Die Stadt nutzt Periscope zur Übertragung von Stadtratsvollver- sammlungen und Ausschusssitzungen
Antrag Stadträte Fritz Schmude und Andre Wächter (ALFA – Allianz für Fortschritt und Aufbruch) vom 14.4.2016
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
Sie haben beantragt, die Sitzungen des Stadtrates mittels Periscope, der Livestream-Applikation von Twitter, zu übertragen, um mehr Transparenz herzustellen und Menschen für die Stadtpolitik zu interessieren.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Der Inhalt Ihres Antrages betrifft jedoch eine laufende Angelegenheit, deren Besorgung nach Art. 37 Abs. 1 GO und § 22 GeschO dem Oberbürgermeister obliegt. Die grundsätzlichen Regelungen und Vorgaben für Livestream-Übertragungen von Stadtratssitzungen sind in den Beschlüssen der Vollversammlung vom 2.5.2013 und 18.12.2013 sowie vom 28.1.2015 festgelegt. Deshalb erlaube ich mir, Ihr Einverständnis vorausgesetzt, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Gemäß der genannten Stadtratsbeschlüsse wird die Vollversammlung bereits per Livestream übertragen und ein Mitschnitt der Sitzung – nach Tagesordnungspunkten geschnitten – regelmäßig bis zur nächsten Vollversammlung als Video on Demand zur Verfügung gestellt. Dieser Livestream – der selbstverständlich auch mobil genutzt werden kann – wird nicht nur über die städtischen Social Media Kanäle angekündigt, sondern auch während der Sitzung aktiv über Twitter begleitet, indem jeder neu aufgerufene Tagesordnungspunkt jeweils als eigener Tweet (#Stadtrat_live) kommuniziert wird. Damit werden die Twitter-Nutzer schon heute direkt über den Stadtrats-Livestream informiert, sodass durch die von Ihnen beantragte Verwendung von Twitters eigener Streaming-App Periscope keine neuen Zielgruppen erschlossen würden. Eine signifikante Erhöhung der Livestream-Zuschauerzahlen wäre daher durch eine zusätzliche Periscope-Übertragung nicht zu erwarten.
Zudem sind – im Vergleich zur bereits praktizierten, professionellen Streaming-Lösung – Periscope-Übertragungen mittels Smartphone nur mit deutlich schlechterer Qualität möglich. Das betrifft sowohl die Übertragungsqualität (Bild, Ton und Übertragungsstabilität) wie auch die fehlende Möglichkeit, mittels Einblendungen über Redner und Thema der Debatte zu informieren oder zusätzliche Verlinkungen ins Rats-Informations-Systemmit weiterführenden Informationen zum jeweils behandelten Tagesordnungspunkt anzubieten.
Auch hätte die Stadt keinerlei Einfluss auf den Funktionsumfang der App und die Konditionen der Bereitstellung der Streams. Ebenso wenig wäre sie Herr der Daten. Nach den Lizenzbedingungen müssen Twitter umfassende Nutzungsrechte an den Periscope-Streams eingeräumt werden, die darüber hinaus von jedermann mit Hilfe von Tools wie Scopedown einfach heruntergeladen und beliebig verbreitet werden können. Die mit dem Gesamtpersonalrat vereinbarte und vom Stadtrat bestätigte Frist, dass Sitzungsmitschnitte in der Regel nur bis zur nächsten Vollversammlung bereit gestellt werden dürfen, ließe sich so leicht umgehen.
Bei der von Ihnen ebenfalls beantragten Periscope-Übertragung von Ausschuss-Sitzungen kämen darüber hinaus vor allem datenschutzrechtliche Probleme hinzu, die ein Livestreaming wenig praktikabel erscheinen lassen. Denn in den Fachausschüssen kommen Verwaltungsmitarbeiter häufiger zu Wort als in der Vollversammlung. Da städtische Dienstkräfte unterhalb der Ebene der Referatsleitungen aber nicht übertragen werden dürfen, müsste der Periscope-Stream dann jeweils abgebrochen werden. Ein erklärendes Standbild kann in diesen Fällen – anders als bei Unterbrechungen im bereits praktizierten Streaming-Angebot – nicht eingeblendet werden, was zu einem erheblichen Zuschauerverlust führen dürfte.
Ohnehin muss davon ausgegangen werden, dass das Zuschauerinteresse für die meist auch erheblich kürzeren Fachausschuss-Sitzungen noch einmal recht deutlich unter den durchschnittlich gut 700 Nutzern der Plenumsübertragungen liegen dürfte.
Periscope-Übertragungen von Stadtratssitzungen würden somit Ihrer Intention nicht gerecht, mehr Transparenz herzustellen und mehr Menschen für die Stadtpolitik zu interessieren, da dadurch weder neue Zielgruppen erschlossen werden noch eine wesentliche Steigerung von Zuschauerzahlen erwartet werden kann. Dem stünden aber zusätzliche Personal- und auch Sachaufwendungen – vor allem im Kleinen Sitzungssaal, wo von der Empore aus nicht alle Redner gefilmt werden könnten – gegenüber. Deshalb werden wir von einer Übertragung der Stadtratssitzungen via Periscope absehen.
Von den vorstehenden Ausführungen bitte ich Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.