Was ist am 11.5.2016 am NSU-Tatort Bad-Schachener-Straße passiert?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Gülseren Demirel und Dominik Krause (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 17.5.2016
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihre Anfrage vom 17.5.2016 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter in Federführung dem Kreisverwaltungsreferat zur Beantwortung zugeleitet.
Für die gewährte Terminverlängerung bedanken wir uns.
Ihrer Anfrage schicken Sie folgenden Sachverhalt voraus:
„Das den NSU-Prozess begleitende Projekt ‚NSU Watch‘ (unter anderem Sonderpreisträger ‚Journalist des Jahres – Sonderpreis 2013‘ des Medium Magazins) erhebt in einer Pressemitteilung Vorwürfe gegen die Münchner Polizei. Demzufolge soll eine Besuchergruppe am Tatort Bad-Schache- ner-Straße wegen Verdachts auf Spionage unter Anwendung von unmittel- baren Zwang auf die naheliegende Polizeiwache gebracht und gezwungen worden sein, Fotos zu löschen. Gerade in Bezug auf die Rolle der Sicher- heitsbehörden nach den NSU-Morden wiegt dieser Vorwurf schwer.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen teilen wir Ihnen Folgendes mit:
Frage 1:
Was ist aus Sicht der Münchner Polizei am 11.5.2016 vor dem Tatort Bad-Schachener-Straße passiert?
Antwort:
Das Polizeipräsidium teilte auf Anfrage hierzu mit:
„Am 11. Mai 2016, gegen 17 Uhr, gingen fünf Personen auffällig auf öffentlichem Verkehrsgrund an einem Dienstgebäude des Polizeipräsidiums (PP) München in der Bad-Schachener-Straße, 81671 München, vorbei, während eine der fünf mit dem Handy Fotos vom Gebäude fertigte.
Durch die Polizei wurde zunächst lediglich der Fotograf angesprochen und zur Abklärung des Sachverhalts in das Dienstgebäude gebeten. Während der Abklärung wurde aus der Gruppe der anderen Personen mit Händen und Füßen gegen die Eingangstüre der Dienststelle geschlagen. Deshalb wurden auch diese zur Kontrolle in das Dienstgebäude gebeten.Bei Sichtung des Mobiltelefons wurden mehrere Lichtbilder festgestellt. Diese Bilder zeigten das komplette Dienstgebäude sowie die dort angebrachten Sicherheitskameras. Darüber hinaus führte eine der Personen eine Skizze mit sich, auf der ebenfalls grob ein Gebäude mit Fenstern sowie die Wege um das Objekt zu erkennen waren. Auf Nachfrage, wofür die Fotos und die Skizze gefertigt wurden, erklärten die Betroffenen, dass sie ‚die Todesstätte von dem NSU Getöteten besuchen‘ wollten.
Eine schlüssige Erklärung für das Fertigen der Fotos vom Polizeigebäude sowie das Anfertigen der Skizze wurde nicht gegeben.
Aufgrund der festgestellten Fotos mit Darstellung von Sicherheitskameras des Polizeigebäudes, der mitgeführten Handskizze und der Tatsache, dass sich der Tatort des ‚NSU-Mordes‘ zwar auch in der Bad-Schachner-Straße, jedoch in nahezu 100 Metern Entfernung befindet, wurde von einem Ausspähversuch ausgegangen. Vor diesem Hintergrund wurden die Fotos auf Grundlage des Polizeiaufgabengesetzes zur Gefahrenabwehr im Beisein der kontrollierenden Beamten von der Person gelöscht.
Die Personen verhielten sich ansonsten unkooperativ und verweigerten jede Art von Mitarbeit, sodass Durchsuchungen nach Ausweisdokumenten zur Identitätsfeststellung erforderlich waren. Nach Identitätsfeststellungen wurden die Betroffenen vor Ort entlassen.
Nach Darstellung des PP München war während der Kontrolle keine Rede davon, dass es sich bei den Personen um ‚Stipendiaten der Rosa-Luxemburg-Stiftung und ihre Recherche zu Forschungszwecken an einem Tatort des NSU in München‘ gehandelt haben soll.
Aufgrund der medialen Schilderung des Sachverhaltes sowie einem Eintrag auf der Internetseite www.nsu-watch.info, dass die Polizeikontrolle ‚schikanös und diskriminierend‘ gewesen wäre und von einschüchternden Bemerkungen und Drohungen sowie beleidigenden Äußerungen die Rede ist, wurde durch das PP München das Bayerische Landeskriminalamt, Dezernat 13/Interne Ermittlungen, mit den entsprechenden Ermittlungen beauftragt.“
Frage 2:
Auf welcher Rechtsgrundlage beruht das Vorgehen der Polizei?Antwort:
Das Polizeipräsidium München hat, wie bereits in der Antwort zu Frage 1 ausgeführt, mitgeteilt, dass die Maßnahmen auf Grundlage des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) zur Gefahrenabwehr durchgeführt wurden. Mögliche Rechtsgrundlage für die durchgeführten Maßnahmen sind Art. 11 und Art. 13 PAG.
Ich darf Sie um Kenntnisnahme dieser Ausführungen bitten und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.