Skonto – Wie viel Geld geht der Stadt verloren?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Johann Altmann, Dr. Josef Assal, Eva Caim, Richard Progl und Mario Schmidbauer (Fraktion Bayernpartei) vom 2.11.2016
Antwort Stadtkämmerer Dr. Ernst Wolowicz:
In Ihrer Anfrage haben Sie folgen Sachverhalt zugrunde gelegt:
„In Geschäftsbeziehungen ist die Gewährung eines Skontos von meist 2 bis 3% des Rechnungsbetrages bei Zahlungen innerhalb von 14 bis 30 Tagen nach Warenlieferung bzw. Erbringung einer Dienstleistung üblich. Durch einen langwierigen Rechnungslauf wird in diesen Fällen bares Geld ‚verschenkt‘. Bei einem so großen Haushalt wie dem der Landeshauptstadt München fallen Einsparungen durch Skontoziehungen durchaus ins Gewicht.“
Bevor ich Ihre Anfrage im Einzelnen beantworte, möchte ich die rechtlichen Rahmenbedingungen zu den Zahlungsfristen darstellen.
Der Begleichung von Rechnungen der Landeshauptstadt München liegen die Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausführung von Leistungen – VOL Teil B (Fassung 2003) – sowie Vergabe- und Vertragsordnung für Baudienstleistungen – VOB Teil B (Fassung 2016) zu Grunde.
Nach § 17 VOL/B „hat die Zahlung des Rechnungsbetrages binnen 30 Tagen nach Eingang der prüfbaren Rechnung zu erfolgen“ (vgl. hierzu auch § 286 Abs. 3 BGB).
Für Rechnungen zu Bauleistungen nach VOB gelten folgende Regelungen: Abschlagszahlungen werden binnen 21 Tagen nach Zugang der Aufstellung fällig (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B). Der Anspruch auf die Schlusszahlung wird grds. 30 Tage nach Zugang der Rechnung fällig (§ 16 Abs. 3 Nr. 1 VOB/B).
Diese Regelungen liegen im Rahmen einer wirtschaftlichen Haushaltsführung der Abwicklung des städtischen Zahlungsverkehrs zu Grunde.
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Nutzt die Landeshauptstadt München die Sparpotenziale durch Skonti aus? Bei welchem Anteil der an die Stadt gestellten Rechnungen verfällt diese Sparmöglichkeit, weil der interne Rechnungslauf zu lange dauert?
Antwort:
Die Landeshauptstadt München nutzt grundsätzlich das Sparpotenzial durch Skonto aus. Von Januar bis Juni 2014 wurde zuletzt eine entsprechende Auswertung durch die Stadtkämmerei durchgeführt. Als Skontofehler wurde für die Auswertung definiert: Skontofrist wurde überschritten oder Skonto wurde von der Dienststelle nicht in Abzug gebracht (Beispiele: falscher Skontosatz, kein Skontoabzug trotz fristgerechter Zahlung, kein Skontoabzug obwohl Rahmenvertrag mit Skontovereinbarung vorliegt, verfallener Skonto aufgrund verspäteter Zahlung). Für diesen Zeitraum wurde ein Skontofehler bei 5,5 Prozent der geprüften Belege festgestellt.
Frage 2:
Wie viel Geld geht der Stadt dadurch jährlich in etwa verloren?
Antwort:
Bei der unter 1. beschriebenen Stichprobe entstand ein Schaden in Höhe von 5.911,63 Euro.
Frage 3:
In welchen Referaten/Abteilungen dauert die Rechnungsstellung gewöhnlich besonders lange und warum?
Antwort:
Der Rechnungsbearbeitungsprozess ist derzeit dezentral in Papierform mit Postverteilung zwischen den Dienststellen und folgendem Arbeitsablauf organisiert: Rechnungsbearbeitung in den Referaten (dezentral):
- Rechnungseingang bei den Dienststellen
- Prüfung und Bestätigung der Rechnung (§ 37 KommHV-Doppik)
- Eingabe in SAP/ERP
- Anordnung zur Zahlung (§ 34 KommHV-Doppik)
Rechnungsbearbeitung Stadtkämmerei, Kassen- und Steueramt (zentral):
- Stichprobenartige Überprüfung der Auszahlungsanordnungen durch das Kassen- und Steueramt
- Zahlungsfreigabe durch das Kassen- und Steueramt anhand der Zahlungsbedingungen, die die Dienststellen vorgeben
Das auch durch gesetzliche Bestimmungen vorgegebene dezentrale System führt zwangsläufig zu langen Laufzeiten bei der Rechnungsbearbeitung. Bei der Auswertung für den Zeitraum Januar bis Juni 2014 (vgl. Ausführungen zu Frage 1) wurden 20,69 Prozent der geprüften Belege zu spät bezahlt, am häufigsten im Kommunalreferat bei 48,43 Prozent der geprüften Belege (2014 Sondereffekt Umstellung Verwaltung Wohnungen, jetzt nach Erfahrungswerten deutlich verbessert). Beim Referat für Bildung und Sport war 2014 eine Laufzeitverspätung bei 40,69 Prozent zu verzeichnen, weil dort eine sehr dezentrale Struktur mit vielen Einrichtungen (Kindertagesstätten etc.) und Schulen vorhanden ist, die viele Postwege erforderlich macht. Eine hohe Quote ergab sich bei der Stichprobe 2014 auch im Baureferat (37,30 Prozent), da dort die regelmäßig umfangreichen Baurechnungen häufig an externe Architekturbüros (Bauleitung) zur Prüfung gegeben werden müssen.
Frage 4:
Wo sieht die Stadt Optimierungspotenzial, um Rechnungsläufe zu be- schleunigen und dadurch Geld zu sparen?
Antwort:
Optimierungspotenzial sieht die Stadtkämmerei in der Einführung der elektronischen Rechnung. Durch die EU-RL 20014/55/EU werden die öffentlichen Stellen der Mitgliedstaaten der EU verpflichtet, bis 27.11.2019 Unternehmen einen elektronischen Rechnungseingang zur Verfügung zu stellen. In Bayern wurde die Richtlinie durch Art. 5 Abs. 2 BayEGovG vom 22.12.2015 umgesetzt. Diese Verpflichtung bietet der Landeshauptstadt München die Chance, das derzeitig historisch gewachsene System der Rechnungsbearbeitung auch intern zu modernisieren.