Wohnen und Mobilität VIII Wohnraum für Menschen – nicht den für Autos fördern! Nachgefragt
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Herbert Danner, Anna Hanusch und Sabine Nallinger (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 1.3.2016
Antwort Referat für Stadtplanung und Bauordnung:
Mit Schreiben vom 1.3.2016 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird. Zunächst bedanke ich mich für die gewährte Terminverlängerung.
In Ihrer Anfrage führen Sie aus, dass durchschnittlich rund die Hälfte der Stellplätze bei geförderten Wohnungen leer stünde und dadurch nutzlos investiertes Geld bei der Sanierung und beim Neubau von Wohnungen fehle.
Ihre in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen werden nach Abstimmung mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet:
Frage 1:
Wie viele Tiefgaragenplätze mussten die städtischen Wohnungsbaugesell- schaften in den letzten 4 Jahren (2012 – 2015) auf Grund von Neubaumaß- nahmen bauen – Gesamtzahlen und prozentual pro gebauter Wohneinheit?
Antwort:
Vorab ist auszuführen, dass Stellplätze im Rahmen von Neubauvorhaben nach der gültigen kommunalen Stellplatzsatzung und dem für den geförderten Mietwohnungsbau geltenden, reduzierten Stellplatzschlüssel errichtet werden müssen. Bei Nachverdichtungsmaßnahmen sind die auf oberirdisch gelegenen Stellplatzflächen entfallenden pflichtigen Stellplätze in der Regel in der neu zu errichtenden Tiefgarage herzustellen und nachzuweisen. Des Weiteren sind für gewerbliche und soziale Einrichtungen entsprechende Stellplätze zu errichten.
Für die unterschiedlichen Wohnungen – geförderter Wohnungsbau, freifinanzierter Wohnungsbau, gewerblich oder sozial genutzte Bereiche – gelten jeweils unterschiedliche Stellplatzschlüssel.
Eine qualifizierte Aussage, die die Gesamtzahlen der neu errichteten Wohneinheiten mit denen der Tiefgaragenplätze ins Verhältnis setzt, kann daher nicht getroffen werden.Der GEWOFAG-Konzern errichtete in den Jahren 2012 – 2015 insgesamt 821 Wohnungen sowie 726 Tiefgaragenstellplätze, welche sich wie folgt verteilen:
- 85 Stellplätze bei den Wohnungen der Einkommensorientierten Förderung (EOF),
- 242 Stellplätze bei freifinanzierten Wohnungen,
- 215 Stellplätze bei Wohnungen des Kommunalen Wohnbauprogramms sowie
- 184 Stellplätze für München-Modell-Mietwohnungen.
Die GWG errichtete in den Jahren 2012 – 2015 insgesamt 776 Wohnungen sowie 779 Tiefgaragenstellplätze. Die Stellplätze verteilen sich wie folgt: - 482 Stellplätze für 609 EOF-Wohnungen,
- 159 Stellplätze für 148 freifinanzierte Wohnungen,
- 6 Stellplätze für 9 Wohnungen im Kommunalen Wohnungsbauprogramm sowie
- 42 Stellplätze für 9 gewerbliche oder soziokulturelle Einrichtungen.
Bei den noch verbleibenden 90 Tiefgaragenplätzen handelt es sich um Stellplätze, die nicht zu einem der im Zeitraum von 2012 bis 2015 errichteten Gebäude zuzuordnen sind, sondern zum Beispiel als Ersatz für im Rahmen von Abbruch- und Neubaumaßnahmen weggefallene Stellplätze dienten.
Festzuhalten bleibt, dass nur pflichtige Stellplätze nach der geltenden Stellplatzsatzung errichtet wurden. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hat diese Thematik aufgegriffen und mit dem Beschluss des Ausschusses für Stadtplanung und Bauordnung vom 29.6.2016 (Sitzungsvorlagen Nr. 08-14/V13593) eine weitere Reduzierung sowie Flexibilisierung des Stellplatzschlüssels herbeigeführt.
Frage 2:
Wie hoch waren die durchschnittlichen Baukosten je Stellplatz, möglichst differenziert nach Lagekriterien?
Antwort:
Die Bauwerkskosten unterscheiden sich zwar je Bauvorhaben, sind jedoch unabhängig von der Lage des Gebäudes im Stadtgebiet. Vielmehr sind die Bauwerkskosten je Stellplatz (Kostengruppen 300 und 400 der Kostenfeststellung nach DIN 276) sowie die Gesamtkosten (einschließlich etwaiger Sonderkosten) je Stellplatz von anderen Faktoren abhängig.Zu diesen Faktoren zählen z.B. der Grundstückszuschnitt sowie die Kleinteiligkeit einer Grundstücksfläche, wenn eine große Anzahl von Stellplätzen auf kleiner Fläche untergebracht werden muss. Bei kleinen Grundstücksflächen muss gegebenenfalls ein zweites Tiefgaragengeschoss errichtet, eine tiefere Bebauung, die Platz für Duplexparker bietet, vorgenommen werden.
Auch aufwändige Verbauarbeiten, Wasserhaltungskosten bei hohen Grundwasserspiegel sowie hohe Marktpreise im angespannten Raum München beeinflussen die Bauwerkskosten. Damit können sich die Gesamtkosten pro Stellplatz in einem Rahmen zwischen 15.000 Euro und 38.000 Euro bewegen.
Die durchschnittlichen Bauwerkskosten je Stellplatz in den Jahren 2012 – 2015 betrugen beim GEWOFAG-Konzern rund 19.200 Euro, bei der GWG rund 18.600 Euro.
Frage 3:
Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften vermieten im geförderten Wohnungsbau die Kfz-Stellplätze gemeinsam mit der Wohnung, das heißt, sie sind Bestandteil des Mietvertrages. Eine Wahloption für die Mieterinnen und Mieter, den Stellplatz zu mieten, gibt es dabei nicht. Dürfen Mieterinnen und Mieter einen Tiefgaragenplatz an Dritte vermieten, wenn sie selbst über kein Auto verfügen?
Antwort:
Beim GEWOFAG-Konzern können Kfz-Stellplätze grundsätzlich an Dritte vermietet werden, sofern kein Bedarf bei der Mieterschaft besteht. Nach dem Stellplatzmietvertrag muss die Weitervermietung jedoch durch den Vermieter genehmigt werden.
Bei der GWG werden die pflichtigen Stellplätze gemeinsam mit der erstellten Wohnung vermietet. Nach Aussage der GWG gibt es hier keine Unterschiede in der Vermietungspraxis zwischen geförderten und freifinanzierten Wohnraum. Die Weitervermietung von Stellplätzen an Dritte wird von der GWG geduldet. Zudem versucht die GWG, Haushalten ohne eigenes Kraftfahrzeug (in der Mehrzahl „Ein-Personen-Haushalte“) keinen Stellplatz zu vermieten.
Sofern Stellplätze in Wohnanlagen errichtet werden, in denen absehbar ist, dass eine erhöhte Nachfrage von Dritten nach Stellplätzen vorhanden ist und kein Bedarf bei der Mieterschaft besteht, erfolgt keine Stellplatz-Mitvermietung an die Wohnungsmieter. Die GWG vermietet in diesen Fällen eigenständig an Dritte, um die Mieterin bzw. den Mieter nicht über Gebühr zu belasten und die Vermietung steuern zu können.
Frage 4:
Wie hoch ist die durchschnittliche Miet-Einnahme eines durchschnittlichen Tiefgaragenplatzes? (Summe aller Einnahmen geteilt durch Summe aller Tiefgaragenplätze)
Antwort:
Im geförderten Mietwohnungsbau wird die Miethöhe für Stellplätze mit 55 Euro monatlich festgelegt, unabhängig von der erforderlichen Kostenmiete. Im freifinanzierten Wohnungsbau dagegen wird die durchsetzbare Marktmiete zu Grunde gelegt, so dass die Miete für einen Stellplatz je nach Lage, Angebot und Nachfrage sowie Ausstattung sehr unterschiedlich sein kann. Hier bewegt sich die Stellplatzmiete je nach Lage, Nachfrage und Ausstattung (z.B. ebenerdiger Stellplatz, Duplex-Stellplatz oder Einzelstellplatz) zwischen 10 Euro und 110 Euro monatlich.
Frage 5:
Welche Erfahrungen haben die städtischen Wohnungsbaugesellschaften mit Mobilitätskonzepten gemacht, um den tatsächlichen Bedarf an Stellplätzen und somit auch die Mietkosten für die Mieterinnen und Mieter senken zu können?
Antwort:
Der GEWOFAG-Konzern hat erstmals bei der Realisierung der Wohnungsbebauung im Domagkpark aktiv Mobilitätskonzepte umgesetzt, die zu einer weiteren Reduzierung des Stellplatzschlüssels geführt haben. Nach dem Muster des Domagkparks wurden bei weiteren Planungen die dort entwickelten Maßnahmen (wie z.B. Car-Sharing, Kooperation mit den Stadtwerken München GmbH und der MVG, Leihfahrräder) im Rahmen der Baugenehmigung eingebracht. Im Bereich des Wohnungsbestandes der GEWOFAG wurden in Kooperation mit stationsgebundenen Car-Sharing-Anbietern freie Stellplätze, sowohl ober- als auch unterirdisch, für dieses Angebot vermietet. Derzeit überprüft der GEWOFAG-Konzern an unterschiedlichen Modellvorhaben, inwieweit das Angebot der Car-Sharing-Anbieter von den Mieterinnen und Mietern genutzt und angenommen wird.
Die GWG hingegen hat noch keine weitreichenden Erfahrungen mit Mobilitätskonzepten. Sie geht jedoch davon aus, dass mit nachfrageorientierenden Mobilitätskonzepten die Anzahl der zu erstellenden Stellplätze weiter reduziert werden kann. Grundsätzlich strebt die GWG die Ausweitung von Mobilitätskonzepten zur Reduzierung von kostenintensiven Tiefgaragenstellplätzen an. So konnte für das Modellvorhaben „Minimalprojekt“erreicht werden, dass für dieses Vorhaben keine zusätzliche Tiefgarage gebaut werden musste, aber die nötigen Stellplätze auf dem Areal bzw. in den vorhandenen Anlagen nachgewiesen werden konnten. Die Anzahl an Stellplätzen konnte somit auf das erforderliche Maß reduziert werden. Diese Vereinbarung ist kombiniert mit der Verpflichtung, ein umsetzbares Mobilitätskonzept nachzuweisen.
Frage 6:
Konnte das Referat für Stadtplanung und Bauordnung, wie in Punkt 27 des wohnungspolitischen Handlungsprogramms „Wohnen in München V“ beschlossen, den Stellplatzschlüssel für Vorhaben des geförderten Wohnungsbaus schon – auf Basis einer gesicherten Datengrundlage – neu festlegen und im neuen Handlungsprogramm einpflegen?
Antwort:
Die entsprechenden Erhebungen wurden durchgeführt. Auf der Basis dieser Grundlage wurden mit den Beschluss des Stadtrates „Stellplatzschlüssel im Wohnungsbau“ vom 29.6.2016 (Sitzungsvorlagen Nr. 08-14/V13593) Kriterien aufgestellt, die eine Verringerung des Bedarfs an Stellplätzen für Wohnnutzungen zulassen. Insbesondere für den geförderten Wohnungsbau wurden die Stellplatzschlüssel entsprechend ihrem Bedarf reduziert. Bezüglich dieser neuen Stellplatzschlüssel erlaube ich mir, auf diesen Beschluss zu verweisen.