Kunst.Braucht.Raum I: Ungenutzte Ladengeschäfte in Ateliers um- wandeln
Antrag Stadtrats-Mitglieder Kathrin Abele, Horst Lischka, Klaus Peter Rupp, Julia Schönfeld-Knor, Dr. Constanze Söllner-Schaar und Christian Vorländer (SPD-Fraktion) vom 17.9.2015
Antwort Bürgermeister Josef Schmid, Leiter des Referats für Arbeit und Wirtschaft:
Nach § 60 Abs. 9 GeschO dürfen sich Anträge ehrenamtlicher Stadtratsmitglieder nur auf Gegenstände beziehen, für deren Erledigung der Stadtrat zuständig ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine per Stadtratsbeschluss bereits zugewiesene Aufgabe. Ich erlaube mir daher, Ihren Antrag anstelle einer Stadtratsvorlage als Brief zu beantworten.
Ihr Antrag wurde dem Referat für Arbeit und Wirtschaft zur Bearbeitung zugeleitet. Ihr Anliegen wurde vom Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft bearbeitet.
Der Antrag sieht vor, eine einfache Umwandlung bzw. Zwischennutzung von Ladengeschäften und leerstehenden Fabrikgebäuden zur kreativen Nutzung zu prüfen.
Zudem soll geprüft werden, inwieweit das bereits städtisch geförderte Pilotprojekt „Platform“ im Rahmen eines Gesamtkonzeptes mit eingebunden werden kann.
Hinsichtlich der Ladengeschäfte ist auszuführen, dass der Handel eine sehr dynamische Branche ist, in der Mieterwechsel an der Tagesordnung sind. Neben dieser normalen Fluktuation können im Einzelfall aber auch längere Leerstandzeiten auftreten. Längere Leerstandsphasen von Ladengeschäften treten in der Regel auf, wenn zum einen die Renditeerwartung des Eigentümers und die Ertragserwartung der angesprochenen Einzelhändler oder Dienstleister auseinanderfallen. Diese Umstände können beispielsweise durch eingetretene strukturelle Schwierigkeiten im Umfeld von zentralen Lagen begleitet werden. Aber auch verwaltungsrechtliche Probleme oder Probleme auf Eigentümerseite (z.B. Uneinigkeit bei Erbengemeinschaften) können längere Leerstände auslösen.
Die Umwandlung und Zwischennutzung von Ladengeschäften zur kreativen Nutzung kann grundsätzlich ein Beitrag sein, um bei längeren Leerstandphasen von Ladengeschäften einem Trading Down Effekt entgegenzuwirken oder dem Eigentümer eine Orientierungsphase zu bieten undsein Objekt gegebenenfalls im Gespräch zu halten oder neu zu positionieren. Abhängig von der Art der vorgesehenen Zwischennutzung oder einer dauerhaften Umwandlung ist die Genehmigung einer entsprechenden Nutzungsänderung (z.B. Brandschutz, Stellplätze) auch baurechtlich zu prüfen.
Erfassung von Leerständen
Eine strukturierte Erhebung der Leerstände erfolgt im Rahmen der turnusmäßigen stadtweiten Erhebungen zur Fortschreibung des Zentrenkonzepts durch das Referat für Stadtplanung und Bauordnung. Die letzten Daten hierfür wurden 2011 erhoben und sollen 2017 fortgeschrieben werden.
In den Untersuchungsbereichen konnte zu diesem Zeitpunkt eine stadtweite Leerstandquote von 4% in zentralen Lagen festgestellt werden. Diese Höhe entspricht insgesamt der üblichen Fluktuation im Zusammenhang mit laufend stattfindenden Betriebsschließungen und -neueröffnungen. Eine außergewöhnliche Leerstandsproblematik ist damit nicht erkennbar.
Aufgrund der sehr großen Dynamik im Handel kann jedoch jede Untersuchung nur als Momentaufnahme gelten. Die Darstellung einer fortlaufend aktuellen Situation ist nicht möglich, da es keine Meldepflicht für leerstehende Objekte gibt.
Eine denkbare Möglichkeit zur Erfassung von Leerständen ist ein Screening der Immobilien-Onlineportale. Hier sind allerdings vorwiegend Makler mit einem anderen Auftrag (Handel, Dienstleister, möglichst ertragreicher langfristiger Mietvertrag) tätig.
Eine weitere Möglichkeit besteht grundsätzlich in der Nutzung einer aktuellen Ortskenntnis über Leerstände. Hier kommen insbesondere in Betracht: -die Bezirksausschüsse und örtlichen Stadträtinnen und Stadträte -das Gewerbeflächenmanagement des Referates für Arbeit und Wirtschaft, des Kommunalreferates sowie der MGS (für die Sanierungsgebiete)
-die örtlichen Gewerbeverbände
-die Stadtteilbüros der Aktiven Zentren (Pasing, Trudering und Neuaubing-Westkreuz).
Soweit seitens des Grundstückseigentümers keine bereits genehmigte Nachfolgenutzung verfolgt wird, ist zu vermuten, dass eine rasche Umstrukturierung des Objekts in eine höherrentierliche Nutzung (z.B. Wohnen) verfolgt wird. Trifft diese Nutzungserwartung auf bauordnungs- oder bau-planungsrechtliche Schwierigkeiten, bzw. benötigt einen längeren zeitlichen Vorlauf, ist die Bereitschaft der Eigentümer für eine entsprechende Zwischennutzung in der Regel nicht ausgeprägt, um die volle immobilienwirtschaftliche Handlungsfreiheit zu behalten.
Die Arbeit des Kompetenzteams Kultur- und Kreativwirtschaft
Das Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft der Landeshauptstadt München, das vom Referat für Arbeit und Wirtschaft, dem Kommunal- und dem Kulturreferat getragen wird, wurde als niederschwelliger Ansprechpartner für die 11 Teilbranchen der Kultur- und Kreativwirtschaft beschlossen. Es bietet Beratungen zu allen Fragen bezüglich Wirtschaftlichkeit, Förderungen und Vernetzung an, führt Veranstaltungen zur Vernetzung und Förderung des unternehmerischen Know-hows durch und unterstützt Kultur- und Kreativschaffende bei der Suche nach Arbeitsräumen.
Im Rahmen der Raumsuche sondiert das Team fortlaufend den Markt nach leerstehenden Flächen wie Läden, Werkstätten, Büro- oder Lagerflächen zu akzeptablen Preisen, um sie für Kultur- und Kreativschaffende verfügbar zu machen. Ein Hauptaugenmerk besteht auf dem Flächenangebot der Landeshauptstadt München sowie der Zusammenarbeit mit Institutionen wie der Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung mbH (MGS) und den Stadtteilbüros. Zusätzlich werden aber auch Angebote der privaten Immobilienwirtschaft ausgewertet oder Rückmeldungen Raumsuchender über für sie selber nicht passende Immobilien kommuniziert, um ein Angebot passender Flächen für die Kreativwirtschaft sichtbar zu machen.
Die erfassten Raumangebote sind nicht ungefiltert nutzbar, da die Anforderungen der kultur- und kreativwirtschaftlichen Teilmärkte differieren und die individuellen Nutzerbedürfnisse sehr unterschiedlich sind. Aktuelle Angebote werden regelmäßig mit den dem Kompetenzteam bekannten Raumsuchen der Kultur- und Kreativwirtschaft abgeglichen und individuell zugeordnet. Kontakte zu Objekten, die für eine größere Gruppe von Nutzern aus der Kultur- und Kreativwirtschaft interessant sind, werden per Rundmail an den entsprechenden Nutzerkreis kommuniziert. Möglichkeiten für Zwischennutzungen von Objekten werden intensiv gesucht und interessierten Kultur- und Kreativschaffenden zugänglich gemacht. Vermehrt erhält das Kompetenzteam Immobilienangebote aus der freien Wirtschaft. Für eine einfache Vermittlung wird zeitnah der Kontakt von Eigentümern und Kultur- und Kreativschaffenden hergestellt.Ladenobjekte eignen sich bei temporären Leerständen grundsätzlich für Zwischennutzungen im kultur- und kreativwirtschaftlichen Bereich. Ab März 2016 wird beispielsweise der ehemals von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus genutzte Laden im Ruffinihaus durch eine Textildesignerin für mehrere Monate genutzt. Weitere anschließende Nutzer sind in der Auswahl. Eine andere Zwischennutzung wird seit dem 14.12.2015 in der Maximilianstraße 33 realisiert. Über mehrere Monate werden die Ladenflächen im Erdgeschoss, die in den letzten Jahren von einem Teppichgeschäft und dann von der Zwischennutzung Haeppi Piecis belegt waren, von verschiedenen Künstlern bzw. Künstlergruppen und Kreativschaffenden genutzt. Vom 14.12.15 bis 19.12.15 war Joint Adventures in den Räumen. Vom 22.12.15 bis 24.12.15 nutzte Ben Wirth Lichtdesign die Räumlichkeiten für Fotoshootings. Vom 27.12.15 bis 15.1.16 waren die Künstlerinnen und Künstler des städtischen Ateliers in der Baumstraße in den Räumen mit der Präsentation „Wir ziehen weiter + ????“, die hier ihren Umzug thematisierten und damit die Herausforderungen der Kreativwirtschaft in München. Vom 16.1.16 bis 31.1.16 nutzte das Designkollektiv Super+ - Unholzer die Räume für einen Pop-Up-Store, in dem 18 Künstler und Designer die prominente Verkaufsfläche an der Maximilianstraße füllten. Weitere Nutzer sind bis Sommer in Planung.
Einbindung des Projektes Platform3/Räume für Kreative Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt für Kulturmanager/-innen sowie für Langzeitarbeitslose im Rahmen eines Atelierprojektes für Künstler/-innen Förderzyklus 2013 bis 2017.
Gemäß Beschluss des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft vom 6.3.2007 (Sitzungsvorlage Nr.: 02-08/V 09542) und Beschluss des Ausschusses für Arbeit und Wirtschaft vom 11.12.2012 (Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 10683) ist der Zweck des Projektes „Platform3/Räume für Kreative – Beschäftigungs- und Qualifizierungsprojekt für Kulturmanager/-innen sowie für Langzeitarbeitslose im Rahmen eines Atelierprojektes für Künstler/-innen Förderzyklus 2013 bis 2017“ die Beschäftigung und Qualifizierung von Absolvent/-innen von Ausbildungslehrgängen in Kulturwirtschaft und Kulturmanagement. Der Aufgabenbereich „Räume für Kreative“ des Projektvorhabens beschränkt sich auf die Verwaltung der 23 zum Projekt Platform3 gehörenden Ateliers einschließlich des Gastateliers sowie deren kuratorische Vergabe. Die Vergabe der weiteren städtischen Atelierhäuser obliegt dem Kulturreferat.
Die Unterstützung der Kultur- und Kreativschaffenden bei der Raumsuche – über das städtische Atelierangebot hinaus – ist Aufgabe des Kompe-tenzteams Kultur- und Kreativwirtschaft der Landeshauptstadt München entsprechend dem Beschluss des Stadtrats vom 19.2.2014. Mit den o.g. Anstrengungen kommt das Kompetenzteam dieser Aufgabe im Rahmen
der immobilienwirtschaftlichen wie genehmigungsrechtlichen Rahmenbedingungen nach.
Ich bitte Sie, von den vorstehenden Ausführungen Kenntnis zu nehmen und hoffe, dass Ihr Antrag zufriedenstellend beantwortet ist und als erledigt gelten darf.