Fördert das Jobcenter/Sozialreferat Nachhilfeunterricht durch Scien- tologen?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Alexandra Gaßmann und Marian Offman (CSU-Fraktion) vom 23.8.2016
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 23.8.2016 führen Sie Folgendes aus:
„Die Nachhilfeeinrichtung ‚Die Nachhilfe mit Herz‘ im Münchner Osten wird in der Leitung von zwei Personen betrieben, die ausweislich einer In- ternetrecherche (Extrem News/whatdotheyknow) der Scientologen-Sekte angehören. Der Nachhilfeunterricht erfolgt dem Vernehmen nach bereits seit längerer Zeit in einer Privatwohnung.
Gerade in der Ferienzeit würde dort der Nachhilfeunterricht für mehrere Kinder gleichzeitig stattfinden.
Offensichtlich wird von dieser Nachhilfeeinrichtung direkt mit den zuständi- gen Stellen des Sozialreferates abgerechnet. Nach Auskunft von Kindern, welche diesen Nachhilfeunterricht besuchen, sind dort viele Kinder mit Migrationshintergrund. Der Versuch der Beeinflussung von Kindern mit der Ideologie der Sekte der Scientologen im Zusammenhang mit dem Nachhil- feunterricht wäre nicht auszuschließen.“
Zu Ihrer Anfrage vom 23.8.2016 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Wird von den zuständigen Stellen des Jobcenters oder des Sozialrefera- tes für Bezieher von SGB II Regelleistungen oder anderer Leistungen der Nachhilfeunterricht in der Nachhilfeeinrichtung „Die Nachhilfe mit Herz“ finanziert?
Antwort:
Lernförderung wird im Rahmen von Bildung und Teilhabe genehmigt, wenn alle Voraussetzungen vorliegen und die Lernförderung angemessen ist. Dies ist der Fall, wenn sie im Rahmen der örtlichen Angebotsstruktur auf kostengünstige Anbieterstrukturen zurückgreift und die Höhe der Vergütung den ortsüblichen Sätzen entspricht. Die Entscheidung, welches Institut oder welche Person die Nachhilfe erbringt, liegt bei den Eltern. Seitens des Sozialhilfeträgers wird keine Liste möglicher Leistungserbringer vorgehalten, es werden keine Empfehlungen ausgesprochen und es erfolgt – auch aufgrund der Fülle der Anbieter – keine Prüfung, ob die Anbietergeeignet sind. Mögliche AntragstellerInnen sollten jedoch bei Vorsprachen für das Thema sensibilisiert werden. Letztlich verbleibt es jedoch in der Eigenverantwortung der Eltern, für welches Institut sie sich entscheiden. Sollten die Nachhilfestunden also z.B. durch „Die Nachhilfe mit Herz“ tatsächlich erbracht werden, werden die Leistungen auch erstattet. Die Landeshauptstadt München geht keinerlei Vertragsverhältnis mit Anbietern von Lernförderung ein. Der Verein erfährt keinerlei Regelförderung als Zuschussnehmer des Sozialreferats.
Frage 2:
Wenn ja, ist bekannt, dass diese Nachhilfeeinrichtung möglicherweise im Zusammenhang mit der Organisation der Scientologen zu sehen ist?
Antwort:
Nein. Die Nachhilfeinstitute oder Leistungserbringer werden seitens des Sozialreferates nicht auf ihre Geeignetheit hin überprüft, vgl. Antwort 1.
Frage 3:
Wenn ja, besteht die Gefahr, dass die Kinder dort mit der Ideologie der Scientologen konfrontiert werden?
Antwort:
Eine Aussage hierzu ist leider nicht möglich.
Frage 4:
Wenn ja, gibt es gesetzliche Vorschriften, um die Finanzierung von Nach- hilfeunterricht in einer Einrichtung mit dem Einfluss von Mitgliedern der Scientology-Sekte im Rahmen von SGB II-Leistungen zu untersagen?
Antwort:
Nein, da die Auswahl des Nachhilfeinstituts in der Eigenverantwortung der Eltern liegt.
Frage 5:
Handelt es sich bei der Nutzung einer Wohnung für einen Nachhilfeunter- richt möglicherweise um eine ordnungswidrige Zweckentfremdung von Wohnraum?Antwort:
Die Einrichtung „Nachhilfe mit Herz“ befindet sich in der Taimerhoferstraße 1 und wird von einer freien Pädagogin geführt.
Erste Ermittlungen des Amtes für Wohnen und Migration ergaben, dass die gesamte Wohnung im dritten Obergeschoss rechts von 2 Personen bewohnt und als einziger Wohnsitz zu Wohnzwecken genutzt wird. Nach Angaben eines Bewohners finden in diesen Räumlichkeiten Nachhilfestunden für Schülerinnen und Schüler nur nach Bedarf statt. Dies geschehe jedoch nur unregelmäßig. Benötigt wird dafür auch nur ein Tisch in einem Zimmer dieser Wohnung.
Sollten sich diese ersten Erkenntnissen bestätigen, handelt es sich bei dieser Nutzung nicht um eine Zweckentfremdung von Wohnraum. Die Nutzerin der oben genannten Räume benutzt diese zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken mit, die Wohnnutzung überwiegt jedoch (über 50 v. H. der Fläche) und die Räumlichkeiten wurden baulich nicht derart verändert, dass sie für Wohnzwecke nicht mehr geeignet sind.
Damit handelt es sich um eine genehmigungsfreie Mitbenutzung im Sinne von § 4 Abs. 2 Ziffer 3 der Satzung der Landeshauptstadt München über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum (ZeS).
Ich hoffe, Ihre Fragen mit diesen Ausführungen hinreichend beantwortet zu haben.