschland GmbH im Gewerbegebiet Hüllgraben eine Halle mit 7.000 m² errichten möchte und dieses Bauvorhaben auf einen Logistikstandort für Amazon hindeuten könnte. Eine Nachfrage des Referates für Arbeit und Wirtschaft zur Klärung dieser Frage wurde seitens Amazon nicht beantwortet.
Frage 2:
Wie viel Fläche würde Amazon beanspruchen?
Antwort:
Entfällt, siehe Antwort zu Frage 1.
Frage 3:
Welch Teilflächen werden von Amazon beansprucht?
Antwort:
Entfällt, siehe Antwort zu 1.
Frage 4:
Ist das mit dem B-Plan vereinbar?Antwort:
Die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit eines Bauvorhabens erfolgt durch die Lokalbaukommission. Am 8.10.2015 wurde ein Vorbescheid für die Errichtung einer Logistikhalle mit Parkdeck erlassen. Antragsteller ist die Firma Segro Deutschland GmbH.
Frage 5:
Welche anderen Interessenten gibt es noch?
Antwort:
Die aurelis Real Estate GmbH hat gegenüber dem Referat für Arbeit und Wirtschaft weder Angaben zu den Käufern der Gewerbegrundstücke noch zu den möglichen weiteren Interessenten gemacht. Die beim Referat für Arbeit und Wirtschaft vorgemerkten standortsuchenden Firmen wurden, soweit deren Anforderungsprofil mit dem Flächenangebot kompatibel ist, auf das Gewerbegebiet Hüllgraben hingewiesen.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.