Zikavirus – Ist München gewappnet?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Ursula Sabathil und Mario Schmidbauer (Fraktion Bürgerliche Mitte – Bayernpartei/Freie Wähler) vom 10.6.2016
Antwort Stephanie Jacobs, Referentin für Gesundheit und Umwelt:
Ihrer Anfrage liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
„Die Urlaubs- und Reisezeit steht wieder vor der Tür. Urlauber werden auch Reiseziele in Mittelamerika besuchen. Die diesjährigen Olympischen Som- merspiele im August finden in Rio de Janeiro (Brasilien) statt und viele Tou- risten, Fans und Sportler werden direkt oder über München reisen, um bei diesem Event dabei sein zu können. München ist mit seinem internationa- len Flughafen eines der wichtigsten und größten Luftverkehrs-Drehkreuze Europas mit jährlich 40 Millionen Passagieren. Die Weltgesundheitsorgani- sation (WHO) warnt schon seit über einem halben Jahr vor der immer wei- teren Ausbreitung des Zikavirus.
In Zeiten der Globalisierung können sich die übertragenden Mücken schnell auch bei uns ansiedeln und zu einer großen Gefahr werden. Es ist auch nicht auszuschließen, dass die bei uns schon heimischen Tigermücken als Überträger in Frage kommen. Die Ansteckung erfolgt dabei primär über den Stich einer infizierten Mücke, kann aber unter Umständen bei sexuel- lem Kontakt auch von Mensch zu Mensch geschehen. Wegen der anhal- tenden Gefahr, besonders für Schwangere, hat die WHO im Februar 2016 bereits den öffentlichen Gesundheitsnotstand internationalen Ausmaßes ausgerufen – höchste Zeit für die Stadt zu handeln!“
Herr Oberbürgermeister Reiter hat mir Ihre Anfrage zur Beantwortung zugeleitet. Die darin aufgeworfenen Fragen beantworte ich wie folgt:
Frage 1:
Ferien Zeit und Olympische Spiele – gibt es bereits speziell für Reisewillige in diese, durch die WHO benannten Gefahrenregionen am Flughafen Mün- chen und/oder in der LHM Aufklärungsangebote die über die Gefahr der Ansteckung (besonders Auswirkungen für Schwangere) und die Verbrei- tung hinweisen? Wenn ja, wie geschieht dies?
Antwort:
Ja, Informationen stehen der Öffentlichkeit zur Verfügung.
Quelle Robert-Koch-Institut (RKI) Newsletter vom 14.06.16:Nach der aktuellen Risikoeinschätzung des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) besteht für Besucher der Olympischen Sommerspiele 2016 in Brasilien das größte Infektionsrisiko für gastrointestinale und vektorübertragene Erkrankungen. Diese lassen sich aber durch Maßnahmen der Standardhygiene, u.a. Trinken von Wasser aus Flaschen, Verzehr von ausreichend durchgegartem Fleisch und ausreichenden Schutz vor Insektenstichen, reduzieren. Die Olympischen Spiele finden darüber hinaus in Rio de Janeiro in der Wintersaison statt, in der das Risiko für insektenübertragene Infektionen wie Zika, Dengue oder Chikungunya durch das kühlere und trockenere Wetter eher gering sind. Ausnahme ist hier allerdings Manaus, der Austragungsort von einigen Fußballspielen.
Reisende nach Brasilien sollten u.a. ihren Impfstatus überprüfen lassen, außerhalb von Rio de Janeiro eine Malariaprophylaxe in Erwägung ziehen und sich wegen der Tollwutgefahr vor streunenden Hunden und Katzen in Acht nehmen. Schwangere Frauen und Frauen, die schwanger werden wollen, sollten nach Möglichkeit Reisen in Gegenden mit bestehenden Zikavirus-Infektionen aufschieben. Männlichen Reiserückkehrern wird zur Verhinderung der sexuellen Übertragung des Zikavirus der Gebrauch von Kondomen empfohlen.
Weitere Informationen finden Sie hier:
Das RKI sowie das Auswärtige Amt und die Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin (DTG) empfehlen Schwangeren und Frauen, die schwanger werden wollen, von vermeidbaren Reisen in Zikavirus-Ausbruchsgebiete abzusehen, da das Risiko frühkindlicher Fehlbildungen besteht.
Bei unvermeidbaren Reisen sollte auf ganztägigen konsequenten Mückenschutz geachtet werden. Schwangere und Frauen, die eine Schwangerschaft planen, sollten sich vor der Abreise dringend von einem Tropen- oder Reisemediziner mit Kenntnis der jeweiligen aktuellen Situation beraten lassen. Auch die WHO hat diesbezüglich Empfehlungen herausgegeben.
Die Warnhinweise stehen der Öffentlichkeit auf diversen Internetseiten zur Verfügung und werden z.B. von RKI, WHO, ECDC, Auswärtigem Amt zeitnah aktualisiert.
Das RGU hat eine Zikavirus-Information mit Verweis auf wichtige Links wie RKI; Auswärtiges Amt und ECDC auf seiner Internetseite seit Februar 2016 geschaltet. Im Sachgebiet Infektionsschutz werden zudem Bürger und Bürgerinnen u.a. zu diesem Thema telefonisch beraten.Frage 2:
Welche Sicherheitsvorkehrungen trifft die Landeshauptstadt München im Vorfeld um das Auftreten von Infektionen in München zu verhindern?
Antwort:
Spezielle Maßnahmen – wie in den Ausbruchgebieten durch die WHO empfohlen, z.B. Hauptübertragungsweg (Mückenbekämpfung) – sind in Deutschland, somit auch in der LHM nicht erforderlich. Allgemeine Reisewarnungen für die Risikogruppe Schwangere sowie Präventionsmaßnahme (Kondomnutzung) nach Exposition in betroffenen Ländern sind zu beachten.
In Deutschland wird bislang nur eine geringe Gefahr für eine „Vor-Ort-Ansteckung“ gesehen. Die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) kommt in Deutschland nicht vor. Eine andere Mückenart, von der noch nicht abschließend geklärt ist, ob sie das Zikavirus in Deutschland übertragen kann – die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) – kommt nur sehr punktuell in Süddeutschland vor. Seit einigen Jahren wird eine Bestandsaufnahme für Stechmücken für die gesamte Bundesrepublik erstellt, und zwar mit Hilfe von Mückenfallen, sowie für alle Bürger zum Mitmachen beim Mückenatlas. Bislang wurden in den Feldstudien keine mit Tropenviren infizierten Stechmücken gefunden. Spezielle Maßnahmen sind von der WHO nur für die Ausbruchsgebiete empfohlen.
Eine Mensch zu Mensch Übertragung ist durch sexuelle Kontakte beschrieben: im Rahmen ungeschützten Geschlechtsverkehrs kam es in einzelnen Fällen zu sexueller Übertragung durch zuvor im Ausland infizierte Männer. Daher wird mit Zikavirus infizierten Männern für sechs Monate geschützter Geschlechtsverkehr mit Kondomen empfohlen.
Frage 3:
Im Falle von Anzeichen einer Infektion, wie wird mit den Betroffenen um- gegangen?
Antwort:
Eine Infektion mit dem Zika-Virus verläuft meist asymptomatisch oder mit milder Symptomatik und ist selbstlimitierend. Mögliche Symptome: Hautausschlag, Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, nicht-eitrige Konjunktivitis, meist subfebrile Temperaturen. Krankheitsdauer etwa eine Woche. Von den Betroffenen geht keine direkte Ansteckungsgefahr für die Öffentlichkeit aus. Nach einer möglichen Exposition im Reisegebiet solltenfür einen Zeitraum von sechs Monaten vorsorglich Kondome verwendet werden. Weitere Präventionsmaßnahmen siehe Punkt 1.
Eine spezifische Therapie oder Impfung stehen derzeit nicht zur Verfügung. Eine symptomatische Behandlung ist oftmals nicht indiziert, da die Zikavirus-Infektionen in der Regel sehr milde verlaufen. Wie bei anderen tropischen Erkrankungen ist die Reiseanamnese (Inkubationszeit von Zikavireninfektion ca. 3-12 Tage nach Mückenstich) wichtig. Insbesondere bei Schwangeren sollte zusammen mit der Reiseanamnese und bei Symptomen oder Infektionen beim Partner eine Zikavirus-Infektion differentialdiagnostisch in Erwägung gezogen und daraufhin untersucht werden.
Frage 4:
Gab es bisher in München schon Erkrankungen mit dem Zikavirus?
Antwort:
Reiseassoziierte Fälle wurden dem RGU seit 2016 gemeldet. In Deutschland besteht erst seit dem 1. Mai 2016 eine gesetzliche Meldepflicht für Zikavirus-Infektionen (Labormeldepflicht §7 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Daher waren genaue Zahlen bislang nicht bekannt. In einzelnen Fällen wurde das Virus aus betroffenen Gebieten importiert.
In München wurden bislang sieben laborbestätigte Einzelfälle (Stand 13.6.16) berichtet. Soweit ermittelbar, waren alle reiseassoziiert. Aufgrund der Globalisierung und der Reiseziele in Ausbruchsgebieten ist auch in der LHM mit weiteren Fällen zu rechnen, wie dies bei anderen reiseassoziierten Infektionen, z.B. Denguefieber, beobachtet wird. Eine Trendanalyse ist derzeit weder für die LHM noch deutschlandweit möglich, aber in Zukunft können aufgrund der nach IfSG erhobenen Meldezahlen Aussagen getroffen werden. Ein erhöhtes Infektionsrisiko in der LHM im Vergleich zu anderen Orten in Deutschland besteht nicht.