Notenberichte/Leistungsberichte und Schulentwicklungsgespräche an allen städtischen Gymnasien einführen
Antrag Stadtrat-Mitglieder Jutta Koller, Sabine Krieger und Oswald Utz (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste) vom 16.3.2017
Antwort Stadtschulrätin Beatrix Zurek:
Ihr Einverständnis vorausgesetzt, erlaube ich mir, Ihren Antrag als Brief zu beantworten.
Zu Ihrem Antrag vom 16.3.2017 teile ich Ihnen Folgendes mit:
Erkenntnisse darüber, an welchen staatlichen Gymnasien Noten- bzw. Leistungsberichte und Schulentwicklungsgespräche eingesetzt werden, liegen dem Referat für Bildung und Sport nicht vor. Die Durchführung einer Umfrage durch den Sachaufwandsträger mit dem Ziel, den diesbezüglichen Ist-Stand an den staatlichen Gymnasien in der Landeshauptstadt München in Erfahrung zu bringen, ist gemäß § 24 Abs. 1 der Bayerischen Schulordnung nur nach Genehmigung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde zulässig; die Genehmigung kann erteilt werden, wenn an der Erhebung
u. a. ein erhebliches pädagogisch-wissenschaftliches Interesse anzuerkennen ist. Daher erfolgte eine Umfrage ausschließlich bei den städtischen Gymnasien.
1. Notenberichte/Leistungsberichte
a) Schulrechtliche Vorgaben
Gemäß § 40 Abs. 3 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern (GSO) kann das Zwischenzeugnis in den Jahrgangsstufen 5 bis 8 einheitlich durch mindestens zwei schriftliche Informationen über das Notenbild der Schülerinnen und Schüler ersetzt werden.
Die Entscheidung trifft die Lehrerkonferenz im Einvernehmen mit dem Elternbeirat vor Unterrichtsbeginn des Schuljahres.
Diese Möglichkeit korreliert mit der Modus-Maßnahme Nr. 35 „Zwischenberichte statt Halbjahreszeugnisse“. Diese Modus-Maßnahme sieht vor, dass die Eltern zu zwei Zeitpunkten innerhalb des Schuljahres (Dezember und April) einen detaillierten schriftlichen Überblick über die Leistungen ihres Kindes erhalten.
b) Anwendung des § 40 Abs. 3 GSO an den 14 städtischen Gymnasien Lediglich an einem städtischen Gymnasium – dem Städt. Luisengymnasium – wird aufgrund der bereits vorhandenen technischen Möglichkeitenvor Ort vom § 40 Abs. 3 GSO Gebrauch gemacht, da es für die Erstellung von Notenberichten/Leistungsberichten nötig ist, dass von den Lehrkräften regelmäßig alle Noten der Schülerinnen und Schüler in ein entsprechendes Computersystem eingegeben werden.
Das Städt. Luisengymnasium wurde 2006 in das Pilotprojekt „Informationsportal für die Schulen Bayerns“ aufgenommen, das von einer externen Firma mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus durchgeführt wurde. Weiteren interessierten Gymnasien wurde damals die Nutzung des Informationsportals nach Ende der Projektlaufzeit in Aussicht gestellt.
Nach Ende des Pilotprojekts im Juli 2010 schlossen das RBS und die externe Firma eine Vereinbarung, die dem Städt. Luisengymnasium die weitere Nutzung des „Info-Portals“ ermöglicht.
Für weitere interessierte Gymnasien muss Software gemäß vergaberechtlicher Vorschriften beschafft werden.
Nach Kenntnis der Abteilung für Gymnasien haben in den vergangenen Jahren einige Elternvereine/Fördervereine staatlicher Gymnasien das Info-Portal in „Eigenregie“ beschafft und ihrer Schule zur Nutzung überlassen.
c) Pädagogische Überlegungen
Hinsichtlich der pädagogischen Auswirkungen bei der Einführung von Notenberichten sind folgende Vor- und Nachteile gegeneinander abzuwägen:
Ein Notenstandsbericht bereits im Dezember kann dazu führen, dass aus dem Zwang, in allen Kern- und Vorrückungsfächern (mehrere) Noten gebildet haben zu müssen, eine Ballung von Leistungserhebungen zu Ungunsten der Schülerinnen und Schüler stattfindet.
Ein Notenstandsbericht im April hingegen besitzt den Vorteil, dass Fachlehrkräfte Eltern sowie Schülerinnen und Schüler bei prekären Leistungen rechtzeitig beraten können, d. h. ein anlassbezogenes pädagogisches Entwicklungsgespräch führen können, um eventuelle Defizite konstruktiv aufarbeiten zu können, damit das Klassenziel erreicht werden kann bzw. bestehende Lücken im Hinblick auf eine erfolgreiche zukünftige Schullaufbahn vermindert werden können.
Für die Schulleitungen bieten EDV-gestützte Notenstandsberichte, die zu bestimmten Zeitpunkten anzufertigen sind, den Vorteil, dass sie sich fort-laufend über den Leistungsstand einzelner Klassen sowie der einzelnen Schülerin/des einzelnen Schülers informieren und bei Bedarf intervenieren können.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass gegenwärtig an 13 der 14 städtischen Gymnasien die technischen Möglichkeiten nicht vorhanden sind, um das Zwischenzeugnis durch Noten- bzw. Leistungsberichte zu ersetzen. Aber auch wenn alle Gymnasien bereits über ein Virtuelles Lehrerzimmer verfügten, blieben die Vorgaben gemäß § 40 Abs. 3 GSO unberührt.
2. „Lernentwicklungsgespräch“
a) Definition und schulrechtliche Vorgaben
Grundschulen in Bayern haben seit dem Schuljahr 2014/2015 die Möglichkeit, das Zwischenzeugnis in den Jahrgangsstufen 1 mit 3 durch ein dokumentiertes Lernentwicklungsgespräch zu ersetzen. An dem Lernentwicklungsgespräch nehmen die Klassenleiterin bzw. der Klassenleiter, die Schülerin bzw. der Schüler und die Erziehungsberechtigten teil. Die Entscheidung trifft die Lehrerkonferenz im Einvernehmen mit dem Elternbeirat vor Unterrichtsbeginn des Schuljahres.
Wenn im Einzelfall Erziehungsberechtigte kein dokumentiertes Lernentwicklungsgespräch führen möchten, wird ein Zwischenzeugnis ausgestellt (vgl. § 15 Abs. 11 Schulordnung für die Grundschulen in Bayern).
Lernentwicklungsgespräche im Sinne der Schulordnung für die Grundschulen in Bayern werden an den öffentlichen Gymnasien in Bayern nicht durchgeführt. Die Gymnasien haben jedoch die Möglichkeit, die Modus-Maßnahme Nr. 42 – „Zeugnisergänzung basierend auf einer Schülerberatungsstunde“ – durchzuführen. Bei dieser Modus-Maßnahme findet mehrmals im Schuljahr eine Schülerberatungsstunde als Einzelgespräch statt, in der individuelle Probleme der Schülerin oder des Schülers besprochen und Ziele für die nächste Lern- und Entwicklungsphase formuliert werden.
Über die Durchführung der Modus-Maßnahme Nr. 42 entscheidet die Lehrerkonferenz; bei dieser Maßnahme ist die Zustimmung des Elternbeirats nicht erforderlich (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 3 Bayerische Schulordnung).
b) Durchführung von Schülerberatungsstunden im Rahmen der Individualförderung an den 14 städtischen Gymnasien
Im Schuljahr 2016/2017 finden an mehreren städtischen Gymnasien Einzelgespräche mit den Schülerinnen und Schülern statt, in denen individuelleProbleme der Schülerin/des Schülers besprochen und Ziele für die nächste Lernphase formuliert werden. Ebenfalls werden im Bedarfsfall Beratungsgespräche mit den Eltern geführt.
Folgende schulspezifische Maßnahmen an den städtischen Gymnasien wurden im Rahmen einer aktuellen Abfrage genannt:
- Verpflichtende Klassleitungsgespräche mit den Eltern, deren Kinder die 5. Klasse besuchen;
Lerncoaching zur Verbesserung des individuellen Lernprozesses sowie zur Entwicklung individueller Lernstrategien; Schulberatung im Gefährdungsfall
- Individuelle, bedarfsgerechte „Lernbetreuung“ für die Schülerinnen und Schüler der Klassen 5 mit 10
- „Lernbegleitgespräche“ mit allen Schülerinnen und Schülern der 5. Jahrgangsstufe alle 4 – 6 Wochen; Ausweitung auf die 6. Klassen im Schuljahr 2017/2018
- Wöchentliche Beratungsgespräche der pädagogischen Unter- bzw. Mittelstufenbetreuung mit Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 5 bis 10 im Falle von Lernschwierigkeiten; wöchentliche Klassleitungsgespräche mit den Eltern der Kinder in den Eingangsklassen
- Gespräche mit gefährdeten und sehr gefährdeten Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 6 mit 9 ab dem Zwischenzeugnis (4 – 5 Termine im 2. Schulhalbjahr) zur Verbesserung der Lernsituation; allen Schülerinnen und Schülern mit Probezeit wird bis zum Ende der Probezeit eine Mentorin/ein Mentor zur Seite gestellt mit dem Ziel, die Probezeit erfolgreich zu bestehen
- Beratungsgespräche mit allen gefährdeten Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 5 mit 10 sowie deren Eltern im Februar/März; ein Beratungsprotokoll wird erstellt
- Das Coaching in allen Jahrgangsstufen bietet individuelle Reflexion über den Leistungsstand, die Motivation und das Vermögen zur Verbesserung des Arbeitsverhaltens an; die einzelne Schülerin/der einzelne Schüler erhält konkrete Hilfestellung, um ihre/seine Leistungen zu verbessern.
Unabhängig von diesen schulspezifischen Angeboten sind die Lehrkräfte gemäß § 3 Abs. 2 der Dienstordnung für die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen der Landeshauptstadt München (M/LLDO) verpflichtet, die ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler zu beraten.
Beratung bei individuellen Lernschwierigkeiten und Leistungsproblemen können Schülerinnen und Schüler sowie die Erziehungsberechtigten an den Gymnasien auch von der jeweiligen Klassenleitung, der Beratungs-lehrkraft, der Schulpsychologin/dem Schulpsychologen sowie den pädagogischen Betreuerinnen und Betreuern mit Schwerpunkt Unter- bzw. Mittelstufe sowie von den Oberstufenkoordinatorinnen und Oberstufenkoordinatoren erhalten.
Aus der Darstellung ergibt sich, dass die städtischen Gymnasien intensiv bestrebt sind, bestmöglich die Schülerinnen und Schüler bei Leistungsproblemen zu beraten und somit zu deren schulischem Erfolg beizutragen.
Um Kenntnisnahme der vorstehenden Ausführungen wird gebeten. Wir gehen davon aus, dass die Angelegenheit damit abgeschlossen ist.