Mitten in der Stadt vergammelt ein Öffentliches Gebäude – jetzt soll es Partyzone werden – was wird aus dem Kongresssaal des Deut- schen Museums?
Anfrage Stadtrat Richard Quaas (CSU-Fraktion) vom 2.2.2016
Antwort Kommunalreferent Axel Markwardt:
Mit Ihrer Anfrage vom 2.2.2016 sensibilisieren Sie die Stadtverwaltung dahingehend, den historischen Kongresssaal des Deutschen Museums wieder einer adäquaten langfristigen Nutzung zuzuführen. In Ihren Ausführungen weisen Sie darauf hin, dass der jahrelange Leerstand eines quasi öffentlichen Gebäudes weder dem Rang des Museums, der historischen und gesellschaftlichen Funktion des Saals in der Vergangenheit noch seiner prominenten Lage gerecht wird.
Einerseits greifen Sie ursprüngliche langfristige Planungen des Museums für das Gebäude, die bisher leider nicht umgesetzt wurden, auf und stellen andererseits auf aktuell bekanntgewordene temporäre Nutzungen ab. Gleichzeitig weisen Sie auf eine gebäude- und standort-adäquate Nutzungsmöglichkeit in Zusammenhang mit der Sanierung des benachbarten Gasteigs hin.
Sie bitten in diesem Zusammenhang um die Beantwortung der nachfolgenden Fragen, zu denen ich nach Beteiligung der Referate für Stadtplanung und Bauordnung sowie Arbeit und Wirtschaft, dem Kulturreferat und dem Deutschen Museum gerne Stellung nehme. Vorab darf ich Sie zur eigentumsrechtlichen Situation der Flächen des Deutschen Museums darüber informieren, dass lediglich der Grund und Boden des Deutschen Museums Eigentum der Stadt ist. An diesen Flächen wurde mit Vertrag vom 26.10.1954 für die Anstalt des öffentlichen Rechts Deutsches Museum ein Erbbaurecht bestellt; somit ist diese Eigentümerin der Gebäude, die für eine Nutzung entsprechend der satzungsgemäß definierten Aufgabenbereiche des Deutschen Museums überlassen wurden. Eine Gestaltungsmöglichkeit der Stadt bezüglich der Nutzung der in Fremdeigentum stehenden Gebäude ist somit nicht gegeben.
Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden die von Ihnen aufgeworfenen Fragen beantwortet:
Frage 1:
Ist die Stadtspitze mit dem derzeitigen verwahrlosten Zustand des Kon- gresssaalgebäudes des Deutschen Museums, in prominenter Lage zum Eingang der weltberühmten Techniksammlung und in Sichtweite zum prächtig renovierten Müllerschen Volksbad und dem Gasteig zufrieden?Frage 2:
Hat die Stadt deshalb schon mit den Verantwortlichen des Deutschen Mu- seums gesprochen, ob dieser unschöne Zustand in naher Zukunft beendet werden kann und das Gebäude einer dem Zweck entsprechenden Nutzung zugeführt wird?
Frage 3:
Wenn ja, welche Auskunft hat die Stadt von der Museumsleitung erhalten?
Antworten Fragen 1 bis 3:
Für das Kongresssaalgebäude des Deutschen Museums gibt es laut Auskunft des Referats für Stadtplanung und Bauordnung momentan noch keine ausgearbeitete Zukunftsplanung. Das Deutsche Museum arbeitet derzeit im Rahmen der Zukunftsoffensive an Konzepten und Ideen für die künftige Nutzung des Forums der Technik. Der derzeitige Leerstand ist auch aus der Sicht der Stadtspitze und der Stadtverwaltung natürlich unbefriedigend.
Frage 4:
Wenn nein, hat die Stadt kein Interesse an einem, dem Ort adäquaten Er- scheinungsbild?
Antwort:
Selbstverständlich hat die Stadt Interesse an einem dem Ort adäquaten Erscheinungsbild; da sich das Gebäude jedoch nicht im Eigentum der LHM befindet, sind die Einflussmöglichkeiten, wie zu Beginn bereits ausgeführt, äußerst begrenzt.
Frage 5:
Stimmen die Meldungen, dass das Gebäude nunmehr für „Partys“ und Events genutzt werden soll?
Antwort:
Hierzu hat das Deutsche Museum mitgeteilt, dass mit einem Eventveranstalter „ein Vertrag geschlossen wurde, der eine interimistische Nutzung auf fünf Jahre im Erdgeschoss erlaubt. Es ist vorgesehen, eine ganztägige gastronomische Bespielung des Gebäudes (und des Biergartens) mit bewährten Betreibern mit Barbetrieb und Musikveranstaltungen renommierter Künstler einzurichten. Dabei ist ein Tanzbetrieb im gastronomischen Bereich nur an wenigen Tagen in der Woche gestattet.Darüber hinaus werden – wie seit Anbeginn des Kongresssaals – auf freien Flächen alle Arten von Kulturveranstaltungen, wissenschaftlichen Events, Ausstellungen, Fachschafts- und Abiturfeiern, Firmenveranstaltungen oder Messen möglich sein.
Ferner plant das Deutsche Museum, nach Vorliegen der genehmigungsrechtlichen Zustimmungen ein ‚MakerLab‘ gemeinsam mit der TU München in einem Raum des Kongresssaalgebäudes einzurichten und zu betreiben, um auch hier seinen gesellschafts- und bildungspolitischen Anspruch zur erfüllen“.
Frage 6:
Bedarf es für diese Nutzungen der städtischen Zustimmung und wenn ja, muss diese erteilt werden?
Antwort:
Im Hinblick auf den bestehenden Erbbaurechtsvertrag vom 26.10.1954 wurde geprüft, inwieweit das vorgelegte Nutzungskonzept zu einer temporären „Gastronomie & Veranstaltungsnutzung“ für das Erdgeschoss des oben genannten Gebäudes mit dem Erbbaurechtsvertrag vereinbar ist. Maßgeblich für die Nutzung der Gebäude ist der in der Satzung des Deutschen Museums festgelegte Aufgabenbereich. Im Wesentlichen sieht das Nutzungskonzept eine Zweiteilung vor. Auf einer freien Eventfläche sollen alle Arten von Kulturveranstaltungen, Vereinsveranstaltungen, Ausstellungen und Messen, Firmenveranstaltungen, aber auch wissenschaftliche Diskussionsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule München stattfinden. Aus Finanzierungsgründen liegt der Schwerpunkt dabei eher auf Veranstaltungen der Industrie. Das Deutsche Museum sowie dessen Förderverein dürfen die Flächen unentgeltlich für Veranstaltungen nutzen. Auf der restlichen Fläche werden ein Restaurant, eine Bar und ein Club verwirklicht.
Wenn auch das Nutzungskonzept nicht strikt auf kulturelle und wissenschaftliche Tätigkeiten ausgerichtet ist, so hat die Erbbauberechtigte einen Anspruch auf Genehmigung der Zweckerweiterung gegenüber der Stadt, wenn ihr Interesse schutzwürdig und der Stadt als Grundstückseigentümerin die Zweckerweiterung zumutbar ist. Dieses Interesse besteht bereits, da negative Auswirkungen auf den Gebäudebestand bei Leerstand zu befürchten sind und andere Zwischennutzungen sich derzeit nicht realisieren lassen. Da die Zwischennutzung, die zumindest teilweise dem bisherigen Zweck entspricht, nur temporär (fünf Jahre) und auf eine unter-geordnete Fläche des Gesamterbbaurechts (zirka zehn Prozent) bezogen ist, ist sie für die Stadt auch zumutbar.
Einer temporären Nutzung des Erdgeschosses des Kongresssaals wurde insofern unter der Vorgabe zugestimmt, dass die Nutzung auf fünf Jahre befristet erfolgt und der Ertrag aus der Zwischennutzung für das Erbbaurecht verwendet wird. Eine Nutzung über den genannten Zeitraum hinaus bedarf einer erneuten Prüfung. Diese Zustimmung zur temporären Erweiterung des Erbbaurechtszwecks stellt lediglich einen Vertragsvollzug bzw. eine Angelegenheit der laufenden Verwaltung dar.
Darüber hinaus ist auch eine bauordnungsrechtliche Zustimmung erforderlich. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hält den Antrag für eine solche Zwischennutzung grundsätzlich für genehmigungsfähig, soweit ein Bezug zur Museumsnutzung bestehen bleibt. Das Vorhaben bedarf einer Baugenehmigung. Soweit Umbauten notwendig werden, schließt dies auch eine ggf. erforderliche denkmalrechtliche Erlaubnis ein. Generell sicher ist, dass der Kongresssaal im Obergeschoss des Forums nicht ohne weitere erhebliche Ertüchtigungen in Betrieb genommen werden kann.
Frage 7:
Nachdem sich die Pläne für eine Einbeziehung dieses Gebäudedenkmals in die ersten Bauabschnitte des Museumsumbaus aus finanziellen Gründen zerschlagen haben und eine Museumsnutzung in weiter Ferne zu liegen scheint, hat die Stadt gegenüber dem Museum ihr Interesse bekundet, dort evtl. die oder eine Interimsspielstätte, während des Umbaus des Ga- steig zu etablieren?
Frage 8:
Wäre es u.U. möglich, dass die Stadt das Gebäude selbst anmietet und über die Gasteig GmbH einer Nutzung zuführt?
Frage 9:
Wenn ja, welche Möglichkeiten gibt es für so eine Nutzung, bzw. eine Inte- rimsspielstätte oder gab es solche Gespräche bislang gar nicht?
Frage 10:
Wenn nein, warum wird diese sehr naheliegende Lösung nicht verstärkt ins Auge gefasst?Antwort Frage 7 bis 10:
Die Gasteig München GmbH (GMG) wurde gemeinsam mit dem Kultur-
referat im Sommer 2015 beauftragt, Interimsquartiere für alle Nutzer des Gasteigs sowie für alle Spielstätten zu finden. Das Kongresssaalgebäude im Deutschen Museum ist tatsächlich aufgrund seiner Innenstadtlage und Nähe zum Gasteig ein äußerst interessantes Objekt, um als Interimsquartier während der Bauphase Generalsanierung Gasteig in Betracht gezogen zu werden. Allerdings konzentrierten sich die Recherchen eher auf die Eignung als Bibliotheks- und Volkshochschulquartier.
Nach Aussagen des Deutschen Museums scheidet der Standort jedoch für die GMG aus, da dort ab 2020 noch nicht konkretisierte eigene Pläne für das gesamte Gebäude verwirklicht werden sollen.
Frage 11:
Hat die Stadt nicht generell ein Interesse daran, dass der denkmalge- schützte Bau überhaupt, bis das Museum tatsächlich eine Finanzierungs- lösung findet, der Saal und die Nebenräume wieder ihrer ursprünglichen Bestimmung nach genutzt werden?
Antwort:
Die Stadt hat ein uneingeschränktes Interesse daran, die denkmalgeschützten Räumlichkeiten des Kongresssaals ihrer ursprünglichen Bestimmung wieder zuzuführen. Dies ist jedoch wie eingangs erläutert der Erbbauberechtigten als Gebäudeeigentümerin vorbehalten. Wie Sie den Informationen des Deutschen Museums zur Ihrer Frage Nr. 5 entnehmen können, soll „wie seit Anbeginn des Kongresssaals“ die Zwischennutzung vielfältige Veranstaltungen ermöglichen und auch einen „gesellschafts- und bildungs-politischen Anspruch“ erfüllen.
Frage 12:
Ist der Oberbürgermeister bereit, mit den zuständigen Gremien des Deut- schen Museums, über die Zukunft des Kongresssaalgebäudes persönlich zu sprechen, damit ein Schandfleck im Herzen Münchens verschwinden kann und den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt, sowie ihren Gästen wie- der ein schmucker Saal für Veranstaltungen und musikalische Darbietungen aller Art bis auf Weiteres zur Verfügung steht?Antwort:
Der Oberbürgermeister ist bereit, mit den zuständigen Gremien des Deutschen Museums über die Zukunft des Kongresssaals persönlich zu sprechen. Wichtig erscheint aber, dass dazu vom Deutschen Museum als Gebäudeeigentümerin zunächst eigene Konzeptvorstellungen vorgelegt werden.
Ich würde mich freuen, wenn über die temporäre Zwischennutzung zunächst eine Belebung des Kongresssaalgebäudes erreicht würde und dieses Projekt eventuell auch ein erster konkreter Schritt Richtung Rahmenplanung/Belebung des innerstädtischen Isarraums sein könnte.