Radmagistrale Würm
Antrag Stadtrats-Mitglieder Sonja Haider, Tobias Ruff (ÖDP) und Brigitte Wolf (Die Linke) vom 14.7.2015
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Ihren o.g. Antrag, in dem Sie die Stadtverwaltung auffordern, entlang der Würm von Allach bis Pasing eine durchgängige und leistungsfähige Radmagistrale zu schaffen und die Bürgerinnen und Bürger des Stadtbezirks durch geeignete Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit zum Umstieg vom Auto aufs Rad zu motivieren, erlauben wir uns, wie mit Ihnen vorab vereinbart, schriftlich als Brief zu erledigen.
In Abstimmung mit dem Baureferat, dem Referat für Gesundheit und Umwelt und dem Kreisverwaltungsreferat nehmen wir wie folgt Stellung: Seitens des Referats für Stadtplanung und Bauordnung begrüßen wir grundsätzlich die Überlegung, eine komfortable, sichere und schnelle Verbindung zwischen Allach und Pasing für den Radverkehr zu schaffen. Besonders kurze Wege der Nahmobilität können sehr gut mit dem Fahrrad oder zu Fuß erledigt werden. Erledigungen des täglichen Bedarfs können so umweltschonend und kostengünstig realisiert werden. Das Fahrrad eignet sich zudem als Zubringerverkehrsmittel für den öffentlichen Verkehr.
Um die Verkehrsmittelwahl für diese Strecken und Zwecke auf das Fahrrad zu verlagern, müssen sichere und attraktive Verbindungen geschaffen werden.
Die von Ihnen vorgeschlagenen Maßnahmen zur Verbesserung der Radverkehrsinfrastruktur auf der Strecke können jedoch aus folgenden Gründen nicht befürwortet werden:
Das Baureferat führt aus, dass
...entlang der Würm im Zuge des regionalen Würmradwegs von Starnberg nach Dachau auf dem Gebiet der Landeshauptstadt bereits seit Jahrzehnten eine ausgebaute und ausgeschilderte Fahrradroute be-
steht. Es handelt sich dabei um eine vorwiegend auf den Freizeitradverkehr ausgelegte Verbindung abseits von Hauptverkehrsstraßen durch Parks, Grünzüge und über ruhige Nebenstraßen, die diese Funktion sehr gut erfüllt.
In städtischen Grünanlagen ist gemäß Satzung das Radfahren zum Schutz der Spielplatz-, Grünanlagennutzer und Fußgängerinnen und Fußgänger nicht erlaubt; ausgeschilderte Radrouten wie der Würmradwegsind Ausnahmen. Insbesondere Radschnellwege oder eine „Radma-
gistrale“ wie beantragt, müssen sich an anderen Qualitätsmerkmalen orientieren.
Von der südlichen Stadtgrenze bis etwa in Höhe des Pasinger Bahnhofs (Theodor-Storm-Straße) wird der Würmradweg, mit Ausnahme eines kleinen Abschnittes entlang der Ernsbergerstraße, abseits von Kfz-Verkehr durch Grünanlagen geführt. Die gemeinsamen Fuß- und Radwege im Pasinger Stadtpark sind dort, wo sie als Schulwege dienen (ab dem Endeweg nach Norden), beleuchtet.
Nördlich der Theodor-Storm-Straße verläuft die Route teilweise im Mischverkehr über ruhige Nebenstraßen, die überwiegend als Fahrradstraßen ausgewiesen sind, sowie durch weitere Grünzüge und Parks. Die Straßen und Wege sind weitgehend beleuchtet. Nicht beleuchtet ist neben einem kurzen Abschnitt der Behringstraße insbesondere der Grünzug in Obermenzing zwischen nördlich der Dorfstraße bis zur Von-Kahr-Straße, da es sich hier um einen sehr naturnah geführten, nicht asphaltierten Weg handelt.
An der Von-Kahr-Straße bestehen signalisierte Querungen, die im Zuge des Neubaus der Mühlangerstraße vor einigen Jahren umgebaut wurden.
Die gesamte Fahrradroute von der südlichen bis zur nördlichen Stadtgrenze verläuft etwa zur Hälfte in Grünflächen, die andere Hälfte wird im Mischverkehr abgewickelt. Sowohl auf den Straßen wie auch auf dem Routenverlauf im Bereich von Grünflächen erfolgt ein Winterdienst.
Die Breite der gemeinsamen Geh- und Radwege liegt auf der gesam-
ten Strecke im Bereich zwischen ca. 2,5 und 4 m. Eine Aufweitung der Wege, um eine Trennung des Fuß- und Radverkehrs zu ermöglichen, ist aus Sicht des Baureferates im Bestand keinesfalls durchgängig machbar, da entweder die erforderlichen Flächen dazu nicht zur Verfügung stehen oder aber massive Eingriffe in den vorhandenen Baumbestand und den Naturraum erforderlich würden.
Das Referat für Gesundheit und Umwelt weist darauf hin, dass
...es sich bei der Würm um ein Gewässer 1. Ordnung handelt, für welches der Gesetzgeber bei Baumaßnahmen im 60 m Bereich des Ge-
wässers eine Genehmigungspflicht entsprechend Art. 20 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) festgesetzt hat, soweit hierfür keine Baugeneh-migung erforderlich ist. Somit ist ggf. vor einer baulichen Maßnahme eine wasserrechtliche Genehmigung einzuholen.
Des Weiteren obliegt die Unterhaltung und die Verkehrssicherungspflicht im Bereich des Gewässers – abgesehen von der Unterhaltungspflicht der Unternehmer im Bereich ihrer Wasserkraftanlagen – dem Wasserwirtschaftsamt München. Die Unterhaltung (Gewässerpflege) sowie die Verkehrssicherungspflicht an der Würm dürften bei einer Verbreiterung des Geh- und Radweges nicht erschwert werden.
Zudem ist zu beachten, ob Teilbereiche des Geh- und Radweges im
Überschwemmungsbereich des durch Verordnung vom 16.12.2009
(ÜberschwemmungsgebietsV Würm) festgesetzten Überschwem-
mungsgebietes, welches im Amtsblatt der Landeshauptstadt München vom 11.1.2010 amtlich bekannt gegeben wurde, liegen. Bauliche Maßnahmen dürfen in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung des Abflusses und des Rückhalteraums für Hochwasser führen. Nach § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 WHG ist in festgesetzten Überschwemmungsgebieten das mögliche Erhöhen oder Vertiefen der Erdoberfläche zur Erweiterung bestehender Geh- und Radwege untersagt. Für eine entsprechende Maßnahme müsste ggf. eine wasserrechtliche Zulassung nach § 78 Abs. 4 WHG eingeholt werden.
Laut Aussage der Unteren Naturschutzbehörde
...würde die Verbreiterung oder Neuschaffung von Radwegeverbin-
dungen entlang der Würm voraussichtlich auch erhebliche Eingriffe in das dortige Ökosystem mit sich bringen. Die Würm und die flussnah angrenzenden Flächen sind in mehrfacher Hinsicht naturschutzfachlich besonders wertvoll und stellen einen regional bedeutsamen Lebensraum gemäß Arten- und Biotopschutzprogramm München dar.
Zunächst dürfen naturnahe Fließgewässer und ihre naturnahe Ufervegetation nicht zerstört oder erheblich beeinträchtigt werden. Weite Bereiche der Würm und ihrer Ufer dürften diesen im Bundesnaturschutzgesetz (§30) verankerten, gesetzlichen Schutz genießen.
Die Landeshauptstadt München hat in Erkenntnis der Bedeutung für Landschaftsbild, Erholung und Naturerhaltung den gesamten Verlauf der Würm und einen mehr oder weniger breiten Streifen beiderseits der Ufer lange vor dieser gesetzlichen Regelung als Bestandteil des städtischen Landschaftsschutzgebietes unter Schutz gestellt. Bekann-termaßen gibt es seltene Vogelarten und Fledermausarten an der
Würm, darunter auch solche, für deren Schutz München eine besondere bundes- und europarechtlich begründete Verantwortung hat. Eine große Rolle spielen in diesem Zusammenhang die vorhandenen Gehölzbe-
stände, vor allem die alten Bäume. Die in diesen Gehölzen befindlichen, Risse, Spalten und Höhlen dürfen nach den Regelungen des besonderen Artenschutzes im Bundesnaturschutzgesetz nicht zerstört werden, soweit sie als Lebensstätten von Vögeln und Fledermäusen dienen bzw. dienen können. Seit vielen Jahren finden zudem aufwändige Maßnahmen zur Renaturierung der Würm statt, durch die an mehreren Stellen im Stadtgebiet weitere Bereicherungen des ohnehin schon wertvollen Flusses geschaffen wurden.
Die naturschutzfachlichen und -rechtlichen Schutzgüter sowie die für Renaturierung getätigten Investitionen sind bei einer Betrachtung einzubeziehen, ob und gegebenenfalls wo Radrouten an der Würm ausgebaut oder neu erstellt werden können. Eine Radmagistrale, die im Gegensatz zu den bestehenden Wegen und Routen mehr als nur den Bedarf des
erholungsorientierten Radverkehrs abdecken soll, muss nicht zwingend in Flussnähe verlaufen, wo absehbar an vielen Stellen der relativ schmalen Aue und über kürzere oder längere Strecken hinweg mit naturschutzbedingten Einschränkungen der Ausbaumöglichkeiten (Wegebelag, Wegebreite, Beleuchtung, Brücken und andere Bauwerke) zu rechnen ist. Vielmehr ist bei der Planung solcher Hauptrouten ein größerer Betrachtungsmaßstab angebracht.
Im Rahmen der geplanten Fortschreibung des Grundsatzbeschlusses soll auch das Radroutennetz des Verkehrsentwicklungsplan-Radverkehr (VEP-R) überarbeitet und die mögliche Einsetzung von Radschnellverbindungen im Hauptradroutennetz der Landeshauptstadt überprüft werden. In diesem Zusammenhang wird auch geprüft werden, auf welcher Trasse die Radverkehrsverbindung zwischen Allach und Pasing verbessert und für den schnellen Radverkehr ertüchtigt werden kann. Hierbei sind einerseits die Netzzusammenhänge im Radverkehrsnetz, andererseits auch die oben genannten Belange sowie insbesondere die Verträglichkeit mit dem Fußverkehr und der Erholungsnutzung besonders zu berücksichtigen. Die Fortschreibung des VEP-R wird dann dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt werden.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.