Erhöhung der Kita-Gebühren durch die Hintertür?
Anfrage Stadtrats-Mitglieder Gülseren Demirel, Katrin Habenschaden, Jutta Koller, Sabine Krieger, Oswald Utz und Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 3.1.2017
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
Nachfolgend erhalten Sie die Antworten auf Ihre Fragestellungen in der Anfrage vom 3.1.2017. Angesichts des Umfangs und der Komplexität der Fragestellungen waren intensive Recherchen erforderlich, die zu einem erhöhten Zeitaufwand bei der Bearbeitung geführt haben, so dass die in der Geschäftsordnung festgelegte Frist nicht eingehalten werden konnte. Vor diesem Hintergrund wurde zwei Mal Fristverlängerung beantragt, nach Ablauf der verlängerten Frist kam es dann noch zu unvorhergesehen langem Abstimmungsbedarf. Ich bitte hierfür um Verständnis.
In Ihrer Anfrage vom 3.1.2017 thematisieren Sie, ausgehend von einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 3.1.2017, die Einkommensberechnung durch die Zentrale Gebührenstelle, die der Erhebung der Gebühren für den Besuch der städtischen Kinderageseinrichtungen zugrunde liegt.
Hintergrund ist ein Stadtratsbeschluss vom 29. Juli 2015 (Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 03521: Streikbedingte Gebührenrückerstattung an betroffene Familien in städtischen Kindertageseinrichtungen; Raumnutzung durch Eltern; Rückwirkende Änderung der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung). Damals wurde durch das Referat für Bildung und Sport vorgeschlagen und vom Stadtrat antragsgemäß beschlossen, dass zur Klarstellung der bestehenden Verwaltungspraxis sowie im Vorgriff auf die geplante Änderung der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung der Einkommensbegriff in § 6 Abs. 1 Buchstabe a) der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung um die Formulierung „§ 2 Abs. 5a des Einkommensteuergesetzes (EStG) findet keine Anwendung“ ergänzt und somit eindeutiger definiert wird. Die Regelung des § 1 Ziffer 1 der Änderungssatzung trat zum 31.8.2015 in Kraft und galt somit ab dem Kindertageseinrichtungsjahr 2015/2016.
In der Ihren Fragen vorangestellten Schilderung stellen Sie darauf ab, dass eine Mitteilung des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) die mit der Satzungsänderung beschlossene Neuerung in der Einkommensberechnung nicht stütze.Bezüglich des Zeitpunkts des Inkrafttretens verweisen Sie auf die in dem Zeitungsartikel enthaltene Aussage, die Zentrale Gebührenstelle habe die veränderte Einkommensberechnung bereits vor der Satzungsänderung angewandt.
Vor der Beantwortung der von Ihnen im Einzelnen gestellten Fragen gilt es festzuhalten, dass die Landeshauptstadt München durch die Kindertageseinrichtungsgebührensatzung vom 31.7.2006 eine ausgewogene soziale Staffelung der für den Besuch von städtischen Kindertageseinrichtungen anfallenden Besuchsgebühren anbietet und somit die finanzielle Situation der Eltern entsprechend berücksichtigt.
Die Höhe der Gebühren ist seit Inkrafttreten der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung zum Einrichtungsjahr 2006/2007 und somit seit über 10 Jahren unverändert. Von einer Anhebung der Gebühren wurde im Hinblick auf die in München besonders hohen Lebenshaltungskosten abgesehen, obwohl seit der letzten Anpassung der Gebühren zum September 2006 die Kosten für die Kindertageseinrichtungen massiv angestiegen sind. Die sozial gestaffelten Gebühren bewegen sich insgesamt auf einem niedrigen Niveau. Die in der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung geregelte freiwillige soziale Ermäßigung sieht zudem eine umfangreiche Geschwisterermäßigung vor.
Zum Kindertageseinrichtungsjahr 2017/2018 wurde durch den Bildungsausschuss und den Kinder- und Jugendhilfeausschuss des Stadtrates in der gemeinsamen Sitzung vom 21.3.2017 sowie durch die Vollversammlung des Stadtrates vom 5.4.2017 die Einführung einer neuen Satzung über die Gebühren für den Besuch der städtischen Kinderkrippen, Häuser für Kinder, Kindergärten, Horte und Tagesheime beschlossen. Auch die neue Kindertageseinrichtungsgebührensatzung hält an einer ausgewogenen sozialen Staffelung der weitestgehend unveränderten Gebühren fest. Zudem konnte mit einer Neuregelung der Geschwisterermäßigung auch im Hinblick auf die nicht-städtischen Einrichtungen, die an der Münchner Förderformel teilnehmen, eine vereinheitlichte und im Ergebnis bestmögliche Entlastung für die Münchner Familien erreicht werden. Ausführliche Informationen zur neuen Kindertageseinrichtungsgebührensatzung sind der Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 08277 des Referats für Bildung und Sport zu entnehmen.
Des Weiteren gilt es festzuhalten, dass das Bayerische Verwaltungsgericht München die Kindertageseinrichtungsgebührensatzung in der aktuellen Fassung vom 13.8.2015 bestätigt hat. In einem aktuellen Klageverfahren hat das VG München explizit erklärt, dass durch die Änderung der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung vom 13.8.2015 die Thematik des Nicht-Abzugs von Kinderbetreuungskosten beim Begriff der Einkünfte eindeutig geklärt ist.
Im Rahmen der genannten Satzungsänderung erfolgte die Beteiligung der Regierung von Oberbayern als zuständige Rechtsaufsichtsbehörde (vgl. Art. 110 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern). Diese hat in ihrer Stellungnahme ausdrücklich mitgeteilt, dass die Satzungsänderung rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden ist.
Des Weiteren hat die Regierung von Oberbayern in ihrer Funktion als zuständige Widerspruchsbehörde in einem aktuellen Rechtsbehelfsverfahren mit Widerspruchsbescheid die jeweiligen Widersprüche zurückgewiesen. In ihrer Begründung hat die Regierung von Oberbayern ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden ist, wenn die Landeshauptstadt München bei der Berechnung der maßgeblichen Einkünfte nach § 6 der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung von dem steuerlich ausgewiesenen Gesamtbetrag der Einkünfte die Kinderbetreuungskosten nicht abgezogen, d. h. nicht mindernd berücksichtigt hat. Die Regierung von Oberbayern hat sich insofern grundsätzlich der Rechtsmeinung der Landeshauptstadt München angeschlossen.
Aufgrund der genannten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts München sowie aufgrund der Stellungnahmen der Regierung von Oberbayern als zuständiger Rechtsaufsichtsbehörde kann im Ergebnis zweifelsfrei festgehalten werden, dass die Kindertageseinrichtungsgebührensatzung in der Fassung vom 13.8.2015 mit ihrer Regelung, die Anwendung des § 2 Abs. 5a EStG auszuschließen, rechtmäßig und in keinerlei Hinsicht zu beanstanden ist.
Zu Ihren im Einzelnen gestellten Fragen kann ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Frage 1:
Wie handhaben andere Kommunen die Änderungen seitens des BMF?
Antwort:
Die Erhebung von Gebühren für den Besuch von kommunalen Kindertageseinrichtungen ist sehr unterschiedlich ausgestaltet. Bei einem Vergleich mit anderen Kommunen gilt es zu berücksichtigen, dass die Situation in den einzelnen Gemeinden bzw. Städten generell nicht vergleichbar ist. Dies trifft sowohl für den Freistaat Bayern als auch für die übrigen Bundesländer zu. Aufgrund des einheitlichen bayerischen Landesrechts ist ein Ver-gleich der Landeshauptstadt München am ehesten noch mit Kommunen im Freistaat Bayern gerechtfertigt. Vor dem Hintergrund der Unterschiede im jeweiligen Landesrecht ist ein Vergleich mit Kommunen in anderen Bundesländern nicht angezeigt.
Nach bayerischem Landesrecht gehört die Kinderbetreuung zu den Aufgaben im eigenen Wirkungskreis einer bayerischen Gemeinde (vgl. Art. 7 und Art. 57 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern).
Im Rahmen des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden (vgl. Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz, Art. 11 Abs. 2 Bayerische Verfassung) haben diese das Recht, „ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu ordnen und zu verwalten“. Dieses Recht zur Selbstverwaltung beinhaltet auch das Recht einer Gemeinde, für den Besuch von Kindertageseinrichtungen in kommunaler Trägerschaft Benutzungsgebühren zu erheben und diese – im Rahmen der Gesetze – entsprechend auszugestalten (vgl. Art. 23 und Art. 24 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern).
Hinsichtlich der Ausgestaltung von Benutzungsgebühren wird als Voraussetzung für eine Förderung von Kindertageseinrichtungen durch den Freistaat Bayern gemäß Art. 19 Nr. 5 des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) eine Staffelung der Elternbeiträge nach Buchungszeiten gefordert. Eine soziale Staffelung der Benutzungsgebühren nach dem Einkommen der Sorgeberechtigten, wie sie die Landeshauptstadt München anbietet, gilt nicht als Fördervoraussetzung nach dem BayKiBiG, sondern ist vielmehr eine freiwillige Leistung.
Vor diesem Hintergrund erheben etliche Kommunen im Freistaat Bayern für den Besuch ihrer kommunalen Kindertageseinrichtungen eine Einheitsgebühr ohne soziale Staffelung nach dem Einkommen der Sorgeberechtigten, mit Ermäßigung ausschließlich im Rahmen der Wirtschaftlichen Jugendhilfe gemäß § 90 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII). Im Rahmen der – im Übrigen bundesweit einheitlich nach dem Sozialgesetzbuch gültigen – Zumutbarkeitsprüfung der Wirtschaftlichen Jugendhilfe werden die Gebühren hierbei ganz oder teilweise übernommen, wenn die Belastung den Eltern (und dem Kind) nicht zuzumuten ist. Erfahrungsgemäß kann davon ausgegangen werden, dass bei aktuellen Jahreseinkünften bis ca. 40.000 Euro die Regelung des § 90 Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) zur Anwendung kommt und die anfallenden Kindertageseinrichtungsgebühren ganz oder teilweise übernommen werden. Bei aktuellen Jahreseinkünften ab ca. 40.000 Euro liegt im Sinne des Sozialgesetzbuches in der Regel keine unzumutbare Belastung durch die Gebühren vor mit der Folge, dass die jeweilige – nicht aufgrund der Einkommenssituation ermäßigte – Einheitsgebühr maßgeblich ist. Bei der Festsetzung von Ein-heitsgebühren wird kein für die Gebührenerhebung maßgebliches anrechenbares Einkommen ermittelt, so dass auch Kinderbetreuungskosten nicht in Abzug gebracht werden können und diese somit grundsätzlich keine Berücksichtigung finden.
Bzgl. der Kommunen im Freistaat Bayern, die für ihre kommunalen Kindertageseinrichtungen eine Einheitsgebühr erheben, seien hier (in alphabetischer Reihenfolge) beispielhaft folgende Städte genannt:
Ansbach, Augsburg, Dachau, Deggendorf, Erding, Erlangen, Freising, Fürstenfeldbruck, Fürth, Ingolstadt, Kaufbeuren, Landshut, Memmingen, Neu-Ulm, Nürnberg, Passau, Regensburg, Rosenheim, Straubing, Würzburg.
Bzgl. der Kommunen im Freistaat Bayern, die für ihre kommunalen Kindertageseinrichtungen eine nach dem Einkommen der Sorgeberechtigten gestaffelte Gebühr erheben („Sozialstaffelung“) seien exemplarisch folgende Gemeinden und Städte genannt:
Germering, Gröbenzell, Starnberg.
In den jeweiligen Gebührensatzungen sind keine Regelungen enthalten, dass die nachgewiesenen maßgeblichen Einkünfte um Kinderbetreuungskosten gemindert werden bzw. dass von Seiten der Sorgeberechtigten Kinderbetreuungskosten mittels entsprechender Nachweise (Gebührenbescheide mit Zahlungsnachweisen) geltend gemacht werden können.
Frage 2:
Sollten andere Kommunen die Kita-Gebühren weiterhin auf Basis des Einkommens abzüglich der Kinderbetreuungskosten berechnen – Wieso verfährt die Landeshauptstadt München dann nicht genau so?
Antwort:
Nach einem Hinweis des Verwaltungsgerichts München auf die Änderung des Einkommensteuergesetzes und den darin geregelten Abzug
von Kinderbetreuungskosten vom Gesamtbetrag der Einkünfte hat die Rechtsabteilung des Referats für Bildung und Sport den Abzug von Kinderbetreuungskosten im Rahmen des Einkommensbegriffs der Münchner Kindertageseinrichtungsgebührensatzung im Jahr 2014 geprüft und aus mehreren Gründen verneint. Neben der grundsätzlichen Nicht-Anwendbarkeit des § 2 Abs. 5a EStG spricht auch die Auslegung der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung gegen einen Abzug von Kinderbetreuungskosten. Eine Anwendung würde in einigen Fallkonstellationen (aktuelle Vergleichsberechnung) zu einem Zirkelschluss und damit zur Unbestimmtheit des satzungsmäßigen Einkünftebegriffs führen. Im Fall der sog. aktuellen Vergleichsberechnung, d. h. der Bemessung nach den aktuellen Einkünf-ten des laufenden Jahres, wäre die Höhe der festgesetzten Gebühr selbst wieder entscheidend für die Höhe der Gebühr. Die „Rechtsfolge“ würde in einem Zirkel zur Voraussetzung der eigenen Rechtmäßigkeit werden. Es ist nicht Sinn und Zweck der Norm gerade bei der Ermittlung der Kosten, deretwegen die Ermäßigung/der Sonderausgabenabzug gewährt wird, diese wiederum über § 2 Abs. 5a EStG kostenmindernd zu berücksichtigen. Wie erläutert, geht das Referat für Bildung und Sport davon aus, dass besagte Regelung des § 2 Abs. 5a EStG überhaupt keine Auswirkung auf die Kindertageseinrichtungsgebührensatzung der Landeshauptstadt München hat.
Frage 3:
Wie hoch ist die maximale monatliche Erhöhung der Kita-Gebühren für die Eltern durch die Änderung der Satzung (Angaben in Euro und Prozent)?
Antwort:
Zunächst muss nochmals klargestellt werden, dass keine Erhöhung der Kindertageseinrichtungsgebühren erfolgte. Vielmehr hat der Bundesgesetzgeber durch eine Änderung des Einkommensteuergesetzes zum 1.1.2012 die Einkommensbezugsgrößen leicht verändert.
Dadurch können die Einkünfte bei einzelnen Familien höher ausgewiesen werden, was eine geringere freiwillige Gebührenermäßigung durch die LHM zur Folge haben kann, wenn dadurch die nächste Einkommensstufe erreicht wird.
Auch ein in der Frage 3 implizierter Zusammenhang zwischen einer Gebührenerhöhung und der Änderung der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung im Jahr 2015 ist nicht zutreffend.
Mit der Satzungsänderung erfolgte lediglich eine Klarstellung, dass der im Einkommensteuergesetz vorgesehene Abzug der Kinderbetreuungskosten vom Gesamtbetrag der Einkünfte im Bereich der Kindertageseinrichtungsgebühren nicht zur Anwendung kommt. Der Bundesgesetzgeber zielte damals nicht auf kommunale Satzungen, sondern lediglich andere außersteuerliche Gesetze ab.
Bei einer Anwendung des Abzugs der Kinderbetreuungskosten vom Gesamtbetrag der Einkünfte könnte dies dazu führen, dass Eltern im Einzelfall bis zu maximal 48 Euro monatlich weniger an Besuchsgebühren zu zahlen hätten (Unterschied zwischen den Einkommensstufen „über 60.000 Euro“ und „bis 60.000 Euro“ bei Kinderkrippen in der Buchungsstufe „über 9 Stunden“). Dies wäre eine Reduzierung um 11,40%.
Frage 4:
Wie hoch ist die durchschnittliche Erhöhung der Kita-Gebühren gemittelt auf alle Gebührenzahler?
Antwort:
Bezogen auf die jährlichen Einnahmen durch die Gebühren für den Besuch städtischer Kindertageseinrichtungen würde die Anwendung des Abzugs der Kinderbetreuungskosten vom Gesamtbetrag der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid eine Reduzierung der Kita-Gebühren von etwa 0,7% bedeuten.
Dieser Wert wurde im Rahmen einer qualifizierten Schätzung festgestellt, da auswertbare Daten zu dieser Thematik nicht vorliegen.
Frage 5:
In wie vielen Fällen haben sich durch diese Satzungsänderung die Kita-Gebühren erhöht?
Antwort:
Durch die Satzungsänderung im Jahr 2015 ergab sich grundsätzlich keine Gebührenerhöhung (siehe auch die Antwort zu Frage 3). Es kann aber davon ausgegangen werden, dass, falls der Abzug der Kinderbetreuungskosten vom Gesamtbetrag der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid angewandt würde, jährlich etwa 1.000 Eltern niedrigere Besuchsgebühren zu zahlen hätten.
Bei der Ermittlung dieser Zahl wurden die gebührenrelevanten Unterlagen des Einrichtungsjahres 2015/2016 für 166 Kinder ausgewertet. Dabei wurden unterschiedliche Einrichtungsarten und Stadtteile berücksichtigt. Es wurde festgestellt, dass der Abzug der Kinderbetreuungskosten in fünf Fällen niedrigere Besuchsgebühren nach sich gezogen hätte. Das entspricht ca. 3% der untersuchten Kinder. Dieser prozentuale Wert wurde dann auf alle Kinder in städtischen Einrichtungen (ca. 35.000) projiziert.
Frage 6:
Wieso waren in der damaligen Stadtratsvorlage keine Ausführungen über mögliche Gebührenerhöhungen für Eltern enthalten?
Antwort:
Wie in der Antwort zu Frage 3 bereits festgehalten, erfolgte mit der Änderung der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung lediglich eine Klarstellung, dass der im Einkommensteuergesetz vorgesehene Abzug der Kinderbetreuungskosten vom Gesamtbetrag der Einkünfte im Bereich der Kindertageseinrichtungsgebühren nicht zur Anwendung kommt.In der Sitzungsvorlage Nr. 14-20/V 3521 für den Beschluss des Bildungsausschusses und des Kinder- und Jugendhilfeausschusses des Stadtrats in der gemeinsamen Sitzung vom 7.7.2015 sowie für den Beschluss der Vollversammlung des Stadtrats vom 29.7.2015 ist unter der Ziffer 5 die Rechtsfolge der Gesetzesänderung eindeutig benannt.
Aus den Ausführungen ist zum einen ersichtlich, dass bis zum Jahr 2012 die Kinderbetreuungskosten im Steuerbescheid bereits teilweise im Rahmen des Gesamtbetrags der Einkünfte abgezogen waren, was nach dem damaligen Rechtsstand gegebenenfalls unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe der Besuchsgebühren hatte.
Zum anderen wird erläutert, dass ab dem steuerlichen Veranlagungszeitraum 2012 (Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 2012 oder später) die Kinderbetreuungskosten nicht mehr als Werbungskosten bzw. als Betriebsausgaben erfasst werden und somit eben nicht mehr „automatisch“ zu einem reduzierten Gesamtbetrag der Einkünfte führen, der wiederum maßgeblich ist für die Höhe der Besuchsgebühren.
Es wird weiter ausgeführt, dass die Kinderbetreuungskosten nun gesondert ermittelt und nachgewiesen werden müssten und dass dies für alle am Verfahren Beteiligten einen zum Teil erheblicher Mehraufwand bedeuten würde.
Es wird abschließend betont, dass es aus rechtlichen Gründen als zulässig und gerechtfertigt angesehen wird, von einem Abzug der Kinderbetreuungskosten auch in Zukunft abzusehen.
Dies wurde vom Bayerischen Verwaltungsgericht München bestätigt.
In diesem Zusammenhang darf erwähnt werden, dass sich die Stadtratsfraktion Die Grünen/Rosa Liste bereits Anfang Dezember 2015 bzgl. der Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten im Rahmen der Berechnung der Kindertageseinrichtungsgebühren an das Referat für Bildung und Sport gewandt hatte. Durch die Rechtsabteilung des Referats für Bildung und Sport wurden der Stadtratsfraktion Die Grünen/Rosa Liste am 7.12.2015 telefonisch umfassende Auskünfte erteilt.
Im Einzelnen wurden die jeweils neue und alte Rechtslage zu den Kinderbetreuungskosten im Einkommensteuergesetz (EStG) sowie die Bestimmung des Einkünftebegriffs und die Gebührenberechnung nach der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung erläutert.
Des Weiteren wurde darauf eingegangen, welche Probleme der Abzug von Kinderbetreuungskosten bringen könnte (Zirkelschluss), dass eine einfacheBerechnung bei der Masse an Verfahren nötig und dass daher ein weiter und typisierender Einkommensbegriff erforderlich sei.
Zudem wurde betont, dass die Staffelung nach Einkommen eine freiwillige Ermäßigung der Stadt München ist und dass z. B. die Stadt Nürnberg eine Einheitsgebühr ohne Sozialstaffelung nach dem Einkommen der Sorgeberechtigten erhebe. Es wurde darauf hingewiesen, dass nur die Staffelung nach Buchungszeiten gesetzlich vorgeschrieben sei und dass ein Abzug der Kinderbetreuungskosten vom Gesamtbetrag der Einkünfte dazu führen könnte, dass Eltern im Einzelfall bis maximal 48 Euro monatlich weniger an Besuchsgebühren zu zahlen hätten (Unterschied zwischen den Einkommensstufen „über 60.000 Euro“ und „bis 60.000 Euro“ bei Kinderkrippen in der Buchungsstufe „über 9 Stunden“).
Frage 7:
Wie wertet die Stadt München die Ausführungen des BMF bzw. die im Artikel der SZ genannte ‚Empfehlung‘ des BMF, auch weiterhin die Kosten für Kinderbetreuung vom Einkommen abzuziehen?
Antwort:
Beim BMF-Schreiben IV C 4 - S 2221/07/0012:012 vom 14. März 2012 handelt es sich lediglich um eine Erläuterung des Bundesministerium der Finanzen an die Finanzbehörden für die steuerliche Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten ab dem Veranlagungszeitraum 2012. Eine Empfehlung an kommunale Satzungsgeber für die Bemessung von Gebühren für Kindertageseinrichtungen ist darin nicht zu sehen.
Frage 8:
Sieht das Referat für Bildung und Sport die Möglichkeit, die Berücksich- tigung der Betreuungskosten bei der Gebührenstaffelung mit aufzuneh- men?
Antwort:
Eine Änderung der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung wäre grundsätzlich möglich. Wie vorstehend jedoch bereits erläutert, ist es aus rechtlichen Gründen nicht geboten, einen Abzug von Kinderbetreuungskosten zu berücksichtigen (siehe jeweils die Antwort zu den Fragen 2 und 7).
Frage 9:
Welche erhöhten Verwaltungskosten würden dem Referat für Bildung und Sport entstehen, wenn es in allen Fällen die Prüfung des Abzugs der Kin- derbetreuungskosten von den Einkommen vornehmen würde?
Antwort:
Die Anwendung des Abzugs der Kinderbetreuungskosten bei der Berechnung der Kindertageseinrichtungsgebühren würde für die Zentrale Gebührenstelle zu einem erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand führen. Im Rahmen des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist die Landeshauptstadt gehalten, für die Gebührenermäßigung die erforderlichen Nachweise zu prüfen. Dies bedeutet allein schon bei der Sichtung und Berechnung der Einkünfte bei der Vorlage von Einkommensteuerbescheiden einen Mehraufwand. Wesentlicher ist allerdings die Tatsache, dass bei Weitem nicht alle Eltern einen Steuerbescheid vorlegen können (z. B. weil sie zur Abgabe einer Steuererklärung nicht verpflichtet waren) und ihre Einkünfte z. B. mit einer Lohnsteuerbescheinigung nachweisen oder aber die Kinderbetreuungskosten in ihrer Einkommensteuererklärung nicht geltend gemacht haben. Schon aus Gründen der Gleichbehandlung müsste man auch in diesen Fällen die Kinderbetreuungskosten in Abzug bringen. Das würde bedeuten, dass die Sorgeberechtigten die im maßgeblichen Kalenderjahr entstandenen Kinderbetreuungskosten vollständig nachweisen müssten. Die Beschaffung dieser Unterlagen, verbunden mit Telefonaten, Schriftverkehr und persönlichen Vorsprachen dürfte für die Sorgeberechtigten und die Gebührenstelle erfahrungsgemäß einen erheblichen Aufwand darstellen. Der Gebührenstelle verbleibt zudem die Aufgabe der Ermittlung der (für einzelne Monate evtl. unterschiedlichen) Besuchs- bzw. Betreuungskosten, wobei zwischen geforderten bzw. vereinbarten (Vertrag, Gebührenbescheid) Beiträgen und tatsächlich geleisteten Zahlungen (Kontoauszüge, Zahlungsbestätigungen) unterschieden werden muss und Verpflegungskosten wiederum in Abzug zu bringen sind sowie abschließend die Verrechnung der ermittelten Betreuungskosten mit den sonstigen Einkünften der Eltern.
Es ist davon auszugehen, dass der zusätzliche Verwaltungsaufwand nur unter Zuschaltung von weiteren 1,5 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) in der Gebührensachbearbeitung (Besoldungsgruppe A 7 bzw. Entgeltgruppe E 6) zu bewältigen sein würde. Für die 1,5 VZÄ würden Personalvollkosten von ca. 100.000 Euro anfallen.
Frage 10:
Wäre eine Novellierung der Einkommensgrenzen bei der Gebührenstaffe- lung möglich, um dadurch den Effekt der Satzungsänderung auszugleichen und Mehrbelastungen im Durchschnitt zu vermeiden?
Antwort:
Eine Novellierung der Einkommensgrenzen würde bedeuten, dass sich die vom Nichtabzug der Kinderbetreuungskosten betroffenen Eltern in einer Einkommensstufe wiederfinden, die eine niedrigere Besuchsgebühr nach sich zieht. Allerdings würden sich dadurch auch für einen Großteil aller anderen Eltern die Besuchsgebühren reduzieren, was massive Einnahmeverluste für die Landeshauptstadt München bedeuten würde. Darüber hinaus lässt sich eine logische und strukturierte Anpassung der Einkommensgrenzen auf Grund der in der Höhe individuell völlig unterschiedlichen Kinderbetreuungskosten auch im Hinblick auf die Gleichbehandlung aller Eltern nicht vornehmen und ist somit nicht praktikabel.
Frage 11:
Wenn ja, wie würden sich die Einkommensgrenzen verschieben?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 10.
Frage 12:
Trifft es zu, dass die Zentrale Gebührenstelle seitens der Rechtsabteilung oder der Referatsleitung angewiesen wurde, bereits im Jahr 2014 die Gebühren ausschließlich auf Basis des Einkommens ohne abgezogene Kinderbetreuungskosten zu berechnen?
Antwort:
Es trifft nicht zu, dass die Zentrale Gebührenstelle seitens der Rechtsabteilung oder der Referatsleitung des Referats für Bildung und Sport entsprechend angewiesen wurde. Die Rechtsabteilung hat im Jahr 2014 im Auftrag der Zentralen Gebührenstelle juristisch geprüft, ob die Änderung des Einkommenssteuergesetzes Auswirkungen auf die Bemessung der
Einkünfte nach der Satzung der Landeshauptstadt München über die Gebühren für den Besuch der städtischen Kinderkrippen, Kindertageszentren, Kooperationseinrichtungen, Kindertagesstätten und Tagesheime (Kindertageseinrichtungsgebührensatzung) hat. Rechtsgrundlage für die Kindertageseinrichtungsgebührensatzung ist Art. 1, 2 Abs. 1 und Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Kommunalabgabengesetzes (KAG). Das Verwaltungsgericht München hat bereits mehrfach erklärt, dass keinerlei Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Kindertageseinrichtungsgebührensatzung bestehen. Dabei wurde festgestellt, dass die Gesetzesänderung keine Auswirkungen auf die Kindertageseinrichtungsgebührensatzung der Stadt München hat. Der Verwaltungsvollzug durch die Zentrale Gebührenstelle unterliegt in diesem Punkt daher seit Inkrafttreten der Satzung im Jahr 2006 keiner Änderungund entspricht der vom Stadtrat beschlossenen Kindertageseinrichtungsgebührensatzung.
Frage 13:
Wenn 12 bejaht wurde: Auf welcher rechtlichen Grundlage geschah dies?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 12.
Frage 14:
Wenn 12 bejaht wurde: Sind alle Bescheide, welche ab dem Zeitpunkt der Anweisung bis zum Zeitpunkt der Satzungsänderung erstellt wurden, rechtssicher oder könnten die Eltern diese im Nachhinein anfechten?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 12.
Frage 15:
Wenn 12 bejaht wurde: Hat die Verwaltung dann damit ohne Stadtratsauf- trag gegen eine gültige Satzung verstoßen?
Antwort:
Siehe Antwort zu Frage 12.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.