Baupfusch an der Schulcontaineranlage für die Grundschule an der Flurstraße und Adalbert-Stifter-Realschule in der Au
Anfrage Stadträte Richard Quaas und Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 16.8.2016
Antwort Baureferentin Rosemarie Hingerl:
In Ihrer Anfrage vom 16.08.2016 führen Sie Folgendes aus:
„Wie den Münchner Medien zu entnehmen ist, wird die eigentlich fertigge- stellte Schulcontaineranlage für die Grundschule an der Flurstraße und die Adalbert-Stifter-Realschule nicht in Betrieb gehen können. Bislang wurden für dieses Ausweichquartier für die beiden stark wachsenden Schulen dem Vernehmen nach 4,1 Mio. Euro verbaut und so, wie es sich jetzt offenbar darstellt, im Wortsinne in den Sand gesetzt. Die Anlage, die eigentlich schon zum Beginn des Schuljahres 2015/2016 hätte fertiggestellt sein sollen, ist nach Ansicht des Referats für Bildung und Sport und des Baure- ferates wegen erheblicher Mängel in der Statik und ausgeprägten Planab- weichungen nicht geeignet, in absehbarer Zeit in Betrieb genommen zu werden. Es wird sogar davon gesprochen, dass dieser Neubau auf einem Schulsportgelände abgerissen werden muss, um einem nochmaligen Neu- bau zu weichen. Laut den berichtenden Zeitungen, ist eine Inbetriebnahme der Anlage durch das Referat für Bildung und Sport auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Um besonders die Raumnot der Realschule zu lin- dern, ist jetzt vorgesehen auf einem Rasenstück neben der Bauruine eine Behelfscontaineranlage aufzustellen, bis klar ist, ob und ggf. wann der dau- erhafte, eigentliche Containerersatzbau, entweder nachgebessert werden kann oder durch einen weiteren Ersatzbau ersetzt wird. Der ganze skanda- löse Vorgang erinnert doch sehr an ein Schilda im 21. Jahrhundert!“
Zunächst ist aus Sicht des Baureferates zu dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt Folgendes mitzuteilen:
Das Projekt Flurstraße wurde mit Beschluss der Vollversammlung des Stadtrates vom 20.11.2014 als eine von insgesamt 13 Schulpavillonanlagen beauftragt. Mit dem Beschluss der Vollversammlung vom 04.03.2015 wurde noch eine weitere 14. Anlage beauftragt. Von diesen Anlagen konnten 11 Anlagen fristgerecht in Betrieb genommen werden, zwei Anlagen mit Verspätung.
Schulpavillonanlagen werden zur schnellen Kompensation fehlender räumlicher Kapazitäten von Schulen errichtet. Die Planungs- und Bauzeit fürdie Errichtung von Schulpavillons sind extrem kurz bemessen und sind nur durch den Einsatz von vorgefertigten Modulen möglich und nicht wie im Regelfall bei Bauprojekten durch eine gewerkeweise Ausführung. Die Auftragserteilung erfolgt in diesen Fällen deshalb an einen Generalübernehmer (GÜ). Sämtliche Leistungen für die Ausführungsplanung, die systemabhängigen statischen Berechnungen, die Vorfertigung im Werk sowie die Errichtung vor Ort einschließlich Bauüberwachung und Koordination aller Ausbaugewerke erfolgen „aus einer Hand“ durch den GÜ in eigener Verantwortung. Daher ist die Vorgehensweise mit der üblichen Errichtung herkömmlicher Festbauten, bei denen die Planung und Bauüberwachung vollständig durch externe Büros und die Bauausführung gewerkeweise durch verschiedene Fachbetriebe erfolgt, nicht vergleichbar.
Hinsichtlich der statischen Belange obliegt es ebenfalls dem GÜ, alle erforderlichen Nachweise zu erbringen. Diese ermöglichen es dem von der Bauaufsichtsbehörde beauftragten Prüfingenieur, die Standsicherheit des Gebäudes vor Ausführung zu prüfen und freizugeben, wie auch auf der Baustelle die Übereinstimmung mit den geprüften Berechnungen und Plänen festzustellen. Der GÜ schuldet der Landeshauptstadt München daher eine komplette Leistung inkl. aller Nachweise.
Die Pavillonanlage Flurstraße wurde im Februar 2016 baulich fertiggestellt, konnte aber bis dato nicht in Betrieb gehen. Bei einer Überprüfung der Statik vor Ort durch den Prüfingenieur wurde nachgewiesen, dass die Ausführung der Konstruktion von den genehmigten Plänen und der statischen Berechnung abweicht. Das Baureferat hat daher die Abnahme verweigert und die betreffende Firma mit Fristsetzung dazu aufgefordert, ein Sanierungskonzept vorzulegen und den Mangel zu beheben. Dieses Sanierungskonzept wird derzeit durch den Prüfingenieur beurteilt. Kann der Mangel nicht behoben werden, muss die Anlage vom Generalübernehmer auf seine Kosten rückgebaut und die Leistung neu beauftragt werden.
Ihre Fragen beantworten wir wie folgt:
Frage 1:
Ist es richtig, wie von den Medien berichtet, dass der fertiggestellte Schul- containerbau für die Adalbert-Stifter-Realschule, der zur Entlastung des Gebäudes der Grundschule an der Flurstraße und der ebenfalls dort un- tergebrachten Realschule errichtet wurde, bis auf Weiteres nicht bezogen werden kann?Antwort:
Ja.
Frage 2:
Ist es richtig, dass erhebliche Mängel bei der Bauausführung dazu führen, dass die Containerschule nicht nutzbar ist?
Frage 3:
Stimmt es, dass die Mängel, die die Statik des Gebäudes betreffen und außerdem erhebliche Planabweichungen dazu führen, dass der Bau nicht abgenommen werden kann?
Frage 4:
Lassen sich diese Mängel noch beheben oder ist damit zu rechnen, dass der Neubau wieder abgerissen werden muss?
Antwort zu den Fragen 2 bis 4:
Auf vorstehende Ausführungen wird verwiesen.
Frage 5:
Wenn sich die Mängel noch beheben lassen, mit welcher Umbaudauer des Neubaus wird dabei gerechnet?
Frage 6:
Wenn sich die Mängel nicht beheben lassen, bis wann kann das Gebäude abgerissen werden und wann kann mit einem erneuten Neubau begonnen werden bzw. bis wann ist dann mit der Fertigstellung des Schulgebäudes zu rechnen?
Antwort zu Frage 5 und 6:
Eine abschließende Aussage, ob sich die Mängel beheben lassen oder ein Abriss der Anlage erforderlich ist, ist erst nach vollständiger Prüfung und ggf. Freigabe des Sanierungskonzeptes durch den Prüfingenieur möglich. Eine belastbare Terminaussage zur Fertigstellung der Anlage ist daher derzeit nicht möglich.
Frage 7:
Ist es richtig, dass die Stadt nunmehr einen Interimsersatzbau in Contai- nerform, auf einem Rasenstück neben dem verpfuschten Bau aufstellen will, um die eklatante Raumnot der Realschule in absehbarer Zeit beheben oder lindern zu können?Antwort:
Derzeit ist beabsichtigt, der Schule übergangsweise einen Mietpavillon zur Verfügung zu stellen, der voraussichtlich in den Herbstferien 2016 in Betrieb genommen werden kann und mit fünf Klassenzimmern den akuten Raumbedarf der Realschule abdeckt.
Frage 8:
Wurde die Baufirma, die mit der Errichtung dieses Bauwerks beauftragt wurde, deshalb ausgewählt, weil sie das finanziell günstigste Angebot ab- gegeben hatte?
Antwort:
Das Angebot der beauftragten Firma war das wirtschaftlichste wertbare Angebot. Die im Zuge der Angebotsabgabe von der Firma vorgelegten einschlägigen deutschlandweiten Referenzen ergaben nach Überprüfung keine Anhaltspunkte für eine fehlende Eignung der Firma.
Frage 9:
Hatte die LH München schon früher Aufträge an diese Firma vergeben und, wenn ja, welche und wurden dort evtl. auch schon Unregelmäßigkei- ten bei der Bauausführung festgestellt?
Antwort:
Dem Baureferat ist die Firma nicht aus früheren Aufträgen bekannt.
Frage 10:
Sind die Angaben in der Presse richtig, dass bisher dort 4,1 Mio. Euro ver- baut worden sind?
Antwort:
Die angegebene Summe beziffert die Gesamtprojektkosten und nicht die Auftragssumme der Firma.
Frage 11:
Wenn ja, welche Summen wurden schon an die Baufirma ausbezahlt, be- vor der Pfusch entdeckt worden ist?
Antwort:
Der Firma wurden entsprechend dem Baufortschritt ca. 40 % der Auftragssumme als Abschlagszahlung ausgezahlt. Weitere Zahlungen erfolgten vor dem Hintergrund fehlender Nachweise nicht.Frage 12:
Ist damit zu rechnen, dass die beauftragte Baufirma, wegen dieses kapita- len Fehlers in wirtschaftliche Probleme gerät?
Antwort:
Zu wirtschaftlichen Problemen der Baufirma liegen dem Baureferat keine Informationen vor.
Frage 13:
Rechnet die Stadt mit einer juristischen Auseinandersetzung mit der Bau- firma des Baupfuschs oder bahnt sich eine einvernehmliche Lösung an?
Antwort:
Das Baureferat strebt weiterhin eine einvernehmliche Lösung an. Sollte diese jedoch nicht möglich sein, wird eine juristische Auseinandersetzung mit allen daraus resultierenden Konsequenzen erfolgen.
Frage 14:
Warum wurden die Fehler und Planabweichungen erst bei der Fertigstel- lung der Anlage entdeckt und nicht schon während des Baus?
Frage 15:
Wurde die Bauüberwachung durch das Baureferat selbst oder durch eine beauftragte Firma wahrgenommen?
Frage 16:
Wer zeichnet letztlich für die Bauausführungsüberwachung zuständig und warum konnten so offensichtlich eklatante Mängel nicht von der Bauüber- wachung rechtzeitig aufgedeckt werden?
Frage 17:
Liegt das auch an Mängeln bei der Bauüberwachung, wie z.B. seinerzeit beim Neubau der Kammerspiele, oder wurde eine wirksame Bauüberwa- chung durch den Auftragnehmer verhindert?
Frage 18:
Wer haftet für die Fehler bei der Bauausführung?
Antwort zu den Fragen 14 bis 18:
Wie vorstehend ausgeführt, ist die Vorgehensweise, Aufgabenverteilung und Haftung bei der Durchführung einer Baumaßnahme durch einen GÜ eine grundsätzlich andere als bei der gewerkeweisen Ausführung her-kömmlicher Festbauten und mit dieser nicht vergleichbar. Bei der Errichtung von Schulpavillonanlagen liegen die Ausführungsplanung einschließlich der Statik sowie die Ausführung und Bauüberwachung vor Ort „in einer Hand“– nämlich bei dem beauftragten GÜ. Der beauftragte GÜ haftet also für die ordnungsgemäße Bauausführung – einschließlich der hier problematischen Statik – und hat die Ausführung vor Ort dementsprechend zu überwachen. Ebenso sind vom GÜ in eigener Verantwortung alle statischen Nachweise für die ausgeführte Konstruktion zu erbringen. Die Prüfung und Freigabe der Statik ist allein Aufgabe des von der Bauaufsichtsbehörde bestellten Prüfingenieurs.
Frage 19:
Wenn jetzt ein Interimsbau für diese verpfuschte Containerschule errichtet werden muss, wer kommt für diese Kosten auf und wie hoch werden sie veranschlagt?
Antwort:
Die Kosten sind vom beauftragten GÜ zu tragen. Die Höhe der Mietkosten ist abhängig von der erforderlichen Standzeit des Interimsbaus.
Frage 20:
Welche Konsequenzen zieht das Baureferat und das Referat für Bildung und Sport im Einzelnen aus der Baupleite in der Au?
Antwort:
Das Baureferat wird Ansprüche gegen die beauftragte Firma konsequent verfolgen und ggf. gerichtlich geltend machen.
Frage 21:
Gedenkt der Oberbürgermeister das Revisionsamt bei der Suche nach den Fehlerquellen einzuschalten, bzw. zu beauftragen, damit festgestellte falsche Verfahrenswege und Mängel bei der Bauüberwachung nicht unter den Teppich gekehrt werden können, sondern bei künftigen Bauten, aus diesen, dann festgestellten Fehlern gelernt wird?
Antwort:
Der Oberbürgermeister sieht keine Veranlassung das Revisionsamt einzuschalten. Die Durchführung einer Baumaßnahme durch Generalübernehmer unterliegt klaren Mechanismen, um ein ordnungsgemäßes Bauwerk zu erhalten. Diese wurden vom Baureferat konsequent umgesetzt.