Umgang mit Pokémon GO?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Dr. Wolfgang Heubisch, Dr. Michael Mattar, Gabriele Neff, Thomas Ranft und Wolfgang Zeilnhofer (Fraktion Freiheitsrechte, Transparenz und Bürgerbeteiligung (FDP – HUT – Piraten)) vom 28.7.2016
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Thomas Böhle:
Ihre Anfrage vom 28.7.2016 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter in Federführung dem Kreisverwaltungsreferat zur Beantwortung zugeleitet.
Für die gewährte Fristverlängerung bedanken wir uns.
Ihrer Anfrage schicken Sie folgenden Sachverhalt voraus:
„Berichten zufolge haben die Anwohner am Bordeauxplatz keine Ruhe mehr, seit am 13. Juli die Handy-App Pokémon GO in München erschienen ist. Virtuelle Pokémons werden an realen Plätzen hinterlegt, wo sie mit dem Handy aufgenommen werden können. Der Weg soll während der Mission mitunter auch durch private Grundstücke oder Gebäude führen. Der Bordeauxplatz soll im Spiel ein echter Hotspot sein. Hier sollen sieben virtuelle Pokémons liegen, die eingesammelt werden können. Aus diesem Grund gibt es mittlerweile zu jeder Tages- und Nachtzeit große – leider auch lärmende – Menschenaufläufe am Bordeauxplatz. Dadurch wird in die Lebensqualität (z.B. Nachtruhe etc.) vieler Anwohner eingegriffen.
Wir bitten daher den Oberbürgermeister um die Beantwortung der folgenden Frage:
Welche Möglichkeiten hat die Stadt München, um durch Pokémon Go verursachte Unruhe zu verhindern?“
Zu der von Ihnen gestellten Frage teilen wir Ihnen Folgendes mit:
Ausgangslage am Bordeauxplatz
In der Tat hat sich der ohnehin belebte Bordeauxplatz in den letzten Wochen und Monaten zu einem beliebten Treffpunkt von Münchner Pokémon Go-Spielern entwickelt. Pokémon Go ist ein Spiel für sogenannte Handheld-Mobilgeräte wie Smartphones und Tabletcomputer. In dem Spiel können die Spieler virtuelle Fantasiewesen fangen, trainieren, entwickeln und in virtuelle Kämpfe gegen andere Pokémon schicken.Die Situation insbesondere rund um den Brunnen am Bordeauxplatz ist daher gerade an lauen Sommerabenden, aber auch an Regentagen von der Anwesenheit einer großen Anzahl an friedlichen Mitspielerinnen und Mitspielern gekennzeichnet. Aufgrund der durch die Vielzahl der Besucherinnen und Besucher des Platzes generierten Geräuschkulisse kam es in den Nachtstunden wiederholt zu Anwohnerbeschwerden wegen Lärmstörung. Dem KVR liegen bislang acht Beschwerden aus der unmittelbaren Nachbarschaft vor.
Das Treffen und der Aufenthalt auf dem Bordeauxplatz, um gemeinschaftlich einem virtuellen Gesellschaftsspiel nachzugehen, ist grundsätzlich nicht verboten und unterliegt noch dem Gemeingebrauch von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Eine Überschreitung des Gemeingebrauchs liegt erst dann vor, wenn durch die intensive Nutzung des Platzes regelmäßig Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten, die von den Mitspielerinnen und Mitspielern ausgehen, verwirklicht würden. Dies ist nach unseren Erkenntnissen nicht der Fall.
Nach Mitteilung des Polizeipräsidiums München, bestreift die Polizeiinspektion 21 den Bereich bereits seit Bekanntwerden der Situation regelmäßig und führt entsprechende Aufklärungsgespräche mit angetroffenen Personen. Weiterführende Maßnahmen (Platzverweise o.ä.) mussten bislang nicht ergriffen werden. Nach Aussage des Polizeipräsidiums München gab es dort nur vereinzelte Beschwerden von Anwohnerinnen und Anwohnern. Diese nächtlichen Ruhestörungen wurden eingestellt, Anzeige wurde bisher nicht erstattet. Aufgrund der aktuellen Beschwerdelage handelt es sich deshalb aus polizeilicher Sicht (noch) nicht um einen Brennpunkt, der weiterführende Maßnahmen erforderlich machen würde.
Problemlage am Bordeauxplatz
Das eigentliche Problem und charakteristisch für die Nutzung dieses Platzes sind die bis in die späten Nachtstunden geführten Gespräche durch die anwesenden Personen. Die Vielzahl der Besucherinnen und Besucher erzeugt durch die Gesamtheit der geführten Gespräche vor allem zur Nachtzeit eine Geräuschkulisse, die von den Anwohnerinnen und Anwohnern als belästigend empfunden wird. Es sind in der Regel keine „Störer“ vorhanden, gegen die rechtlich (z.B. wegen Ruhestörung) vorgegangen werden könnte. Die überwiegend jungen Menschen verweilen friedlich an
der Örtlichkeit, d.h. es wurden bislang nahezu keine sicherheitsrechtlich relevanten Verstöße (z.B. Körperverletzung, Sicherheitsstörungen durch Alkoholmissbrauch, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Beleidigungen, Diebstahl, Sachbeschädigung usw.) festgestellt. Der Bordeauxplatz ist damit im Vergleich zu anderen neuralgischen Örtlichkeiten im Stadtgebiet – erfreulicherweise – sicherheitsrechtlich unauffällig.
Prüfung von Problemlösungsansätzen Polizeiliche und sicherheitsrechtliche Maßnahmen
Die zentrale Grünfläche auf dem Bordeauxplatz ist eine Grünanlage im Sinne der städtischen Grünanlagensatzung. Die umliegenden Gehwege und Fahrbahnen sind als Ortsstraßen gewidmet und für sie gelten die Bestimmungen des Bayerischen Straßen- und Wegegesetzes.
Grundsätzlich ist die abendliche bzw. nächtliche Kommunikation im Rahmen des erlaubten Gemeingebrauchs von Grünanlagen und Straßen
zulässig. Als zentrale innerstädtische Platzfläche mit hoher Aufenthaltsqualität dient der Bordeauxplatz in besonderer Weise kommunikativen Zwecken. Soweit einzelne Personen oder Gruppen die von Sicherheit und Ordnung vorgegebenen Grenzen überschreiten, geht die Polizei dagegen regelmäßig im Rahmen ihres Aufgabenbereiches, insbesondere mit Platzverweisen, vor und zeigt identifizierte „Störer“ bei der Bußgeldstelle an. Sicherheitsrechtliche oder bußgeldrechtliche Maßnahmen sind jedoch, wie bereits ausgeführt, gegen die zumeist friedlichen Platznutzerinnen und Platznutzer nicht angezeigt und rechtlich auch nicht durchführbar. Private Grundstücke und Gebäude müssen beim Spielen im Übrigen nicht betreten werden. Die Software bietet genügend Reichweite, um Pokémon in einen gewissen Umkreis und somit außerhalb von Häusern oder privaten Grundstücken zu fangen. Sollten dennoch Privatflächen betreten wer den, wird den Betroffenen dringend empfohlen, die Polizei über den Notruf 110 zu verständigen und Anzeige zu erstatten.
Stellungnahme des Allparteilichen Konfliktmanagements im Sozialreferat (AKIM)
In der Zeit vom 28.7.2016 bis zum 24.8.2016 wurden durch AKIM (Allparteiliches Konfliktmanagement in München) 11 Ortsbegehungen durchgeführt. Die Begehungen mit Gesprächen mit den Pokémon Go-Spielerinnen und Spielern fanden zwischen 11 Uhr und 1 Uhr nachts statt. Dabei wurde festgestellt, dass zwischen 40 und 240 Besucherinnen und Besucher anwesend waren. Die Stimmung war stets angenehm und friedlich, Alkoholgenuss war eher selten und fand nur beiläufig statt. Laut Aussage der Spielerinnen und Spieler, welche gesprächsbereit waren und ein starkes Interesse an den städtischen Mitarbeiterinnen/Mitarbeitern hatten, seien die anderen Platzbesucherinnen/Platzbesucher, welche zum Feiern kommen, deutlich lauter. Die Pokémon Go spielenden Personen würden zu meist in kleineren Gruppen (4-6 Personen) kommen und seien gut ausgestattet. Sie bringen Bierbänke, Tische, Campingstühle, Decken, Kühlboxen sowie Essen und Getränke mit. Der Geräuschpegel war laut Auskunft des AKIM bei starker Platznutzung naturgemäß höher, aber für die Anzahl und Personen nicht auffällig.
Heranziehung des Softwareentwicklers „Niantic“
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, beim Spielentwickler „Niantic“ das Entfernen eines PokéStops oder einer Arena für bestimmte Bereiche anzufordern. Hierbei handelt es sich um eine unverbindliche Bitte, der das Unternehmen nicht nachkommen muss.
Eine rechtliche Möglichkeit der Landeshauptstadt München, den Spielentwickler zu verpflichten, das Spiel an bestimmten Orten im öffentlichen Raum zu deaktivieren, besteht zumindest derzeit nicht. Aufgrund der oben ausgeführten Einschätzung der Situation vor Ort, ist von einer Nutzung des Bordeauxplatzes innerhalb der Grenzen des Gemeingebrauchs auszugehen.
Fazit
Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Beschwerden der Anwohnerinnen und Anwohner des Bordeauxplatzes über die Lärmsituation zur Zeit durchaus nachvollziehbar und verständlich sind, aber aus sicherheitsrechtlicher Sicht keine Eingriffsmöglichkeiten und auch kein Handlungsbedarf bestehen.
AKIM wird jedoch die weitere Entwicklung der Spielsituation um Pokémon Go in München beobachten. Das KVR steht hierzu in enger Abstimmung mit AKIM und dem Polizeipräsidium München.
Es wird damit gerechnet, dass der Ansturm auf den Bordeauxplatz zum einen aufgrund der bevorstehenden kalten Jahreszeit und zum anderen wegen des wohl nachlassenden Interesses an Pokémon Go in der nächsten Zeit abflauen wird.