U-Bahnhof Poccistraße – Drohen weitere Bauschäden?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl, Ursula Sabathil und Mario Schmidbauer (Fraktion Bürgerliche Mitte – Bayernpartei/Freie Wähler) vom 4.7.2016
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
In Ihrer Anfrage vom 4.7.2016 führten Sie als Begründung aus:
„In den letzten Tagen wurde bekannt, dass sich am U-Bahnhof Poccistraße die Deckengewölbe um mehrere Zentimeter abgesenkt haben. Durch ein so genanntes ‚Monitoring‘ sollen mögliche weitere Veränderungen im Blick behalten werden, Ende des Jahres die Decke durch provisorische Maßnah- men abgestützt werden. Das gesamte Bauwerk wäre darüber hinaus‚ sta- tisch zu schwach ausgelegt‘ worden – eine beunruhigende Vorstellung für alle Fahrgäste! Da nicht bekannt ist, ob sich die Decke erst kürzlich oder bereits nach dem Bau des U-Bahnhofes ereignet hat, handelt es sich offen- bar um eine rein zufällige Entdeckung.“
Die in Ihrer Anfrage gestellten Fragen können anhand von Stellungnahmen der Stadtwerke München GmbH/Münchner Verkehrsgesellschaft mbH
(SWM/MVG) und des Baureferates wie folgt beantwortet werden:
Frage 1:
Werden die U-Bahnhöfe im MVG-Bereich regelmäßig auf mögliche bauliche Veränderungen, Schäden und damit auf Sicherheitsrisiken überprüft?
Antwort der MVG:
„Maßgeblich für die Kontrolle von Bauwerken der U-Bahn ist die Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab). Nach deren Vorgaben werden sämtliche Tunnel, Haltestellenbauwerke und Brücken einer regelmäßigen Inspektion (Hauptprüfung) unterzogen. Bei U-Bahnhöfen und Tunneln betragen die Inspektionsfristen 10 Jahre, bei Brückenbauwerken 6 Jahre. Ergänzend zu diesen gesetzlichen Vorgaben werden bei den SWM jeweils zwischen zwei Hauptprüfungen so genannte Einfache Prüfungen durchgeführt, bei denen die Bauwerke ebenfalls kontrolliert werden.“
Frage 2:
Aus welchem Anlass wurde Mitte 2015 ein externes Ingenieurbüro zur Überprüfung des Bahnhofes Poccistraße beauftragt? Gab es zu diesem Zeitpunkt bereits Erkenntnisse über die Deckenabsenkung?Antwort der MVG:
„Die Decken in der Bahnsteigebene des U-Bahnhofs Poccistraße bestehen aus Spannbeton. Schon vor der Inbetriebnahme durch das damalige U-Bahn-Referat der Landeshauptstadt München wurde festgestellt, dass der verwendete Spannstahl spannungsrisskorrosionsgefährdet ist. Die damals an der Planung und am Bau beteiligten Gutachter hatten dem U-Bahn-Referat nach dieser Feststellung die Standsicherheit des Bauwerks nochmals bestätigt. Im Jahr 2011 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung eine Handlungsanweisung zum Umgang mit
spannungsrisskorrosionsgefährdeten Bauwerken veröffentlicht. Die SWM haben in 2012 auf dieser Grundlage ein Gutachten erstellen lassen. Der Gutachter hatte auf der Basis der vorliegenden Unterlagen die Standsicherheit bestätigt, aber eine Sonderprüfung des Bauwerks innerhalb der nächsten 2,5 Jahre empfohlen. Nach intensiver Vorbereitung in 2014 haben die SWM diese in 2015 durchgeführt. Dazu wurden sämtliche vorhandenen Beschichtungen an der Bahnsteigdecke entfernt, vorhandene Risse aufgenommen, Vermessungsarbeiten durchgeführt, das Bauwerk statisch nachgerechnet und die Ergebnisse gutachterlich bewertet. Gegenüber der Entstehungszeit des Bauwerks wurden zusätzliche Risse festgestellt. Ferner ergab die Überprüfung Absenkungen von Deckengewölben im Anschlussbereich zwischen Bahnsteig und Gleisen, bei denen aber nicht festzustellen ist, ob diese bereits seit dem Bau des Bauwerks bestehen. Im Ergebnis ist das Bauwerk nach heutigen Gesichtspunkten statisch zu schwach ausgelegt und muss deshalb saniert werden.“
Frage 3:
Drohen ähnliche bauliche Schäden auch an anderen U-Bahnhöfen aus der Bauzeit der 1960er- bzw. 1970er-Jahre?
Antwort:
Die MVG nahm wie folgt Stellung:
„Die Konstruktion des U-Bahnhofes Poccistraße stellt im Münchner U-Bahnnetz einen Sonderfall dar. Deshalb sind nach heutigem Kenntnisstand mit Ausnahme des Schadens der Schlitzwand-Deckelbauweise derartig umfangreiche Sanierungsarbeiten nicht an anderen Bauwerken zu erwarten. Bei der Schlitzwand-Deckelbauweise muss der Übergangsbereich zwischen Bauwerksdeckel und Seitenwänden saniert werden, da hier Korrosionsschäden vorliegen. Die SWM haben hierzu verschiedentlich berichtet. Derzeit werden die Bahnhöfe Westfriedhof, Ostbahnhof und der Hauptbahnhof unter der Bayerstraße saniert.Weitere Bauwerke mit spannungsrisskorrosionsgefährdetem Stahl werden zur Sicherheit zusätzlich zu den regelmäßig durchgeführten Bauwerksprüfungen in den kommenden Jahren untersucht.“
Das Baureferat bestätigte die Ausführungen der SWM/MVG zur Sonderbauweise des U-Bahnhofes Poccistraße und teilte mit, dass vergleichbare Schäden an anderen U-Bahnhöfen nicht zu erwarten seien.
Frage 4:
Wie schätzt das Baureferat den Sanierungsaufwand ein?
Antwort:
Das Baureferat nahm wie folgt Stellung:
„Der U-Bahnhof Poccistraße befindet sich im wirtschaftlichen Eigentum der Stadtwerke München GmbH, Unternehmensbereich Verkehr. Dieser obliegt damit auch die Beauftragung der Planungen zur Sanierung. Ohne eine solche Planung ist eine Schätzung des Sanierungsaufwandes nicht möglich. Nach Vorliegen entsprechender Planungen wäre die Beantwortung der Frage Sache der Stadtwerke München GmbH als Auftraggeberin.“
Die MVG teilte auf Nachfrage mit, dass hierzu derzeit generell keine seriöse Abschätzung möglich sei. Der Sanierungsaufwand werde im Rahmen der weiter erforderlichen Untersuchungen zu einer Sanierung ermittelt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen hiermit zufriedenstellend beantworten konnte.