Wohnen und Mobilität II Stellplatzablöse in Mobilität vor Ort investieren – Bremer Modell um- setzen
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Anna Hanusch und Sabine Nallinger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 1.3.216
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
In Ihrem Antrag vom 1.3.2016 fordern Sie zum einen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf, die Stellplatzsatzung der Landeshauptstadt München so zu überarbeiten, dass beim Vorliegen von Mobilitätskonzepten vom Bau von Stellplätzen abgesehen werden kann bzw. vorhandene Plätze reduziert werden können, so dass „Wohnen ohne Auto“ bzw. autoreduziertes Wohnen gefördert wird. Zum anderen wird gefordert, dass die erforderliche Stellplatzablöse zweckgebunden für nachhaltige Mobilitätsoptionen der Bewohnerinnen und Bewohner eingesetzt werden soll.
Da für die Beantwortung Ihres Antrages umfangreiche bzw. komplexe Klärungen erforderlich waren, haben wir eine Terminverlängerung bis zum 30.9.2016 erbeten, der sie nicht widersprochen haben.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, teilt Ihnen das Referat für Stadtplanung und Bauordnung auf diesem Wege zu Ihrem Antrag Folgendes mit:
Nr. 1 des Antrages – Thema Mobilitätskonzept:
Im Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung am 29.6.2016 wurde der Beschluss „Stellplatzschlüssel im Wohnungsbau“ (Sitzungsvorlagen Nr. 08-14/V 13593) gefasst. Dem Referat für Stadtplanung und Bauordnung lagen dabei mehrere Anträge aus der Mitte des Stadtrates vor mit dem Inhalt, den derzeit geltenden Stellplatzschlüssel für den Wohnungsbau, insbesondere für den geförderten Wohnungsbau und für Modellprojekte bzw. bei Vorlage von Mobilitätskonzepten neu zu regeln.
In der Beschlussvorlage wird aufgezeigt, welche Möglichkeiten bestehen, den Stellplatzschlüssel einerseits im geförderten Mietwohnungsbau sowie unter besonderen Voraussetzungen zu reduzieren.
Die besonderen Voraussetzungen können bei allen Wohnbauvorhaben zur Anwendung gelangen, d.h. im geförderten Mietwohnungsbau auch in Ergänzung zu dem per se schon abgesenkten Stellplatzschlüssel. Damit nun eine Verringerung des Bedarfs an Stellplätzen für Wohnnutzungen in diesen Fällen anerkannt werden kann, muss unter anderem ein plausiblesMobilitätskonzept zur Förderung des bewussten Verzichts auf den Besitz eines KFZ von der Antragstellerin oder dem Antragsteller vorgelegt werden.
Als Bestandteile eines solchen Konzepts kommen insbesondere folgende Maßnahmen in Betracht:
-Errichtung und dauerhafte Bereitstellung von Stellplätzen, die ausschließlich für Carsharing genutzt werden (u.U. auch Errichtung, Einbindung und Betrieb von Stationen für Carsharing; Organisation von privatem Anwohner-Carsharing)
-Konkrete Förderung der Fahrradnutzung, z.B. durch Herstellung zusätzlicher Abstellplätze (über die Fahrradabstellplatzsatzung hinaus) im Eingangsbereich von Wohnanlagen, Bereitstellung von Pedelecs/E-Bikes, Lastenfahrrädern oder Fahrradanhängern
-Förderung eines Fahrradleihsystems (z.B. in Kooperation mit Mietradanbietern)
-Informations- und Kommunikationsangebote (z.B. Errichtung eines Informationssystems zur Anbindung an den ÖPNV, Entwicklung eines Mobilitätsmanagements für das Quartier)
-Verpflichtung zu Konzepten wie „Autoreduziertes oder autofreies Wohnen“ (= Verpflichtung zum Verzicht auf den Besitz bzw. die Nutzung eines eigenen KFZ) mit Entwicklung eines Controllings (mit der Möglichkeit, die Autofreiheit der Bewohnerinnen und Bewohner eines Wohnprojektes gegenüber der Baugenehmigungsbehörde periodisch zu dokumentieren) und Darstellung, wie der KFZ-Verzicht in der Bewohnerschaft abgesichert werden soll.
-Erhöhung der Attraktivität des ÖPNV durch Förderung vergünstigter Jobtickets
Sofern ein geeignetes Mobilitätskonzept vorgelegt wird und auch die anderen in der o.g. Beschlussvorlage genannten Voraussetzungen erfüllt sind, erfolgt eine entsprechende Reduzierung des Stellplatzschlüssels.
Ihrem o.g. Antrag wurde damit durch den Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 29.6.2016 Rechnung getragen.
Nummer 2 des Antrages – Thema Stellplatzablöse:
Der in Ihrem Antrag beschriebene Einsatz der Stellplatzablöse analog der Stadt Bremen ist auf die Landeshauptstadt München nicht übertragbar. Das Stellplatzrecht der Landeshauptstadt München basiert auf Art. 47 Bayerische Bauordnung in Verbindung mit der Münchner Stellplatzsatzung.Die Bayerische Bauordnung regelt für die Ablöse zum einen, dass die Kosten gegenüber der Gemeinde zu übernehmen, also an die Gemeinde zu zahlen sind, zum anderen, wie die Gemeinde diese Ablösebeträge zu verwenden hat. Einen „Verzicht“ auf die Ablösezahlung, damit die Bauherrin oder der Bauherr den Betrag eigenverantwortlich für Mobilitätsmaßnahmen einsetzt, sieht die Bayerische Bauordnung nicht vor.
Wie bereits oben dargestellt, hat der Ausschuss für Stadtplanung und Bauordnung am 29.6.2016 den Beschluss zum Stellplatzschlüssel im Wohnungsbau gefasst, der für die Verfahren und die Förderung von Wohnbauvorhaben mit reduziertem KFZ-Besitz ebenso einen anderen Verfahrensansatz vorsieht. Nach den im genannten Beschluss dargestellten Rahmenbedingungen sollen bei Vorhaben mit besonderen Mobilitätskonzepten gerade nicht die notwendigen Stellplätze abgelöst (statt hergestellt) werden, sondern es wird vielmehr durch Absenkung des Stellplatzschlüssels, Vereinbarungen über den Inhalt und Betrieb des Mobilitätskonzepts sowie Sicherheitsvorkehrungen für den Fall des Scheiterns des Projekts der notwendige Stellplatznachweis modifiziert.
Die bezahlten Ablösebeiträge werden in der Landeshauptstadt München in einem zentralen „Topf“, die Finanzreserve „Stellplatzablöse“ verwaltet und entsprechend dem in der Bayerischen Bauordnung gesetzlich vorgeschriebenen Zweck über eine referatsübergreifende Lenkungsgruppe und einer fallbezogenen Gesamtsteuerung für kleinteilige und große Projekte verwendet. Eine Finanzierung/Bezuschussung der Mobilitätsmaßnahmen, die die Voraussetzung für eine Absenkung des Stellplatzschlüssels im Einzelfall sind, würde den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen und zu einer doppelten Begünstigung der jeweiligen Vorhaben führen.
Aus oben genannten rechtlichen Gründen kann das von Ihnen vorgeschlagene „Bremer Modell“ nicht in der Landeshauptstadt München umgesetzt werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.