Der Historiker und politische Philosoph Achille Mbembe bekommt für sein Buch „Kritik der schwarzen Vernunft“ am Montag, 30. November, den gemeinsam vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern e.V. und der Landeshauptstadt München vergebenen Geschwister-Scholl-Preis überreicht. Mit dem mit 10.000 Euro dotierten Preis wird jährlich ein Buch ausgezeichnet, das von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen und intellektuellen Mut zu fördern und dem verantwortlichen Gegenwartsbewusstsein wichtige Impulse zu geben.
Die Jury begründete ihre Entscheidung wie folgt:
„Der aus Kamerun stammende, in den Vereinigten Staaten ausgebildete, heute in Südafrika lebende Historiker und Philosoph hat mit seiner Kritik der schwarzen Vernunft nicht weniger vorgelegt als eine Neuvermessung der Geschichte des Kapitalismus und der Globalisierung. Seine Hauptthese in diesem kraftvoll geschriebenen Buch lautet, dass die globalen Waren- und Kapitalströme ohne die Etablierung einer Asymmetrie zwischen den Weltteilen nicht möglich gewesen wäre. Diese Asymmetrie freilich wurde nicht abstrakt hergestellt, sondern durch eine ,schwarze Vernunft‘, durch die Erfindung des Schwarzen, des ,Negers‘ als einer pejorativen, ja schwar- zen Figur, die die Augenhöhe einer Idee der Menschheit in toto unmöglich macht. Mbembe zeigt, dass der Rassismus keine normative Abweichung von der europäischen Aufklärung darstellt, sondern eines ihrer konstituti- ven Momente darstellt.
Die Lektüre von Mbembes Buch ist bisweilen verstörend – verstörend in der Konsequenz, die der Autor in seine Argumentation bringt. Es wird dem westlichen Leser mit seinen eigenen Mitteln vorgeführt, wie die konstitu- tive Hierarchie zwischen dem Schwarzen und dem Menschen das letztlich europäische Konzept des Menschen ad absurdum führt. Mbembes Hinweise auf die ,Afrikanisierung‘ unterschiedlicher Weltteile könnte aktueller nicht sein. Das Buch kommt genau zur rechten Zeit: Es schärft den Blick auf eine globalisierte Weltgesellschaft, die nicht nur Wa- ren und Kapital verschiebt, sondern auch Menschen und Arbeitskraft. Viel-
leicht ist dieser Hinweis auf die ,Afrikanisierung‘ der Welt auch ein Hinweis an Europa, mit seinen eigenen Versprechungen gegen die eigenen Prakti- ken ernst zu machen.
Somit gelingt es Achille Mbembe ein Werk vorzulegen, das von geistiger Unabhängigkeit zeugt und geeignet ist, bürgerliche Freiheit, moralischen, intellektuellen Mut zu fördern und dem verantwortlichen Gegenwartsbe- wusstsein wichtige Impulse zu geben.“ Die Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises findet im Rahmen des Literaturfestes München vor geladenen Gästen statt.
Weitere Informationen im Internet unter www.geschwister-scholl-preis.de. (Siehe auch unter Terminhinweise)