Filmmuseum zeigt ostdeutsche Dokumentarfilme Archiv
-
Rathaus Umschau 4 / 2016, veröffentlicht am 08.01.2016
Das Filmmuseum im Münchner Stadtmuseum, St.-Jakobs-
Platz 1, zeigt vom 12. Januar bis 1. März eine Werkschau des legendären Dokumentarfilmer-Duos Walter Heynowski und Gerhard Scheumann, das als „Studio H&S“ in der DDR beispiellose Freiheit genoss. An sieben Abenden, immer dienstags, um 21 Uhr werden ihre kurzen und langen politischen Dokumentarfilme gezeigt, die zwischen 1974 und 1981 gedreht wurden. Im Westen machte nicht zuletzt „Der lachende Mann“ (1966) Furore, ihr entlarvendes Interview eines aus der Bundesrepublik stammenden Söldners, der sich vor laufender Kamera seiner Mordtaten rühmt. Internationale Auszeichnungen, Anerkennungen und auch Skandale begleiteten ihre bissigen politischen Arbeiten, die oft alles andere als linientreu waren, was 1982 zur Liquidierung ihres Studios führte.
Walter Heynowski, geboren 1927, und Gerhard Scheumann (1930 – 1998) kamen vom Journalismus und machten seit Mitte der 1960-er Jahre gemeinsam Filme für Kino und Fernsehen. Die DDR-Regierung genehmigte ihnen ab 1. Mai 1969 ein eigenes, von der DEFA unabhängiges Studio mit ökonomischer Autonomie, Reisepässen, Videotechnik und Druckkapazitäten für Werbung und Begleitmaterial. Zu politischen Schwerpunkten ihres Schaffens wurden Westdeutschland, Vietnam, Chile und Kampuchea.
„H&S“ engagierten sich gegen den Krieg in Südostasien, gegen den fa- schistischen Militärputsch Pinochets sowie gegen alte und neue Nazis in der Bundesrepublik Deutschland. Die DDR interessierte sie nur sehr am Rande. In „Piloten im Pyjama“ (1968) interviewten sie US-amerikanische Flieger, die abgeschossen worden waren und nun in vietnamesischen Gefängnissen saßen. Einer ihrer eindrucksvollsten Filme, „Die Angkar“ (1981), über das Terrorregime von Pol Pot versucht, Alltag und Tathergänge in Kambodscha zu rekonstruieren und beschreibt gleichzeitig die Auswüchse der eigenen Ideologie.
In vielen ihrer Filme nutzen „H&S“ die Möglichkeit, sich auch künstlerisch-ästhetisch zu beweisen und eine Vollkommenheit von Inhalt und Form anzustreben, was auch von der Kritik im Westen anerkannt wurde.
Der Filmhistoriker und Vorstand der DEFA-Stiftung, Ralf Schenk, wird am Dienstag, 12. Januar, eine Einführung in das Werk von „H&S“ halten. Weitere Informationen zu allen Filmen und Terminen sind im Programmheft des Filmmuseums oder unter www.muenchner-stadtmuseum.de/film zu finden.
Der Eintritt kostet 4, ermäßigt 3 Euro (Aufschlag bei Überlänge). Telefonische Kartenreservierungen sind unter 2 33-9 64 50 möglich.