Fakten statt Panikmache: Anwerbeversuche von Salafisten in München?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Gülseren Demirel und Dominik Krause (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Rosa Liste) vom 17.9.2015
Antwort Kreisverwaltungsreferent Dr. Wilfried Blume-Beyerle:
Ihre Anfrage vom 17.9.2015 wurde im Auftrag von Herrn Oberbürgermeister Dieter Reiter in Federführung dem Kreisverwaltungsreferat zur Beantwortung zugeleitet.
Für die gewährte Terminverlängerung bedanken wir uns.
Ihrer Anfrage schicken Sie folgenden Sachverhalt voraus:
„Vergangene Woche ging der Bayerische Verfassungsschutz mit der Warnung an die Öffentlichkeit, es käme rund um den Hauptbahnhof be- ziehungsweise in Münchner Flüchtlingsunterkünften vermehrt zu salafi- stischen Anwerbeversuchen. Auf telefonische Rückfrage unserer Fraktion konnten vom Bayerischen Verfassungsschutz jedoch keine konkreten Fälle in der Landeshauptstadt benannt werden. Von der Münchner Polizei wurde nach einer Prüfung in den letzten Tagen ein solches Vorgehen von Salafi- sten sogar explizit verneint.
Eine Auseinandersetzung mit dieser Problematik – auch im präventiven Sinn – ist auch in der Politik präsent und wurde beispielsweise seitens unserer Fraktion im Laufe des Jahres thematisiert. Falsch ist aus unserer Sicht jedoch eine Panikmache aufgrund lediglich vager Faktenlage oder Ver- mutungen.“
Zu den im Einzelnen gestellten Fragen teilen wir Ihnen Folgendes mit:
Frage 1:
Gibt es von Seiten des Verfassungsschutzes, der Münchner Polizei sowie der städtischen Verwaltung konkrete Erkenntnisse zu solchen Anwerbever- suchen in München und zwar:
a.) Am Hauptbahnhof: wenn ja, wie viele Fälle sind bekannt, um welche Art der Kontaktaufnahme handelte es sich konkret?
b.) Im Umkreis von Unterkünften: wenn ja, wie viele Fälle sind bekannt, um welche Art der Kontaktaufnahme handelt es sich konkret?Antwort:
Dem Kreisverwaltungsreferat liegen keine eigenen Erkenntnisse zu Anwerbeversuchen vor. Hinsichtlich aktueller Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden zu diesem Phänomen wird auf das Antwortschreiben des Bayerischen Staatsministerium des Inneren, für Bau und Verkehr vom 30.11.2015 auf die schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Katharina Schulze vom 26.10.2015 verwiesen. Das Antwortschreiben kann abgerufen werden unter: https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP17/Drucksachen/Schriftliche%20Anfragen/17_0009323.pdf
Frage 2:
Gibt es von Seiten des Verfassungsschutzes, der Münchner Polizei sowie der städtischen Verwaltung konkrete Erkenntnisse zu Versuchen von Neo- nazis im Umfeld des Hauptbahnhofs oder von Unterkünften aktiv zu wer- den?
Antwort:
Das Landesamt für Verfassungsschutz teilt hierzu mit: „Im Einzelnen sind derzeit sowohl die rechtsextremistischen Parteien ,Die Rechte‘, Der Dritte Weg (III. Weg) sowie die NPD-Tarnorganisation Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) in München aktiv. Bei allen drei genannten Gruppierungen zählt die Agitation gegen Asylbewerber angesichts der momentanen Lage zu dem bevorzugten Feld des Aktionismus. So veröffentlichte der III. Weg annähernd täglich auf seiner Homepage Berichte über Aktionen, meist Flyerverteilungen, gegen Asylbewerber. Zuletzt berichtet die Partei, dass Aktivisten der Partei im Umfeld des Oktoberfestes Flyer verteilt hätten, mit denen vor einem angeblichen kriminellen Verhalten von Asylbewerbern gewarnt wurde.
Die Partei ,Die Rechte‘ führte zuletzt am 19. September 2015 direkt am Hauptbahnhof eine ,Anti-Asyl Kundgebung‘ durch. An dieser beteiligten sich etwa 30 Personen. Bereits zuvor veranstaltete die Partei mehrere Kundgebungstouren durch München, um gegen Asylbewerber zu agitieren. Bei diesen wurden am 5.9., 22.8. und 8.8. an mehreren Orten im Münchner Stadtgebiet kleinere Veranstaltungen durchgeführt. Neben den Kundgebungen verteilte die Partei in der Vergangenheit wiederholt themenbezogene Flyer vor Münchner Schulen.
Bereits letztes Jahr führte die BIA München mehrere Veranstaltungstouren im Umkreis der Erstaufnahmeeinrichtung in der Bayernkaserne durch. Darüber hinaus sind und waren Rechtsextremisten in München wiederholt bei Veranstaltungen anzutreffen, die von PEGIDA München (ehemals BA-GIDA) organisiert wurden.“Es liegen den Sicherheitsbehörden darüber hinaus Hinweise vor, dass sich in Einzelfällen Rechtsextremisten als freiwillige Helfer ausgegeben und so Zugang zu Flüchtlingsunterkünften hatten. Die dort gewonnenen „Informationen“ wurden beispielsweise für Artikel auf verschiedenen Internetseiten verwendet (z.B. https://www.facebook.com/rechtemuenchen?fref=ts und http://www.pi-news.net/2015/09/muenchen-ausser-kontrolle/).
Die Fachstelle für Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Rassimus und Menschenfeindlichkeit hat die Beauftragten gegen Rechtsextremismus der Bezirksausschüsse gebeten, die Einrichtungen in ihrem Zuständigkeitsbereich entsprechend zu sensibilisieren.
Das Sozialreferat sensibilisiert sein Personal in den Unterkünften vor Ort bereits während der Einlernphase und auch im laufenden Dienstbetrieb hinsichtlich etwaiger Einflüsse von u.a. politischen Gruppierungen. Wöchentlich findet ein Austausch zwischen allen Beteiligten statt. Negative Entwicklungen werden angesprochen und gegebenenfalls Maßnahmen
dagegen koordiniert.
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz informiert die betroffenen Stellen, um ggf. Vorkehrungen treffen zu können. Im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten findet ein enger Austausch zwischen den Sicherheitsbehörden statt.
Ich darf Sie um Kenntnisnahme dieser Ausführungen bitten und gehe davon aus, dass die Angelegenheit damit erledigt ist.