Nach Vorbild der „Perspektive Freimann“: Lokale Entwicklungsperspektiven mit Bürgerbeteiligung entwickeln
Antrag Stadtrats-Mitglieder Paul Bickelbacher, Lydia Dietrich, Katrin Habenschaden, Anna Hanusch, Jutta Koller und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 26.10.2015
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Für Ihren o.g. Antrag und die eingeräumte Terminverlängerung zur Behandlung bedanke ich mich. Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlauben wir uns, Ihren Antrag als Brief zu beantworten, da sich dessen Intention mit dem nachfolgend beschriebenen teilräumlichen Ansatz der PERSPEKTIVE MÜN-CHEN deckt, der derzeit weiterentwickelt und umgesetzt wird.
Sie beantragen, dass in ausgewählten Stadtbezirken (bzw. Teilen davon) mit besonderem Entwicklungs- und Veränderungsbedarf unter Durchführung einer breiten Bürgerbeteiligung lokale Perspektiven nach dem Vorbild der „Perspektive Freimann“ entwickelt werden sollen. Die Stadtverwaltung soll einen Vorschlag unterbreiten, wie etwa über ein Bewerbungsverfahren durch die Bezirksausschüsse Stadtteile ausgewählt werden können, in denen dann in den nächsten Jahren ein solcher Prozess durchgeführt wird.
Als Begründung verweisen Sie auf die Wachstumsdynamik Münchens und die in den nächsten Jahren in bestimmten Bezirken anstehenden Veränderungen, etwa im Bereich Bauen, Wohnen, Planen, Verkehr und sonstiger Infrastruktur. Die „eine“ PERSPEKTIVE MÜNCHEN wird von Ihnen als nicht ausreichend für eine vielgestaltige und polyzentrische Stadt angesehen. Dieser Einschätzung stimme ich zu.
Die in der Stadtentwicklungskonzeption PERSPEKTIVE MÜNCHEN formulierten Ziele für die Entwicklung unserer Stadt spiegeln sich in den Stadträumen unterschiedlich wider, denn demografische, soziale, wirtschaftliche und ökologische Prozesse und damit einhergehende Chancen, Risiken und Handlungsbedarfe differieren innerhalb der Stadt sehr stark. Nicht selten sind die Unterschiede innerhalb einer Kommune größer als zwischen unterschiedlichen Städten.
Im Rahmen der letzten Fortschreibung der PERSPEKTIVE MÜNCHEN
wurde daher die bisher prägende gesamtstädtische Sichtweise um eine teilräumliche Betrachtung ergänzt und der sogenannten Handlungsraumansatz eingeführt, auch um Beteiligungswünschen der Bürgerinnen und Bürger, die sich in der Regel vor Ort manifestieren, Rechnung zu tragen. Beiden insgesamt zehn Handlungsräumen handelt es sich um die fachübergreifenden Schwerpunktgebiete der Stadtentwicklung, in denen sich besondere Entwicklungschancen, aber auch Risiken zeigen, und die in einem hohen Maß der Zuwendung und Sorgfalt bedürfen (Beschluss Nr. 08-14/V 11217 der Vollversammlung des Stadtrates vom 17.4.2013). Sie sind die „Hotspots“ der Münchner Stadtentwicklung in den nächsten Jahren (siehe Übersicht unter www.muenchen.de/perspektive).
Um die Herausforderungen in den Handlungsräumen zu meistern und die Chancen zu nutzen, ist vorgesehen, in den nächsten Jahren für jeden Handlungsraum ein integriertes Handlungsraumkonzept zu erstellen (Beschluss Nr. 14-20/V 00822 der Vollversammlung des Stadtrates vom 30.7.2014). Damit sollen die weit auseinanderliegenden Ebenen der strategischen Planung und der konkreten Umsetzung vor Ort mit einem neuen, dazwischenliegenden Instrument verbunden werden, das als Basis einer integrierten Stadt(teil)- und Quartiersentwicklung dienen kann. Das integrierte Handlungsraumkonzept beinhaltet dabei u.a. die zentralen Entwicklungsziele und -maßnahmen für den Handlungsraum mit einem Zeithorizont von etwa 5 bis 10 Jahren und soll einen Rahmen für die einzelnen Planungen, Maßnahmen und Projekte der Fachressorts bilden. Ein wesentliches Ziel ist auch die Schaffung eines gemeinsamen Planungsverständnisses beteiligter Akteure.
Die Grundlage für die Erstellung eines integrierten Handlungsraumkonzeptes bildet eine fundierte Analyse der sozialen, ökonomischen, verkehrlichen, energetischen und städtebaulichen Situation des Raumes. Im Rahmen der Analysen ist es zudem von zentraler Bedeutung, die relevanten Akteure, sowie die Bürgerinnen und Bürger des Handlungsraumes einzubinden, um lokales Wissen aufzugreifen. Nur auf dieser Grundlage lassen sich Bedarfe und Potenziale des Raumes ableiten. Wichtig ist auch eine Bestandsaufnahme bestehender und zukünftiger Maßnahmen, Projekte und Planungen im Gebiet. Weiterhin gilt es, Unterschiede und Beziehungen innerhalb des Raumes aufzuzeigen, Teilräume in Verbindung zu setzen sowie Wechselwirkungen, Impulse und Ausstrahlungseffekte aufzudecken. Darüber hinaus ist zu fragen, wie sich die gesamtstädtischen in der PERSPEKTIVE MÜNCHEN formulierten Leitlinien und Ziele teilräumlich niederschlagen. Ein wichtiges Element bei der Erstellung von integrierten Handlungsraumkonzepten ist daher die Einbindung von relevanten Akteurinnen und Akteuren, Bezirksausschüssen und der Öffentlichkeit insbesondere auch, wenn es darum geht, Ziele zu formulieren und Maßnahmen zu entwickeln.Derzeit wird als Modellprojekt ein derartiges Handlungsraumkonzept für den Handlungsraum 3 „Rund um den Ostbahnhof – Ramersdorf – Giesing“ durch einen externen Auftragnehmer im engen Dialog mit der Stadtverwaltung, den Bezirksausschüssen, lokalen Akteurinnen und Akteuren sowie den Bürgerinnen und Bürgern erarbeitet. Dieses Modellprojekt dient als Lernfeld für die Erstellung und Umsetzung integrierter Handlungsraumkonzepte in den anderen Gebieten. Es dient auch dazu, eine passende Methodik für die Einbindung von Bürgerinnen und Bürgern zu testen und zu finden.
Zum Kern des im Dezember 2015 gestarteten und etwa bis zum Frühjahr 2017 laufenden Projektes gehört daher eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit mittels verschiedener Elemente, angepasst an Zielgruppen. Der Auftaktveranstaltung, die im Februar 2016 stattfand, folgen in den nächsten Monaten drei mobile Bürgerversammlungen, zwei Expertenworkshops, drei thematische Werkstätten, ein zweitägiges Handlungsraumforum und eine Abschlussveranstaltung. Zusätzlich werden Gespräche mit Expertinnen und Experten vor Ort geführt, sowie die tangierten Bezirksausschüsse in alle Phasen des Prozesses eingebunden. Neben der Bearbeitung des Handlungsraumes 3 werden darüber hinaus auch andere Handlungsräume weiterbearbeitet. Dies geschieht in Kombination mit anderen Gutachten und Konzepten, die in den jeweiligen Räumen erstellt werden.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die PERSPEKTIVE MÜNCHEN derzeit teilräumlich konkretisiert wird. Für die Gebiete Münchens mit besonderer Entwicklungsdynamik und großen Veränderungen werden auf diesem Weg in den nächsten Jahren im engen Dialog von Stadtverwaltung, Politik, lokalen Akteurinnen und Akteuren sowie Bürgerinnen und Bürgern Perspektiven, Strategien und Umsetzungsschritte erarbeitet. Wir verfolgen das Ziel, den Handlungsraumansatz der PERSPEKTIVE MÜNCHEN gemeinsam mit der Stadtgesellschaft zu einem neuen Planungsinstrument zu entwickeln.
Um Kenntnisnahme von den vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.