Fahrradzählanlage in der Residenzstraße – Ein Schildbürgerstreich?
Anfrage Stadtrat Richard Quaas (CSU-Fraktion) vom 26.11.2014
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr. (I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 26.11.2014 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
„In der Residenzstraße, in Höhe des vormaligen Postgebäudes, befindet sich in dem Fußgängerzonenabschnitt wieder eine automatische Zählanlage zur Erfassung von Fahrradbewegungen in diesem Abschnitt. Damit werden wohl Zahlen erhoben, wie viel Radfahrer diesen Kernabschnitt der Fahrrad-Nord-Südverbindung benutzen. Nach dem Ende der Bauarbeiten an dem Gebäude und der Wiederherrichtung des Plattenbelages, wurde die Zählanlage, die schon vorher auf der rot markierten Radlfurt bestand, wieder eingebaut. Allerdings sind jetzt die Radfahrer nicht mehr kanalisiert auf dem rot abmarkierten Streifen unterwegs, sondern müssen sich den Straßenraum frei mit den Fußgängern und ggf. dem Lieferverkehr teilen. Nachdem aber die Zählanlage nur über den mittleren Abschnitt dieses Fußgängerzonenbereichs reicht, und links und rechts am Rand zu den Häusern zwei breite Streifen frei bleiben, werden bei weitem nicht alle Radbewegungen registriert, was automatisch zu Ergebnissen führen muss, die nicht der Realität entsprechen. Damit sind die Zählergebnisse weitgehend irrelevant und überflüssig, also ein Schildbürgerstreich!“
Frage 1:
Wann wurde die Fahrradzählanlage in der Residenzstraße zwischen Perusa- und Schrammerstraße erstmals und wann wieder in Betrieb genommen?
Antwort:
Die Dauerzählstelle für den Radverkehr in der Residenzstraße befindet sich in ungefährer Höhe der Residenzstraße 8 und wurde erstmals am 24.6.2008 in Betrieb genommen. Baustellenbedingt musste diese Dauerzählstelle mehrfach außer Betrieb genommen werden. Deshalb gibt es für die Zeiträume vom 11.3.2009 bis 4.12.2009, 1.8.2011 bis 30.5.2012 und 1.4.2013 bis 18.2.2014 keine Zählwerte.Frage 2:
Wieso wurde die Zählanlage nicht über die gesamte Breite dieses Fußgängerbereiches eingebaut, sondern nur im Mittelteil der Residenzstraße, obwohl die rote Radwegmarkierung nicht mehr vorhanden ist?
Antwort:
Das Radverkehrsaufkommen konzentrierte sich vor Beginn der Baumaßnahmen im wesentlichen in dem rotmarkierten Bereich. Bereits damals war zu beobachten gewesen, dass auch Radlerinnen und Radler außerhalb der rotmarkierten Furt fuhren, um Fußgängerinnen und Fußgängern auszuweichen, die sich ihrerseits in dem markierten Bereich aufhielten. Auch zu dieser Zeit wurden daher durch den Sensor nicht alle Radlerinnen und Radler erfasst, jedoch der größte Teil. Nach Abschluss der Baumaßnahmen wurde festgestellt, dass sich das Radverkehrsaufkommen nun im Mittelprofil der Straße konzentriert, ähnlich wie vorher im Bereich der Rotmarkierung.
Frage 3:
Welche Erhebungen werden dort mittels der Anlage genau durchgeführt und in welche Statistiken und Berechnungen fließen die Daten ein?
Antwort:
Das installierte Bike-Counter-System erkennt die Anzahl und Fahrtrichtung der Fahrräder. Auch Fahrrad-Gruppen werden korrekt gezählt.
Aufbereitet werden die Daten der Dauerzählstelle für die Fahrradbewegungen im Intervall von 15 Minuten, Stunden sowie als Tageswerte in Verbindung mit den Tageswetterwerten eines Wetterdienstes.
Die Daten werden anschließend für die Betrachtung von Tages-, Monatsund Jahresganglinien genutzt, um besonders saisonale und witterungsbedingte Effekte zu ermitteln. Darüber hinaus können generelle Entwicklungen und Trends im Radverkehr beobachtet und weitere Erkenntnisse z.B. über Fahrzwecke gewonnen werden. Hier sind nicht die Absolutwerte entscheidend, sondern vielmehr die Verläufe in Abhängigkeit von Parametern wie Uhrzeit, Wochentag, Temperatur, Niederschlag sowie besonderen Ereignissen.
Frage 4:
In welche Entscheidungsvorschläge und Stadtratsvorlagen sind diese Erhebungen schon in der Vergangenheit eingeflossen?Antwort:
Grundsätzlich dienen Dauerzählstellen für Trendbetrachtungen der Entwicklung des Radverkehrs. Mit Ausnahme des Beschlusses „Entwicklung des Verkehrs in München“ sind bisher keine Daten der Dauerzählstellen im Radverkehr direkt in Stadtratsvorlagen verwendet worden.
Frage 5:
Sind diese Daten auch eine Grundlage für Verkehrsberechnungen der Fahrrad-Nord-Süd-Route, die ggf. in Stadtratsvorlagen zu einer Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in diesem Abschnitt einfließen und/oder generell eine Rolle bei der geplanten Neuordnung der Fahrradquerung der Altstadt spielen?
Antwort:
Nein.
Für die Planungen zur Neuordnung der Fahrradquerung der Altstadt wurden manuelle Verkehrserhebungen an verschiedenen Querschnitten im Untersuchungsbereich veranlasst.
Die erhobenen Daten der sieben Dauerzählstellen dienen insbesondere zur Gesamtbetrachtung der Entwicklung des Radverkehrs in München und der Einordnung der Ergebnisse von Kurzzeitzählungen an Knotenpunkten und Querschnitten. Die ermittelten absoluten Zahlenwerte der Dauerzählstelle selbst sind von untergeordneter Bedeutung.
Frage 6:
Wenn ja, dann sind diese Daten zwangsläufig unvollständig und verfälschen das Bild erheblich, sieht das die Verwaltung ebenso?
Antwort:
Siehe Antwort Frage 5.
Frage 7:
Wenn nein, warum wird dann überhaupt gezählt und was sollen diese Daten für eine Aussage, für was auch immer, haben?
Antwort:
Siehe Antwort auf Fragen 3, 4, 5 und 8.Frage 8:
Ist der Oberbürgermeister auch der Meinung, dass es sich bei dieser Fahrradzählanlage, so wie sie eingebaut ist, um einen klassischen Schildbürgerstreich der Verwaltung handelt und das die damit gewonnenen Daten – da zwangsläufig vollkommen ungenau – Makulatur sind und sich nicht zur Absicherung von Verkehrsberechnungen und Prognosen eignen?
Antwort:
Wie bei der Beantwortung der Frage 3 bereits dargestellt, dienen die gewonnenen Daten in erster Linie als generelle, jedoch nicht einzelprojektbezogene Grundlage von Verkehrsberechnungen und Prognosen. Für konkrete Projekte sind auch weiterhin entsprechend konzipierte manuelle Erhebungen notwendig. Andererseits bieten Dauerzählstellen die kostengünstigste Möglichkeit, um über lange Zeiträume Trendauswertungen unter vergleichbaren Bedingungen zu erstellen. Wie jede Methode zur Datenerhebung besitzen auch die Dauerzählstellen spezifische Vor- und Nachteile. Im Wissen dieser Vor- und Nachteile sind sie aber auch weiterhin unverzichtbare Grundlage, um kontinuierlich Erkenntnisse über die langfristige Entwicklung des Radverkehrs in der Landeshauptstadt München zu gewinnen.
Frage 9:
Ist davon auszugehen, dass zur Erhebung genauer Daten, nunmehr die Fahrradzählanlage bis an die jeweiligen Straßenränder ergänzt wird und wenn ja, bis wann?
Antwort:
Entsprechend den obigen Ausführungen ist aus fachlicher Sicht für die Zielsetzung der Dauerzählstellen die Er weiterung der Zählstelle Residenzstraße nicht notwendig.
Sollte der Stadtrat vor dem Hintergrund der Antworten auf die Fragen 2, 3 und 8 jedoch zu der Auffassung gelangen, die Fahrradzählanlage bis an die jeweiligen Straßenränder ergänzen zu wollen, kann dies baulich unter Einsatz von zusätzlichen Finanzmitteln umgesetzt werden. Hierbei ist zunächst zu beachten, dass sich vor der ehemaligen Residenzpost ein ca. 3 Meter breiter Streifen Privatgrund befindet. Zunächst wäre zu klären, in wieweit sich der Einbau eines Zählsensors mit eventuell bestehenden Dienstbarkeiten vereinbaren ließe. Die Kosten für die Erweiterung setzen sich aus einmaligen Investitionskosten und laufenden Kosten für Leihgebühr, Wartung, Datenzusammenstellung und -übermittlung zusammen. Für einen einzelnen Seitenbereich würden nach einer ersten Kostenschätzunggestaffelt im ersten Jahr Kosten in Höhe von ca. 12.000 Euro, im zweiten Jahr in Höhe von ca. 5.300 Euro und ab dem dritten Jahr in Höhe von ca. 3.600 Euro jährlich anfallen. Die Kosten verdoppeln sich annähernd bei der Einrichtung der Messtechnik für beide Straßenränder.
Des Weiteren gilt es zu berücksichtigen, dass nach einer Entscheidung über den zukünftigen Verlauf der Fahrrad-Nord-Süd-Route ggf. auch eine generelle Verlegung der Dauerzählstelle in der Residenzstraße erforderlich wäre. Der Stadtrat wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2015 mit einem Entscheidungsvorschlag zur Nord-Süd-Querung befasst werden. Auch eine Realisierung des zweiten Stammstreckentunnels und das daraus resultierende Baugeschehen im Bereich Marienhof hätte voraussichtlich Auswirkungen auf die Dauerzählstelle Residenzstraße.
Frage 10:
Erhält der Stadtrat ggf. neue Stadtratsvorlagen und muss evtl. nochmals über Anträge abstimmen, wenn sich darin enthaltene Daten auf diese unvollständige Zählanlage stützen?
Antwort:
Nein, siehe Beantwortung der Fragen 4 und 5.
Frage 11:
Wenn ja, um wie viele und welche Vorlagen genau handelt es sich dabei?
Antwort:
Siehe Antwort auf Frage 10.
Frage 12:
Wenn nein, bleiben wirklich Beschlüsse bestehen, die aufgrund unvollständiger oder unrichtiger Daten verfasst und gefasst wurden?
Antwort:
Siehe Antwort auf Frage 10.