Todesfälle auf Grund von Krankenhauskeimen (MRSA/MRE)
Anfrage Stadtrat Dr. Reinhold Babor (CSU-Fraktion) vom 3.6.2016
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Wer stationäre Krankenhausleistungen in Anspruch nimmt, wird dort häu- fig mit bakteriellen Erregern, die gegen Antibiotika resistent sind (MRSA und andere MRE), angesteckt. Patienten sterben somit an Infektionen, die sie vor Aufnahme ins Krankenhaus nicht hatten. Die Deutsche Gesell- schaft für Krankenhaushygiene beziffert die Todesfallrate in Deutschland auf 40.000 Personen jährlich. Um wirksame Maßnahmen nach dem Vorbild skandinavischer Länder umsetzen zu können, ist die Erfassung dieser Da- ten unerlässlich. Die notwendige Datenerfassung scheitert regelmäßig da- ran, dass die Kliniken und Altenheime aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen und wegen Personalmangels die nötigen Daten nicht bereitstellen können. Der Schutz von Menschenleben hat aber absoluten Vorrang vor Kosten- überlegungen“.
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
Welche konkreten Informationen liegen den städtischen Gesundheitsbe- hörden über Sterbefälle vor, für die eine Infektion mit Krankenhauskeimen nicht ausgeschlossen werden kann? (Unklare Todesursache z.B. Multior- ganversagen o.ä.)?
Antwort:
Dem Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) liegen keine validen Daten über Sterbefälle vor, die kausal auf im Krankenhaus erworbene Infektionen durch multiresistente Keime (MRE) zurückführbar sind. Kenntnisse über Sterbefälle und diese auslösenden Todesursachen erhält das RGU im Rahmen seiner behördlichen Überprüfung von Todesbescheinigungen, die grundsätzlich auf die Beurteilung deren formal korrekter Ausfertigung und Plausibilität der Angaben begrenzt ist.
Die vom RGU überprüften Todesbescheinigungen wiesen bislang lediglich in Einzelfällen eine Infektion mit multiresistenten Erregern als Todesursache aus. Ob es sich bei den in diesen Fällen zum Tode führenden Infektionserregern um Erreger handelte, die in medizinischen oder pflegerischen Einrichtungen mitgebracht oder dort erworben wurden, war aus den Anga-ben der Todesbescheinigungen nicht entnehmbar. Nach allgemeinen krankenhaushygienischen Erkenntnissen erfolgt allerdings ein Eintrag multiresistenter Erreger in Krankenhäuser zu etwa 85% durch asymptomatisch besiedelte Patientinnen/Patienten bei stationärer Aufnahme.
Die Angabe einer Infektion mit multiresistenten Erregern als Todesursache ist dem RGU regelhaft Anlass, Kontakt zu den betreffenden Einrichtungen (z.B. Krankenhäuser, Alten-/Pflegeheime) aufzunehmen und deren Hygienemanagement zu überprüfen.
Bei Todesfällen, die im Zusammenhang mit einem gehäuften Auftreten (Ausbruch) nosokomialer Infektionen in Krankenhäusern eintreten, empfiehlt das RGU den Einrichtungsbetreibern nachdrücklich, eine Obduktion zur ursächlichen Abklärung der Todesursache herbeizuführen. Nur auf diese Weise ist es in der Regel möglich, eine eindeutige Aussage über die Kausalität einer Infektion einschließlich der diese verursachenden Erreger für den Tod von Patientinnen/Patienten zu treffen. Die Anordnung einer Obduktion ist dem RGU grundsätzlich nicht möglich.
Auch aus Angaben zur Todesursache, wie z.B. Sepsis oder Multiorganversagen, die keine Aussage zu Erregern beinhalten, kann nicht zwangsläufig auf eine ursächlich zugrundeliegende nosokomiale Infektion mit multiresistenten Erregern geschlossen werden.
Frage 2:
Wenn keine gesicherten Informationen vorliegen, wie hoch ist die Zahl re- sultierender Sterbefälle einzuschätzen (Gesamtzahl der Todesfälle, davon mit unklarer Ursache)?
Antwort:
Dem RGU ist mangels geeigneter Datenlage keine Einschätzung resultierender Sterbefälle für das Stadtgebiet München möglich.
Das RGU ist allerdings aktuell damit befasst, für den Zeitraum 2013 bis Juni 2016 eine systematische Auswertung der Sterbefälle aufgrund von Clostridien assoziierten Infektionen durchzuführen. Valide Auswertungsergebnisse liegen derzeit noch nicht vor.
Frage 3:
Wenn keine belegbaren Informationen vorliegen, kann die städtische Ge- sundheitsbehörde von Krankenhäusern und Altenheimen konkrete Aus- kunft unter Fristsetzung verlangen? Antwort:
Das RGU kann von Krankenhäusern und Altenheimen keine konkrete Auskunft über Sterbefälle, die auf Infektionen mit multiresistenten Erregern (MRE) zurückführbar wären, einfordern.
Frage 4:
Welche Maßnahmen wurden seit 2012 ergriffen, um die Ansteckungs- gefahr in den Krankenhäusern und Altenheimen zu verhindern oder zu vermindern, z.B. Aufnahmescreening aller Patienten, Quarantäne-Unter- bringung, Hygienische Maßnahmen, Kontrollmaßnahmen durch den Hygie- nebeauftragten usw.?
Antwort:
Das RGU führt seit Jahren anlass- und schwerpunktbezogene Überprüfungen in Krankenhäusern und in Einrichtungen der stationäre Pflege durch. Diese Überprüfungen beinhalten die Bewertung von Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität des jeweiligen Hygienemanagements sowie die behördliche Intervention bei Feststellung von Hygienedefiziten. Es organisiert und moderiert zudem MRSA-Fallkonferenzen und MRE-Netzwerke (z.B. Hygiene-Netzwerk Pflege München), in denen die Bedeutung und insbesondere Möglichkeiten einer Minimierung von Infektionen mit multiresistenten Erregern regelhaft erörtert werden. Fortbildungs- und Schulungsveranstaltungen zur Hygiene für unterschiedlichste Zielgruppen (Ärzte, Pflegekräfte, Hygienebeauftragte) zählen ebenso zu den Aktivitäten des RGU wie gezielte, auf Fragebogen basierende Erhebungen in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen. Die Erkenntnisse seiner Überwachungstätigkeiten und seiner gezielten Erhebungen werden grundsätzlich den überwachten Einrichtungen rückgespiegelt und oftmals in wissenschaftlichen Beiträgen der Fachpresse publiziert.