Hält sich München an die Grundsätze guter Unternehmensführung?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (Fraktion Freiheitsrechte, Transparenz und Bürgerbeteiligung (FDP – HUT – Piraten)) vom 20.7.2016
Antwort Oberbürgermeister Dieter Reiter:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt vorausgeschickt:
„In der Privatwirtschaft und bei öffentlichen Unternehmen gab es viele Fehlbesetzungen in Vorständen und Geschäftsführungen. Durch Berufun- gen in der Regel für die Dauer von fünf Jahren kam es häufig zu vorzeiti- gen Vertragsaufhebungen mit erheblichen Kosten für das jeweilige Unternehmen.
Um die Ansprüche auf hohe Abfindungen zu reduzieren, wurden Grund- sätze guter Unternehmensführung entwickelt. In den ‚Grundsätzen guter Unternehmens- und Beteiligungsführung des Bundes‘ wird in Abschnitt 5.1.2. formuliert, dass bei Erstbestellungen in Vorständen/ Geschäftsfüh- rungen die Bestelldauer auf drei Jahre beschränkt werden soll. Die Beschränkung der Bestelldauer ist vor allem dann angezeigt, wenn die zu berufende Person bislang in fachfremden Bereichen tätig war und/oder über keine oder keine vergleichbare Personalverantwortung verfügt. Unter Rot-Grün hat sich die Landeshauptstadt München um diese sinnvol- len Grundsätze nicht gekümmert. Nun besteht die Möglichkeit bei künfti- gen Berufungen in städtische Gesellschaften die Grundsätze des Bundes anzuwenden.
Wir fragen den Oberbürgermeister:
Ist der Oberbürgermeister zusammen mit den mehrheitsbildenden Fraktio- nen aus CSU und SPD bereit, die Grundsätze guter Unternehmensführung des Bundes künftig in München anzuwenden?“
Der Beantwortung Ihrer Anfrage möchte ich Folgendes vorausschicken:
Selbstverständlich existieren auch bei der Landeshauptstadt München vom Stadtrat beschlossene Vorgaben und Regelungen für die Führung und Überwachung der städtischen Unternehmen, die auch eingehalten werden. Diese wurden über die Jahre hinweg weiter entwickelt. Es wird hier insbesondere auf die Juli- und Oktoberberichte verwiesen, in denen dem Stadtrat zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Zielerreichung der Gesellschaften berichtet wird und ggf. Handlungsempfehlungen und Zielvorgaben beschlossen werden. Aktuellste Vorgabe des Stadtrates an die Städ-tischen Beteiligungsgesellschaften ist das Thema Frauenförderung. Hier werden den Geschäftsführungen sehr konkrete Vorgaben gemacht und verbindliche Regelungen und Maßnahmen zur Erhöhung des Frauenanteils in allen Ebenen eingefordert.
Zu Ihrer konkreten Frage kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
In den Grundsätzen guter Unternehmens- und Beteiligungsführung im Bereich des Bundes (Public Corporate Governance Kodex des Bundes) sind wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung von Unternehmen zusammengestellt an denen die Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist. Darüber hinaus enthält der Kodex international und national anerkannte Grundsätze guter Unternehmensführung.
Der PCGK des Bundes stellt auf die Besonderheiten der Beteiligungen und der Beteiligungsführung des Bundes ab. Die kommunalen Unternehmen sind dagegen eher auf die öffentliche Daseinsvorsorge ausgerichtet und decken ein sehr viel breiteres Spektrum ab. Auch die Entscheidungsstrukturen der kommunalen Unternehmen unterscheiden sich wesentlich von denen des Bundes. Die Gesellschaften der LHM sind in Bezug auf Größe, Aufgabe, wirtschaftliche Orientierung oder Zielvorgaben höchst unterschiedlich. Die Anwendung der Grundsätze guter Unternehmensführung des Bundes durch Kommunen ist daher nicht uneingeschränkt sinnvoll und machbar. Vielmehr muss aufgrund dieser Rahmenbedingungen bei kommunalen Gesellschaften wesentlich feiner gesteuert werden. Diese Meinung wird im Übrigen auch in der einschlägigen Fachliteratur vertreten.
Mehrere deutsche Städte (u.a. Köln, Mannheim, Stuttgart, Düsseldorf, Frankfurt a.M.) haben Grundsätze guter Unternehmensführung in einem Corporate Governance Kodex zusammengefasst. Das Präsidium des Deutschen Städtetags hat 2009 Eckpunkte für einen Public Corporate Governance Kodex für kommunale Unternehmen beschlossen.
Mit ganz wenigen Ausnahmen werden die Eckpunkte des Deutschen Städtetages zum Public Corporate Governance Kodex, teilweise schon weil sie gesetzlich vorgeschrieben sind, auch bei der Steuerung und Überwachung der städt. Beteiligungsgesellschaften angewendet. Insofern wird derzeit kein Bedarf gesehen, aus den von Ihnen genannten Gründen einen PCGK bei der LHM einzuführen.
Sie regen mit Ihrer Anfrage vom 21.7.16 darüber hinaus konkret an, die Empfehlung in Abschnitt 5.1.2 des PCGK des Bundes, dass bei Erstbestel-lungen in Vorstände/Geschäftsführungen die Bestelldauer auf drei Jahre beschränkt werden soll, insbesondere wenn die zu bestellende Person bislang in fachfremden Bereichen tätig war und/oder über keine oder keine vergleichbare Personalverantwortung verfügt, künftig für die Gesellschaften der LH München anzuwenden.
In den Public Corporate Governance Kodizes deutscher Städte (beispielhaft wird auf die Kodizes von Köln, Stuttgart und Mannheim verwiesen) wird meist der allgemein übliche 5-Jahreszeitraum für Geschäftsführer/-innenverträge als Maximalzeitraum empfohlen. Verkürzte Vertragslaufzeiten werden zwar nicht ausgeschlossen, aber auch nicht explizit empfohlen.
Unter Berücksichtigung Ihrer o.g. Einschränkung käme eine Anwendung dieser Regelung bei Neuberufungen von Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern städtischer Beteiligungsgesellschaften nur sehr selten in Betracht. I.d.R. verfügen die ausgewählten Personen über entsprechende Erfahrungen. Darüber hinaus ist zu erwarten, dass potentielle Kandidatinnen und Kandidaten für Geschäftsführerpositionen bei Vertragsverhandlungen auf einen entsprechenden finanziellen Ausgleich für die Verkürzung des allgemein üblichen Fünfjahreszeitraums bestehen werden. Insofern dürfte sich der zu erwartende finanzielle Vorteil für die LHM selbst in Fällen, in denen eine Trennung nach der dreijährigen Vertragszeit angezeigt wäre, in sehr engen Grenzen halten.
Die letztendliche Entscheidung über die Vertragsdauer von neuen Geschäftsführungen, obliegt jedoch den jeweils zuständigen Gremien. Sie haben insbesondere die Aufgabe, die verschiedenen Argumente verantwortlich in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen. Auch bei Verabschiedung eines Münchner PCGK müsste dies entsprechend geregelt und den zuständigen Entscheidungsgremien die Möglichkeit einer Entscheidung nach den im konkreten Einzelfall gegebenen Details zugestanden werden. Dies ist derzeit auch ohne eine explizite Regelung in einem PCGK der LHM möglich. Insofern wird derzeit kein Bedarf gesehen, die letztendlich doch sehr spezielle Regelung des Abschnitts 5.1.2. des PCGK des Bundes auch bei der Landeshauptstadt München anzuwenden.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen das Vorgehen der Stadt in dieser Angelegenheit ausreichend dargestellt zu haben.