Sicherheitsdienste in Münchner Flüchtlingsunterkünften schulen und zertifizieren!
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Rathaus Umschau 237 / 2016, veröffentlicht am 13.12.2016
Sicherheitsdienste in Münchner Flüchtlingsunterkünften schulen und zertifizieren!
Antrag Stadtrats-Mitglieder Gülseren Demirel, Jutta Koller, Dominik Krause und Oswald Utz (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 1.10.2014
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Mit Schreiben vom 1.10.2014 haben Sie folgenden Antrag gestellt, der im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter dem Kreisverwaltungsreferat zur Bearbeitung zugeleitet worden ist:
„Der Oberbürgermeister wird gebeten, sich beim bayerischen Minis- terpräsidenten für die Einführung einer Zertifizierung für Betreiber von Flüchtlingsunterkünften sowie den dort tätigen Sicherheitsdiensten und die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdestelle einzusetzen. Die Landes- hauptstadt München führt für die Unterkünfte in ihrem Verantwortungsbereich parallel eine solche Zertifizierung sowie Beschwerdestelle ein und schult das von ihr eingestellte Sicherheitspersonal analog zu den auf der Wiesn tätigen Wachdiensten interkulturell und deeskalierend. Diese Schu- lung bietet die Landeshauptstadt München ebenfalls den vom Freistaat engagierten Wach- und Sicherheitsdiensten an.“
Ich bedanke mich für die gewährten Fristverlängerungen und bitte die späte Bearbeitung zu entschuldigen.
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist.
Sie beantragen, dass sich der Oberbürgermeister beim bayerischen Ministerpräsidenten für die Einführung einer Zertifizierung für Betreiber von Flüchtlingsunterkünften sowie den dort tätigen Sicherheitsdiensten und die Schaffung einer unabhängigen Beschwerdestelle einsetzt. Darüber hinaus fordern Sie, dass die Zertifizierung und die Einrichtung einer Beschwerdestelle ebenfalls in städtischen Unterkünften eingeführt und das in diesen Einrichtungen eingesetzte Sicherheitspersonal geschult wird. Anfang 2016 hat das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr eine landesweit einheitliche Verfahrensweise zur Überprüfung der Mitarbeitenden der Sicherheitsunternehmen erlassen. Insoweit ist seitens des Freistaates bereits eine Reaktion auf die Thematik erfolgt. Zudem wird es voraussichtlich ab 2017 eine Änderung der bewachungsrechtlichen Vorschriften geben, die die Verbesserung der Qualität im Bewachungsgewerbe zum Ziel haben. Bezüglich der Beschwerdestelle verweist das Sozialreferat auf die Behandlung des Antrags der Stadtratsfraktion Die Grünen/ Rosa Liste im Sozialausschuss am 16.2.2016.
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, beantworte ich Ihren Antrag mit diesem Schreiben.
Vorab möchte ich anmerken, dass das Kreisverwaltungsreferat bereits im Herbst 2014 zum Thema „Sicherheitsdienst“ einen referatsübergreifenden Arbeitskreis eingerichtet hatte. Aus diesem Grund wurde die Federführung für Ihren Antrag im Mai 2015 durch das Direktorium vom Sozialreferat auf das Kreisverwaltungsreferat übertragen. Durch die zwischenzeitliche Anweisung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr und die geplante Verschärfung des Bewachungsrechts haben sich die Festlegungen des Arbeitskreises weitestgehend erledigt. Um den Antrag nicht erneut an das Sozialreferat zurück zu übertragen und um die Bearbeitung schnellstmöglich abzuschließen, hat das Kreisverwaltungsreferat – in Abstimmung mit dem Sozialreferat und unter Einbindung der Fachreferate – die Federführung beibehalten und die Beantwortung übernommen.
Zu Ihrem Antrag nehmen das Kreisverwaltungsreferat, das Kommunalreferat, das Direktorium – Vergabestelle 1 und das Sozialreferat wie folgt Stellung:
Grundsätzlich ist festzustellen, dass Sicherheitsunternehmen, die im Bereich des Objektschutzes und des Schutzes von Flüchtlingen eingesetzt sind, in einem besonders sensiblen Bereich tätig sind. Die Flüchtlinge sind aus vielerlei Gründen besonders schutzbedürftig.
Insoweit begrüßen die Referate ausdrücklich, wenn möglichst hohe Standards an die Qualität der Sicherheitsunternehmen angelegt werden. Dies beinhaltet auch die Implementierung von Verfahren, um die geforderten Standards kontrollieren zu können.
1 Zertifizierung für Betreiber von Flüchtlingsunterkünften
Die in dem Arbeitskreis ausgearbeiteten Standards (1.1) sind zum Teil wegen der Weisung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr (1.2) und den gesetzlichen Änderungen in der Bewachungsverordnung (1.3) hinfällig geworden. Zur besseren Überprüfung der Betreiber von Flüchtlingsunterkünften hat die Vergabestelle 1 des Direktoriums eine Trennung der Ausschreibung hinsichtlich Betreiber und Bewachungsfirma (1.4) angeregt.
1.1 Stadtinterne Festlegungen
Das Kreisverwaltungsreferat hatte bereits im Herbst 2014 zum Thema „Sicherheitsdienst“ einen referatsübergreifenden Arbeitskreis eingerichtet. An diesem haben die Gewerbebehörde des Kreisverwaltungsreferats, die Vergabestelle 1 des Direktoriums, das Kommunalreferat – Infrastrukturelle Dienstleistungen, das Sozialreferat – Stelle für interkulturelle Arbeit und das Stadtjugendamt sowie die Fachstelle für Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit teilgenommen. Ziel war es, Maßnahmenvorschläge zur Verbesserung des Datenaustausches zwischen den verschiedenen Dienststellen zu erarbeiten und durch eine Änderung der Vergabevoraussetzungen einen besseren Sicherheitsstandard zu erzielen.
Kommunalreferat
Das Kommunalreferat erstellt die Leistungsbeschreibung der Ausschreibungsunterlagen für städtischen Unterkünfte, welche im Rahmen der Auftragserteilung Vertragsbestandteil wird. Qualitative Anforderungen an das Sicherheitspersonal können hierbei bereits unter Berücksichtigung der gesetzlichen Vorgaben verankert werden. Weiterer Vertragsbestandteil sind die Ergänzenden Vertragsbedingungen für Sicherheitsdienstleistungen (EVS), welche gemeinsam mit der Vergabestelle 1 des Direktoriums gepflegt werden. Diese regeln grundlegende, wiederkehrende Vertragsinhalte, die allgemeingültig sind (z.B. Kündigungsregelungen, Pausen, Uniform).
Direktorium – Vergabestelle 1
Die Bewachungsunternehmen müssen mit dem Angebot umfangreiche
Eigenerklärungen zur Zuverlässigkeit abgeben. Für das verantwortliche Personal werden von der Vergabestelle vor dem Zuschlag Auszüge aus dem Gewerbezentralregister eingeholt. Das Bewachungsunternehmen wird auch vertraglich verpflichtet, die Bewachungsverordnung einzuhalten und nur Personal einzusetzen, das jederzeit für eine demokratische Grundordnung und demokratische Werte eintritt. Jegliches extremistische, rassistische, gewaltverherrlichende oder bestimmte Bevölkerungsteile diskriminierende Verhalten bzw. Äußerungen sind zu unterlassen.
Sozialreferat
Parallel dazu hat das Sozialreferat bereits im Rahmen der Leistungsbeschreibungen darauf geachtet, dass nur geeignetes Bewachungspersonal eingesetzt wird. Das Sozialreferat teilte dazu mit, dass in den bestehenden Leistungsbeschreibungen für die Notquartiere und Flüchtlingsunterkünfte im städtischen Betrieb sowie für das Ankommenszentrum Young RefugeeCenter (YRC) u.a. die Qualifikationen des Personals bezüglich Sprachkenntnissen (Deutsch, Englisch, nach Möglichkeit auch eine arabische Sprache), Auftreten, Verhalten gegenüber der Zielgruppe, ausgeprägtem interkulturellen Verständnis, konfliktarme Kommunikation, Zuverlässigkeit etc. gefordert werden. Derzeit ist es allein in der Verantwortung der Unternehmen, dass das eingesetzte Personal diese Anforderungen und Soft-Skills erfüllt. Eine Überprüfung der Qualifikation erfolgt nicht. Die Umgangsweise des Wachpersonals mit den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie deren Auftreten und Kleidung werden beobachtet. Bei Auffälligkeiten kooperieren die städtischen Dienstkräfte rasch und eng mit den jeweiligen Einsatzleitungen der Unternehmen.
Kreisverwaltungsreferat
Aufgrund der Vorfälle in Flüchtlingsunterkünften im September 2014 in Nordrhein-Westfalen hatte sich die Gewerbebehörde des Kreisverwaltungsreferates – in Absprache mit dem Sozialreferat und der Vergabestelle 1 des Direktoriums – in der Vergangenheit bereit erklärt, die Überprüfung des einzusetzenden Wachpersonals der vom Stadtjugendamt und vom
Amt für Wohnen und Migration betreuten Flüchtlingsunterkünfte beim Landesamt für Verfassungsschutz durchzuführen. Damit sollte verhindert werden, dass Bewachungspersonal in den Unterkünften eingesetzt wird, das einen extremistischen Hintergrund hat. Eine zusätzliche Überprüfung bei der Polizei hinsichtlich Straftaten etc. erfolgte nicht, da dies mit den vorhandenen Personalkapazitäten in der Gewerbebehörde nicht bewerkstelligt werden konnte. Aus diesem Grund wurde von der Gewerbebehörde nur anhand der von den Objektbetreibern übermittelten Liste „Meldung über den Einsatz von Wachpersonen“ zusätzlich geprüft, ob die gemeldeten Personen bereits gewerberechtlich als zuverlässig eingestuft worden sind. Die Gewerbebehörde München konnte dies nur für Sicherheitspersonal von Bewachungsunternehmen, die ihren Firmensitz in München haben, durchführen. Bei auswärtigen Bewachungsunternehmen wurden die gemeldeten Personen bislang an die zuständigen Landratsämter mit der Bitte um Prüfung weitergeleitet.
1.2 Neues Verfahren zur Überprüfung der Mitarbeitenden von Sicherheitsunternehmen
Anfang März 2016 teilte die Regierung von Oberbayern mit, dass für die sicherheitsrechtliche Überprüfung sämtlicher in Asylbewerberunterkünften eingesetzter Sicherheitsdienstmitarbeiter ein einheitlicher Meldeweg über die Regierungen an das Bayerische Landeskriminalamt und das BayerischeLandesamt für Verfassungsschutz durch ein Innenministerielles Schreiben vom 7.1.2016 vorgegeben worden ist.
Im Einzelnen läuft das Verfahren wie folgt ab:
Sämtliches Wachdienstpersonal, das im Bereich der Asylbewerberunterbringung eingesetzt oder einzusetzen geplant wird, wird mit Name, Vorname, Geburtsdatum und -ort sowie dem Objekt, in dem der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin eingesetzt wird und der beschäftigenden Firma in das bereitgestellte Modul eingetragen und gesammelt per Mail an die Regierung von Oberbayern übermittelt.
Das eben beschriebene Verfahren gilt damit auch für alle staatlichen Einrichtungen, so dass ein gemeinsamer Standard für das eingesetzte Sicherheitspersonal bei staatlichen und städtischen Unterkünften für Asylbewerber besteht.
1.3 Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften
Zusätzlich wurde in den letzten Monaten das Bewachungsrecht überarbeitet. Der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie zur Änderung bewachungsrechtlicher Vorschriften soll im Herbst 2016 dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt werden, nachdem er
im Juni und Juli 2016 vom Bundestag beraten worden ist. Danach muss u.a. die Zuverlässigkeit der Inhaber einer Bewachererlaubnis sowie des Sicherheitspersonals künftig alle drei Jahre durch die zuständige Behörde überprüft werden. Im Rahmen der Zuverlässigkeitsprüfung erfolgt dann eine regelmäßige Abfrage bei der Polizeibehörde des Wohnsitzortes der Sicherheitsdienstmitarbeiterin bzw. des Sicherheitsdienstmitarbeiters. Die Abfrage beim Landesamt für Verfassungsschutz soll weiterhin fakultativ möglich sein.
Darüber hinaus wird die Sachkundeprüfung und das Unterrichtungsverfahren grundsätzlich beibehalten. Allerdings soll der Kreis der Bewachungsaufgaben, zu deren Durchführung auch das Bewachungspersonal eine Sachkundeprüfung ablegen muss, erweitert werden. Zum einen soll generell beim Einsatz im Gastgewerbe (und nicht nur im Einlassbereich von Diskotheken) ein Sachkundenachweis verlangt werden. Zum anderen sieht der Referentenentwurf vor, den Sachkundenachweis auch von Bewachungspersonal zu fordern, das z.B. bei Großveranstaltungen oder in Flüchtlingsunterkünften in leitender Funktion eingesetzt wird. Betroffen wäre Bewachungspersonal, das für die Organisation der Bewachung vor Ort verantwortlich und weisungsbefugt gegenüber anderen Bewachern ist. Der damit verbundene Personalmehrbedarf bei der Gewerbebehörde wird nach Zustimmung durch den Bundesrat in einer separaten Beschlussvorlage im Stadtrat dargestellt und beantragt.
1.4 Trennung der Ausschreibung hinsichtlich Betreiber und Bewachungsfirma
Die Vergabestelle 1 des Direktoriums hat explizit darauf hingewiesen, dass sie aus Gründen der besseren gegenseitigen Kontrolle eine Trennung von Betreiber und Bewachungsfirma für die Unterkünfte ausdrücklich befürwortet. Damit könnte auch erreicht werden, dass nur solche Bewachungsunternehmen zum Zuge kommen, welche die dafür erforderliche Erlaubnis besitzen und die gewerblich vorgeschriebenen Prüfungen abgelegt haben. Soweit die Sicherheitsunternehmen lediglich als Subunternehmer des Unternehmens, das für den Betrieb der Unterkunft sorgt, tätig sind, sei dies nicht hinreichend sicherzustellen. Das Sozialreferat unterstützt diese Auffassung grundsätzlich, möchte aber auch weiterhin im Einzelfall Ausnahmen und eine gemeinsame Vergabe zulassen. Dies ist natürlich jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls abzuwägen.
Unabhängig davon hält das Sozialreferat ein sofortiges generelles Umsteuern derzeit nicht für machbar. Etliche potenzielle Betreiber sind auf das bisherige Verfahren eingestellt und haben zum Teil gültige Verträge mit entsprechenden Dienstleistern. Daher müsste eine Übergangsfrist eingeräumt werden. In Einzelfällen, in denen eine sofortige Veränderung denkbar erscheint, kann dies unabhängig von der Übergangszeit auch sofort erfolgen oder ist bereits erfolgt. Schließlich gilt es aus Sicht des Sozialreferates auch zu bedenken, dass es Träger gibt, die Betrieb und Asylsozialberatung aus einer Hand anbieten. Hier sollte dann der Grundsatz gelten, dass „alles aus einer Hand“ auch weiterhin möglich bleibt, um nicht unnötige Schnittstellen im Controlling zu schaffen.
Zuletzt sind in einer Reihe von Fällen die Besonderheiten des dort durchgeführten Trägerauswahlverfahrens zu berücksichtigen.
2. Einrichtung einer gesonderten Beschwerdestelle
Die Einrichtung einer weiteren gesonderten Beschwerdestelle wird von Seiten des Sozialreferates nicht unterstützt. Hierzu verweist das Sozialreferat auf den Antrag der Stadtratsfraktion Die Grünen/Rosa Liste vom 13.5.2015, in München eine unabhängige Ombudsstelle für Geflüchtete einzurichten (Ombusstelle für Geflüchtete, Sozialausschuss am 16.2.2016, Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 05021). Flüchtlingen muss selbstredend die Möglichkeit gegeben werden, sich an eine kompetente und ggf. vertrauliche Stelle bei Problemen wenden zu können. Es muss sich dabei um eine einfache, niederschwellige Lösung handeln und im besten Falle um bereits bekannte und vertraute Ansprechpersonen. Eine eigene für diesen Zweck institutionalisierte Stelle ist dafür nicht erforderlich.Für die in der Erstaufnahmeeinrichtung und in den Gemeinschaftsunterkünften lebenden Flüchtlinge sind die Sozialdienste in den jeweiligen Einrichtungen auf niederschwelligster Ebene als Erstansprechpartner erreichbar, zu denen die Bewohnerinnen und Bewohner bereits Kontakt und auch Vertrauen haben. Diese können zwar nicht als formale Beschwerdestellen auftreten, aber im regelmäßigen Austausch mit der Regierung von Oberbayern und der Landeshauptstadt München können Beschwerden weiter- gegeben werden.
Beschwerden über Sicherheitspersonal werden bereits jetzt von Privatpersonen, Institutionen oder Vereinen an die Gewerbebehörde gemeldet. Diesen wird nachgegangen und bei Personal von auswärtigen Bewachungsfirmen die Beschwerde an die zuständige Gewerbebehörde des Firmensitzes weitergeleitet.
3. Schulungen
In Ihrem Antrag fordern Sie zudem interkulturelle und deeskalierende Schulungen für das eingestellte Sicherheitspersonal analog zu den auf der Wiesn tätigen Wachdiensten.
Dazu nimmt das Sozialreferat – Stelle für interkulturelle Arbeit – wie folgt Stellung:
Um in den Unterkünften ein friedliches und sicheres Zusammenleben zu gewährleisten, ist eine geeignete Personalauswahl und anschließende passgenaue Qualifizierung des Personals vor Ort erforderlich. Dies gilt sowohl für das städtische Personal wie auch für das Sicherheitspersonal, das von den beauftragten Sicherheitsunternehmen in den Unterkünften eingesetzt wird.
Zum 1.1.2016 waren ca. 580 Wachpersonen in den städtischen Notquartieren und Flüchtlingsunterkünften eingesetzt. Darüber hinaus werden im Laufe des Jahres 2016 eine erhebliche Anzahl weiterer Unterkünfte eröffnet werden, die ebenfalls mit einem Wachpersonal geschützt werden. Hinzu kommt die erhebliche Fluktuation, die bei den Beschäftigten der Sicherheitsunternehmen zu verzeichnen ist. Derzeitige vorsichtige Schätzungen gehen von einem Bedarf von ca. 1.100 Wachpersonen für das Jahr 2016 aus.
Es liegt im Verantwortungsbereich der Sicherheitsunternehmen die Beschäftigten für ihren Einsatz hinreichend zu qualifizieren. Voraussetzung dafür ist, dass dem Sicherheitsunternehmen ausreichend Zeit nach der Beauftragung eingeräumt wird.Eine Schulung des Sicherheitspersonals in den Themenfeldern Deeskalation und interkulturelle Grundlagen durch die Stadtverwaltung im Gegenzug zur Freistellung der Beschäftigten durch die Sicherheitsunternehmern bedürfte darüber hinaus einer komplexen Vertragsgestaltung mit anschließend erheblichem Überprüfungs- und Kontrollaufwand.
Aus diesen Gründen kann eine nachhaltige Qualifizierung des Sicherheitspersonals von Seiten der Stadtverwaltung nicht erfolgen.
Folgende Qualifikationsmaßnahmen ergreift das Sozialreferat, um in den Unterkünften ein friedliches und umsichtiges Miteinander zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern sowie gegenüber den Beschäftigten der Stadtverwaltung und des Sicherheitspersonals zu gewährleisten.
Das Amt für Wohnen und Migration setzt in den Notquartieren und Flüchtlingsunterkünften städtische Dienstkräfte wie Hausverwaltungen, Haussicherheit- und Servicepersonal (HSP) und Hausmeister ein. Diese Mitarbeitenden stehen in der Arbeit mit Bewohnerinnen und Bewohnern häufig äußerst schwierigen Situationen gegenüber. Das Sozialreferat setzt deshalb seit April 2016 in diesem Bereich ein Fortbildungskonzept mit Schulungen zu den Themenfeldern „Konflikt- und Kommunikationstraining“, „Deeskalation und Selbstschutz“ sowie „Interkulturelle Verständigung und Umgang mit traumatisierten Personen“ um. Zur Teilnahme werden alle städtischen Beschäftigten verpflichtet, die in den Notquartieren und Notunterkünften für Flüchtlinge tätig sind. Diese können dann auch für das externe Sicherheitspersonal vor Ort als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren fungieren.
Anders stellt sich der Sachstand bei der Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen dar.
Die Dependancen für unbegleitete Minderjährige sind in der Trägerschaft des Sozialreferates – Stadtjugendamt. Das pädagogische Fachpersonal, das von derzeit neun verschiedenen freien Trägern (JHUMF) gestellt wird, arbeitet von 8 bis 23 Uhr. Der Wachdienst wird rund um die Uhr eingesetzt. In der Zeit zwischen 23 und 8 Uhr gibt es eine pädagogische Rufbereitschaft.
Neben einer engen Kooperation zwischen Wachdienst und pädagogischem Personal ist eine gute Schulung des Wachpersonals von besonderer Bedeutung. Im Bereich der Jugendhilfe sind aufgrund der Fluchthintergründe und oft traumatischen Erlebnisse der unbegleiteten Minderjährigen zusätzliche Schulungsaspekte und zum Teil ausführlichere Schulungsprogramme notwendig. Daher hatte das Stadtjugendamt zunächst mit drei Unternehmen gesonderte vertragliche Vereinbarungen bzgl. Schulungen. Hier wurden bereits eigene Schulungskonzepte für das Wachpersonal entwickelt.Das Sozialreferat, Amt für Wohnen und Migration, fordert in Ausschreibung und Leistungsbeschreibung seiner Sicherheitsdienste stets: „Der Auftragnehmer hat zudem sicherzustellen, dass die zum Einsatz kommenden Sicherheitskräfte, hinsichtlich der Zielgruppe („Asylbewerber“) respektvoll, interkulturell kompetent und für die besondere Lebenssituation von Flüchtlingen sensibilisiert sind.“
Da es der Stadt München selbst nicht möglich ist, das eingesetzte Wachpersonal entsprechend zu schulen, ist eine darüber hinausgehende Schulung des Wach- und Sicherheitspersonals des Freistaates ebenfalls aus finanziellen Gründen nicht möglich.
4. Einsatz von Sicherheitspersonal in sensiblen Objekten
Neben den Unterkünften für die Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen gibt es noch eine Vielzahl von sensiblen Objekten, bei denen Sicherheitspersonal eingesetzt wird. Hierzu zählen Dienststellen und deren Gebäude, die besonders schützenswert sind, wie das Jüdische Museum oder das NS-Dokumentationszentrum. Aber auch Ämter mit als teils schwierig einzuschätzendem Parteiverkehr, u.a. das Kreisverwaltungsreferat oder die Sozialbürgerhäuser.
In dem oben genannten Arbeitskreis wurden auch diese Objekte mit dem dort eingesetzten Sicherheitspersonal in die Liste „Meldung über den Einsatz von Wachpersonen“ aufgenommen. Ziel ist es, dass künftig bereits bei der Auftragsvergabe durch die Vergabestelle 1 des Direktoriums Personendaten von Sicherheitspersonal, das zur Bewachung besonders sensibler Objekte eingesetzt werden soll, abgefragt werden können. Dies ist durch die Aufnahme von privatrechtlichen Vereinbarungen in den Verträgen möglich. Dadurch soll ein Mehr an Qualität und Sicherheit gewährleistet werden. Die Gewerbebehörde übernimmt die Datenprüfung und stellt ggf. die daraus gewonnenen Erkenntnisse der Vergabestelle 1 des Direktoriums zur Verfügung.
Die Bewachungsunternehmen bekommen bei der Vertragsvergabe von der Vergabestelle 1 eine Liste „Meldung über den Einsatz von Wachpersonen“, die rechtzeitig vor dem Beginn der Übernahme des Bewachungsauftrags ausgefüllt und über das Fachreferat an die Gewerbebehörde gesendetwird. Bei Münchner Firmen wird durch das Kreisverwaltungsreferat überprüft, ob die Personen bereits gemeldet und für zuverlässig erklärt wurden. Sollten die Personen noch nicht nach § 34 a GewO gemeldet und überprüft sein, wird der Bewachungsunternehmer aufgefordert, die Personen unverzüglich entsprechend § 9 BewachV zu melden. Darüber hinaus wird das Bewachungsunternehmen nochmals darauf hingewiesen, dass ein Einsatz erst nach abgeschlossener Zuverlässigkeitsprüfung erfolgen darf. Bei Personen, die für „Nichtmünchner“ Firmen zum Einsatz kommen sollen, wird die entsprechende Sicherheitsbehörde kontaktiert, um zu überprüfen, ob die Zuverlässigkeitsprüfung für diese Personen positiv abgeschlossen wurde.
In beiden Fällen – unabhängig ob die Person im Stadtgebiet oder auswärts wohnt – erfolgt eine Überprüfung durch das Landesamt für Verfassungsschutz und beim Polizeipräsidium München durch die Gewerbebehörde München.
Aufgrund der oben beschriebenen Maßnahmen ist die Einführung einer Zertifizierung der Betreiber von Flüchtlingsunterkünften nicht mehr erforderlich. Die Einrichtung einer Beschwerdestelle und die Durchführung von Schulungen wurden von Seiten des Sozialreferates negativ beurteilt. Auch ein Anschreiben an den bayerischen Ministerpräsidenten erübrigt sich damit aus meiner Sicht.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.