Solare Müllpressen – saubere, effektive und emissionsreduzierende Abfallbehälter für München
Antrag Stadtrats-Mitglieder Herbert Danner und Sabine Krieger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 12.5.2016
Antwort Baureferentin Rosemarie Hingerl:
In Ihrem Antrag fordern Sie die Stadtverwaltung auf, über die Erfahrungen mit solaren Müllpressen aus anderen Städten zu berichten und an Straßen, Plätzen, Grünflächen und Orten mit hoher Besucherfrequenz, vor allem an der Isar, Solarmüllpressen (z.B. Big Belly) aufzustellen.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlauben wir uns, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Wie Sie in Ihrem Antrag ausgeführt haben, hat das Baureferat vergleichbare Anfragen bzw. Anträge zur Thematik der solarbetriebenen Abfallbehälter von Stadtrat Hans Podiuk „Solarbetriebene Abfallpresse – welche Erkenntnisse hat das Baureferat?“ vom 30.10.2012 und von Stadträtin Kristina Frank, Stadtrat Thomas Schmid, Stadträtin Ulrike Grimm „Mehr Platz im Mülleimer“ vom 30.04.2015 bereits ausführlich beantwortet.
Eine solare Müllpresse hat im Vergleich zu den in München verwendeten 50 bzw. 100 Liter-Abfalleimern ein Fassungsvermögen von ca. 125 Liter. Durch das Pressen des Mülls kann der Behälter – in Abhängigkeit des eingeworfenen Abfalls – bis zur siebenfachen Menge aufnehmen. Durch die Erhöhung des Fassungsvermögens erhöht sich jedoch auch das Gewicht des vollen Innenbehälters erheblich. Dies hat zur Folge, dass die Entleerung im Gegensatz zu den normalen Abfallbehältern gemäß den Arbeitsschutzrichtlinien statt von einer Person von zwei Personen und einem speziellen Entleerungsfahrzeug durchgeführt werden muss. Neben den höheren Anschaffungskosten, diese betragen ca. das Zehnfache eines normalen Abfallbehälters, führt dies zu höheren Betriebskosten. Auch die Lebensdauer einer solaren Müllpresse ist durch die mechanischen und elektronischen Bestandteile kürzer als die eines normalen Abfallbehälters. Ersatzbeschaffungen werden zu einem früheren Zeitpunkt notwendig, erhöhen somit die Betriebskosten.
Über eine Funkanbindung informiert die solare Müllpresse permanent über den Füllstand des Behälters. Bei Erreichen des maximalen Füllstands kann somit eine situationsbezogene Entleerung erfolgen und die Entleerungshäufigkeit angepasst werden. Bei einem flächendeckenden Einsatz kommtdieser Vorteil jedoch nicht zum Tragen, da z. B. die ca. 250 Abfallbehälter im Bereich der Fußgängerzone turnusmäßig mit einer optimierten und festen Fahrtroute entleert werden müssen. Ein situationsbezogenes Anfahren der Behälter würde zu längeren Fahrtwegen und somit zu einer Erhöhung der Emissionen führen.
Durch Vandalismus oder Bedienungsfehler kommt es immer wieder zu einem Ausfall der mechanischen und elektronischen Bauteile. Dies bedeutet, die solare Müllpresse kann bis zur Reparatur – diese kann bis zu 24 Stunden betragen – nicht mehr benutzt werden.
Aus Sicht des Baureferates sind solare Müllpressen in Sonderbereichen wie z. B. im Bereich von Fast-Food-Geschäften eine sinnvolle Lösungsmöglichkeit, da dort die Innenbehälter nicht weit transportiert werden müssen, eine bedarfsgerechte Entleerung zielführend ist und somit die höheren Betriebs- und Anschaffungskosten amortisiert werden können.
Für den Einsatz von solaren Müllpressen im öffentlichen Raum haben sich die Einschätzungen des Baureferates jedoch nicht verändert und decken sich auch mit den Erfahrungen anderer Städte zu diesem Thema. Die städtische Straßenreinigung des Baureferates ist im Verband Kommunaler Unternehmen, Fachausschuss für Straßenreinigung vertreten und steht somit deutschlandweit im ständigen Austausch mit den großen Kommunen wie Berlin, Erfurt, Mannheim, Hamburg, Köln und Stuttgart. Der Verband Kommunaler Unternehmen erarbeitet Handlungshilfen zu den Themen Sauberkeit, Organisation und Technik sowie personellen Ressourcen für die Straßenreinigung. Zu diesem Zweck findet ein Austausch mit und zwischen den kommunalen Betrieben, aber auch mit Vertretern aus der Wissenschaft statt. Somit kann sichergestellt werden, dass dauerhaft Erfahrungen zu neuen Arbeitsweisen und technischen Innovationen weitergegeben werden. Im Rahmen dieses interkommunalen Erfahrungsaustausches wurden die genannten Städte zu ihren Erfahrungen mit solaren Müllpressen befragt. Lediglich Hamburg und Münster setzen noch solare Müllpressen in größerem Umfang ein und haben auch die Betriebsabläufe dahingehend umgestellt. Alle anderen Städte lehnen bisher den großflächigen Einsatz von solaren Müllpressen aus wirtschaftlichen und betrieblichen Gründen ab.
Auch die Stadt Graz, die vor einiger Zeit 20 solare Müllpressen aufgestellt hat, will künftig wieder auf ein Abfallbehälter-Konzept mit „herkömmlichen“ Abfallbehältern umstellen.Zudem ist die Strategie des Baureferates, um dem Phänomen des „Littering“ (das ist die zunehmende Unsitte, Abfälle im öffentlichen Raum achtlos wegzuwerfen oder liegenzulassen, ohne die dafür vorgesehenen Abfalleimer oder Papierkörbe zu benutzen) entgegenzuwirken, Abfalleimer in einer sehr hohen Dichte aufzustellen. So soll achtloses Wegwerfen und die Flächenverschmutzung vermieden werden. Eine Reduzierung der Anzahl an Abfallbehältern durch den Einsatz von solaren Müllpressen mit einem höheren Fassungsvolumen in stark frequentierten Bereichen würde dem entgegenwirken. Außerdem wurden in den letzten zwei Jahren in der Fußgängerzone, rund um den Hauptbahnhof und auf den stark frequentierten Plätzen alle 50 Liter-Abfallbehälter gegen 100 Liter-Behälter ausgetauscht. Die Behälter werden bis zu dreimal täglich entleert und sind selten voll. Im Rahmen der Entleerung werden zudem auch grobe Verunreinigungen im Umfeld der Abfallbehälter beseitigt. Für die Entleerung der Abfallbehälter werden in der Innenstadt ab Herbst zwei Elektrofahrzeuge eingesetzt. Mit ihnen ist eine emissionsarme Entleerung sichergestellt.
Für den Bereich der Isar gilt: Im Bereich des Isar-Hochwasserbettes sind die Anforderungen an das Müllentsorgungssystem sehr unterschiedlich. Die wichtigsten Merkmale sind Leistungsstärke (Müllmenge), Hochwassereignung, Vandalismussicherheit (Stabilität) und Wartungsfreundlichkeit.
Leistungsstärke:
Derzeit stehen im Bereich des Flauchers ca. 17 Gitterboxen (je ca. ein halber Kubikmeter Fassungsvermögen) zur Abfallentsorgung bereit. Zusätzlich zu diesem Angebot sind zwei Hundekotbeutelspender mit Abfallbehälter sowie zur Entsorgung der heißen Grillasche ein Grillkohlebehälter installiert. Neben dem vorhandenen grünen drei Kubikmeter-Container wird an warmen Sommerwochenenden im Bereich der Kiesbank beim Kiosk am
Flaucher zusätzlich ein sieben Kubikmeter-Container zur Müllentsorgung aufgestellt. Insgesamt steht damit im Bereich der Kiesbänke und Wiesen im Isar-Hochwasserbett im Bereich des Flauchers ein Müllvolumen von 12 Kubikmetern und an warmen Wochenenden von 19 Kubikmetern zur Verfügung.
Hochwassereignung:
Als weiterer Anforderungspunkt an das Müllentsorgungssystem ist die Eignung bei Hochwasser zu nennen. Ein schnell auflaufendes Hochwasser (wie aktuell Anfang Juni) darf den Entsorgungsstationen nichts anhaben. Die derzeit vorhandenen Gitterboxen sind „durchströmbar“, d. h. das Wasser läuft von selbst wieder heraus. Auch ein Aufschwimmen, wie es z. B. bei einem geschlossenen Behälter nachteilig wäre, stellt bei Gitterboxenkein Problem dar. Um dieses Aufschwimmen zu verhindern, müssten solare Müllpressen im Isar-Hochwasserbett befestigt werden, was einer schnellen Entfernung im Hochwasserfall entgegenstünde. Die in den solaren Müllpressen vorhandene Mechanik und Elektronik würde im Hochwasserfall irreparablen Schaden nehmen.
Vandalismussicherheit:
Ein zusätzlicher Punkt ist, dass die Müllbehälter weitestgehend vandalismussicher sein sollten. Selbst die derzeitigen sehr stabil konstruierten Gitterboxen müssen regelmäßig instandgesetzt werden. Dies ist bei solaren Müllpressen nicht ohne weiteres möglich bzw. erfordert neben hohem Werkzeug- und Zeitaufwand auch ein besonderes „Know-how“. Für das Baureferat als Unterhaltspflichtigen stellt dies einen unangemessen hohen Aufwand dar.
Aus diesen Gründen lehnt das Baureferat die Installation von solaren Müllpressen im Isar-Hochbett ab.
Das Baureferat stellt in seinen über 2.000 Hektar Grünanlagen und auf den ca. 750 Spielplätzen der jeweiligen Nutzung entsprechend zahlreiche Abfallbehälter bereit. Wenn festgestellt wird, dass Abfallbehälter öfter überfüllt sind, wird in diesem Bereich der Reinigungsturnus erhöht. Die Erfahrungen zeigen im Bereich Grünanlagen und Spielplätze, dass die Abfallmenge in den Abfallbehältern jeweils mit der Verschmutzung der Anlage korreliert. Es geht also nicht alleine um die Leerung der Abfallbehälter, es muss auch der Abfall auf der Fläche gesammelt werden. Eine Reduzierung des Entleerungsturnusses würde in diesem Bereich keine Ersparnisse bringen, weil der Reinigungsturnus für die Flächensäuberung beibehalten werden müsste. Wegen der oft schon jetzt großen Abstände zwischen einzelnen Abfallbehältern würde eine Verminderung der Anzahl (Argument für den Einsatz der solaren Müllpressen) erfahrungsgemäß dazu führen, dass mehr Müll achtlos weggeworfen würde. In der Regel hat man in der Vergangenheit oft die Anzahl der Abfallbehälter erhöht, um einer derartigen Entwicklung entgegenzutreten.
Pizzakartons stellen ein Problem in Grünanlagen dar, da diese oft zur Brotzeit oder zur Mittagspause mitgebracht werden. Die sperrigen Kartons passen nicht in die Abfallbehälter und werden danebengelegt oder gefaltet. An Grillplätzen werden große 1,1 Kubikmeter Müllcontainer bereitgestellt, die auch größere Teile und volle Müllsäcke fassen können. Solare Müllpressen in den bisher bekannten Formen bieten für die erläuterten Problemstellungen kein Verbesserungspotenzial.Das Baureferat hält zum jetzigen Zeitpunkt für den Bereich Grünanlagen und Spielplätze den Einsatz von solaren Müllpressen für unzweckmäßig.
Wir bitten, von den Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.