Oberbürgermeister Dieter Reiter kondoliert der Ehefrau von Frei Otto: „Mit Bestürzung habe ich vom Tod Ihres Ehemannes erfahren. Zu diesem schmerzlichen Verlust möchte ich Ihnen im Namen des Stadt- rats der Landeshauptstadt München und vor allem persönlich mein herzliches Mitgefühl ausdrücken.
Frei Otto war einer der prägendsten Architekten, Ingenieure und Vordenker seiner Zeit: Sein Studium der Form und Funktion der Natur sowie deren Übertragung in die Technik dienen heute unter dem Oberbegriff Bionik der Problemlösung in den vielfältigsten wissenschaftlichen Bereichen. Lange bevor der Begriff der Nachhaltigkeit in unser gesellschaftliches Bewusstsein Einzug hielt, hatte er bereits die Notwendigkeit eines sparsamen und ressourcenschonenden Umgangs mit unserer Umwelt im Blick.
Mit seinem Interesse am Experiment und dem Erforschen von bis dahin weithin unbekannten Bereichen der Baukunst hat er Pionierarbeit geleistet, deren Wirkung bis heute anhält. Als Berater, Lehrer und Autor war Frei Otto prägend für mehr als eine Architektengeneration weltweit.
Dem demokratischen Selbstverständnis der jungen Bundesrepublik
Deutschland hat er mit seinen leichten und transparenten Bauten, ob für den Deutschen Pavillon auf der Expo 1967 in Montreal oder dem Olympiagelände in München 1972, einen architektonischen Ausdruck verschafft, der international Anerkennung fand. Die Landeshauptstadt München hat Frei Otto mit den weltberühmten Zeltdachkonstruktionen des Olympiageländes sowie der Großvoliere im Tierpark Hellabrunn zwei ihrer herausragenden modernen Bauten zu verdanken.
Die Leichtigkeit des Münchner Olympiadachs ist damit nicht nur zu einer Ikone der Weltarchitektur und zu einem Gesicht Münchens geworden. Für seine Verdienste ist Frei Otto mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse sowie mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet worden, der ihm noch zu Lebzeiten zuerkannt worden ist und nun leider nur posthum verliehen werden kann.
Sein vielleicht größter Verdienst für die Landeshauptstadt München besteht aber darin, mit seinen Olympiabauten auch und gerade dem Lebensgefühl einer Generation Ausdruck und Prägung verliehen zu haben, die zur Zeit der Münchner Olympischen Spiele und in den für die Stadtentwicklung so wichtigen Jahren davor und danach eine besondere Freiheit, Aufbruch und Freude empfunden hat.
Ich wünsche Ihnen für die kommenden schweren Wochen viel Kraft und für die Zukunft auch Trost in dem Wissen, dass sein Andenken nie vergessen werden wird und sein Geist in seinen Werken weiterleben wird.“