Zweitwohnungsteuer Mustersatzung rechtswidrig – Auswirkung auf München?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Richard Progl und Ursula Sabathil (Fraktion Bürgerliche Mitte – Freie Wähler/Bayernpartei) vom 11.12.2015
Antwort Stadtkämmerer Dr. Ernst Wolowicz:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgenden Sachverhalt zugrunde gelegt: „Das Verwaltungsgericht München hat am Mittwoch den 9.12.2015 die Zweitwohnungsteuer der Gemeinden Bad Wiessee und Schliersee für rechtswidrig erklärt. Dieses Urteil betrifft über 100 weitere Kommu- nen in Bayern, welche eine nahezu identische Mustersatzung vom Bayerischen Gemeindetag übernommen und eingeführt haben. Auch in München hat der Stadtrat im Jahr 2006 gegen unsere Stimmen die Einfüh- rung einer Steuer auf das Innehaben einer Zweitwohnung beschlossen.“
Ergänzend zu Ihrer Anfrage dürfen wir vorab folgendes ausführen:
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat in zwei Urteilen entschieden, dass ein gestufter Steuertarif, wie ihn mehrere oberbayerische Gemeinden bei der Erhebung von Zweitwohnungsteuer anwenden, rechtswidrig ist und zur Nichtigkeit der jeweiligen Steuersatzung führt.
Konkret betroffen sind der Markt Schliersee und Bad Wiessee. Dort fallen 450 Euro Zweitwohnungsteuer an, wenn die maßgebliche Jahresmiete einer Zweitwohnung zwischen 2.500 und 5.000 Euro beträgt. Zwischen 5.000 und 10.000 Euro Mietaufwand beträgt die Steuer 900 Euro. Dieser Steuertarif führt nicht nur dazu, dass der Steuersatz innerhalb der jeweiligen Stufe um rund die Hälfte sinkt. Auch verdoppelt sich die zu zahlende Steuer, wenn die Jahresmiete nur knapp über der Grenze zur nächsten Stufe liegt.
Diese Regelung verstößt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts gegen das Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit. Sie lehnt sich damit an eine die Stadt Konstanz betreffende Entscheidung des Bundesverfassungsgericht vom Januar 2014 an.
Zwar hätten pauschalierende Steuerstufen den Vorteil für die Gemeinde, dass nicht in jedem Einzelfall die exakte Jahresmiete verifiziert werden müsse. Eine derart erhebliche Ungleichbehandlung wie in den entscheidenden Fällen könne aber nicht mit dem Argument der Verwaltungsverein-fachung gerechtfertigt werden. Die konkret entschiedenen Klagen zweier Wohnungseigentümer gegen Zweitwohnungsteuerbescheide der genannten Gemeinden waren deshalb erfolgreich.
Gegen die Urteile können die unterlegenen Gemeinden wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Fälle nun innerhalb eines Monats unmittelbar Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen.
Demgegenüber berechnet sich in der Landeshauptstadt München die Steuer nicht nach einem gestuften Steuertarif, sondern nach einem festzulegenden Prozentanteil (Steuersatz) aus der Jahresnettokaltmiete. Bei durch den Eigentümer genutzte Wohnungen wird die ortsübliche Vergleichsmiete als Berechnungsmaßstab herangezogen. Gemäß Stadtrats- beschluss vom 13.12.2006 beträgt die Steuer jährlich 9 v.H. der Bemes- sungsgrundlage.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Beruht die Münchner Zweitwohnungsteuersatzung auch auf der Muster- satzung des Bayerischen Gemeindetags?
Antwort:
Die Zweitwohnungsteuersatzung der Landeshauptstadt München beruht teilweise auf der Mustersatzung des Bayerischen Gemeindetags, allerdings nicht die Ausführungen zum Steuertarif, insbesondere enthält die Münchner Satzung keinen Stufentarif.
Frage 2:
Welche Auswirkungen ergeben sich durch das Urteil des Verwaltungs- gerichts München für die Landeshauptstadt?
Antwort:
Die Urteile des Verwaltungsgerichts München haben keine Auswirkungen auf die Zweitwohnungsteuersatzung der Landeshauptstadt München.
Frage 3:
Ist in München auch mit einer Klagewelle gegen die Zweitwohnungsteuer zu rechnen?Antwort:
Die Stadtkämmerei geht wegen der geschilderten Sach- und Rechtslage nicht von einer Klagewelle gegen die Zweitwohnungsteuer aus. Evtl. Klagen haben aus vorgenannten Gründen auch keine Aussicht auf Erfolg.
Frage 4:
Sollte dieses Urteil nicht als Anlass genommen werden, die Zweitwoh- nungsteuer in München abzuschaffen?
Antwort:
Da die Münchner Zweitwohnungsteuersatzung nicht betroffen ist, besteht hierzu kein Anlass.
Der Stadtrat der Landeshauptstadt München hat sich mit Beschluss vom 25.3.2015 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 02400) auf Grund der nach wie vor durch die Zweitwohnungsteuer erzielten Einnahmen von jährlich ca. 10 Mio. Euro (Primär- und Sekundäreffekt) gegen eine Abschaffung dieser Steuer entschieden.