Der Stadtrat der Landeshauptstadt München hat sich im Juli 2015 dafür ausgesprochen, an die Opfer des Nationalsozialismus in München mit einem zentralen Namensdenkmal und dezentral mit Gedenktafeln an Häusern oder Stelen im öffentlichen Raum zu erinnern. Doch wer ist Opfer des Nationalsozialismus? Damit befassen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eines Kolloquiums am Montag, 19. Juni, von 14 bis 18.30 Uhr, im Carl-Amery-Saal im Gasteig, Rosenheimer Straße 5.
Ausgehend von einer ersten Definition, der zufolge als Opfer des Nationalsozialismus alle Menschen angesehen werden, die während des NS-Regimes verfolgt und getötet wurden, ist es Ziel des Kolloquiums, sich einem Opferbegriff anzunähern, der wissenschaftlichen Standards entspricht und gegenwärtige erinnerungskulturelle Debatten berücksichtigt. An die ermordeten Münchner Juden, an Widerstandskämpfer wie die Geschwister Scholl oder an Opfer der Krankenmorde zu erinnern, gehört inzwischen zum Selbstverständnis der Landeshauptstadt. Mit der Errichtung eines zentralen Namensdenkmals rücken jedoch auch bisher marginalisierte Opfergruppen in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Dazu zählen unter anderem Sinti und Roma, ausländische Zwangsarbeiter in der deutschen Kriegswirtschaft und Personen, die als Homosexuelle, „Asoziale“ oder „Gewohnheitsverbrecher“ stigmatisiert, verfolgt und getötet wurden. Zwei Vorträge widmen sich sowohl diesen „vergessenen Opfern“ als auch erinnerungskulturellen Debatten. Die Historikerin Dr. Dagmar Lieske wird über die Verfolgung von „Berufsverbrechern“ im Nationalsozialismus und deren bis heute anhaltende Stigmatisierung referieren. Dr. Harald Schmid, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Bürgerstiftung Schleswig-Holsteinische Gedenkstätten und Autor, geht in seinem Vortrag den Konturen und Konjunkturen des Opferbegriffs in Geschichtspolitik und Erinnerungskultur nach.
In einer abschließenden Podiumsdiskussion diskutieren die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Dr. Gabriele Hammermann, Dr. Beate Meyer vom Institut für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg, Dr. Frank Reuter vom Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg sowie Dr. Jürgen Zarusky vom Institut für Zeitgeschichte in München über Diskurse und Perspektiven der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus in München.
Mit dem Fachkolloquium, das vom Kulturreferat und der Münchner Stadtbibliothek gefördert wird, stellt sich auch die mit zwei Fachhistorikern besetzte Koordinierungsstelle „Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in München“ im Stadtarchiv München der Öffentlichkeit vor. Der Flyer mit dem Programm ist unter http://bit.ly/2rqkxja abrufbar. DerEintritt ist frei, um Anmeldung per E-Mail an barbara.hutzelmann@muenchen.de wird gebeten.
(Siehe auch unter Terminhinweise)