Seit 2016 gibt es den Dieter-Hildebrandt-Preis der Landeshauptstadt München. Mit ihm werden Künstler ausgezeichnet, die sich um das politische Kabarett in Deutschland verdient gemacht haben. Claus von Wagner hieß der Preisträger zum Debüt im vergangenen Jahr. Gestern Abend nun wurde der Preis zum zweiten Mal verliehen – und zwar an den Kabarettisten, Schauspieler, Drehbuchautor und Regisseur Josef Hader. Oberbürgermeister Dieter Reiter überreichte die Auszeichnung in den Kammerspielen an den österreichischen Künstler.
OB Dieter Reiter: „Sein Humor ist bitterbös und ungemein treffsicher. Dieter Hildebrandt hätte den Österreicher Hader am liebsten eingebürgert, ‚solche Leute würden uns gut zu Gesicht und zu Ohr stehen‘, hat Hildebrandt selbst einmal gesagt. Eingebürgert wurde Josef Hader gestern zwar nicht, aber dafür mit dem Dieter-Hildebrandt-Preis ausgezeichnet, worin man durchaus auch eine subtile Form von Vereinnahmung sehen kann. Dieter Hildebrandt jedenfalls hätte sich narrisch gefreut, den Hader auf diese Weise doch noch für uns zu gewinnen.“
Die Landeshauptstadt München hatte den Dieter-Hildebrandt-Preis auf Initiative von Oberbürgermeister Reiter im vergangenen Jahr ins Leben gerufen. Sie ehrt damit den 2013 verstorbenen Kabarettisten Dieter Hildebrandt, der nicht nur das politische Kabarett, sondern die politische Kultur in Deutschland insgesamt entscheidend geprägt hat. Der Preis zeichnet anspruchsvolles politisches beziehungsweise dezidiert gesellschaftskritisches Kabarett aus. Er wird jährlich vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Der Dieter-Hildebrandt-Preis trat an die Stelle des Kabarettpreises der Stadt München.
Die Jurybegründung:
„Satire heißt, den Menschen ernst zu nehmen. Denn nur, wenn in greller Überbelichtung auch ein wahrer Kern getroffen wird, entfaltet sie ihre ganze Kraft.
Der große Menschenkenner Josef Hader beschert uns seit drei Jahrzehnten Weisheiten für die Ewigkeit, etwa: ,Das Leben verliert dadurch, dass man es kennenlernt.‘ Schon 1991 stellte er bei einem gemeinsamen Auftritt mit Dieter Hildebrandt fest: ,Gott ist gerecht. Er kümmert sich auch um andere nicht.‘
Geerdet mit einem gesunden Grundpessimismus beherrscht Hader die Thomas Bernhard‘sche Suada ebenso wie den feinen Hintersinn. Nur er konnte es sich leisten, sein Publikum nach dem Erfolgsprogramm „Privat“ zehn Jahre auf den Nachfolger warten zu lassen und die ins Uneinlösbare gesteigerten Erwartungen mit ,Hader muss weg‘ souverän zu erfüllen – es wurde ein Wiener Vorstadtdrama von geradezu antiker Wucht. Hader spielt ständig mit der Form des Kabaretts und den Erwartungen des Publikums. Und er setzt hinsichtlich der schauspielerischen Präsenz Maßstäbe für die Kleinkunst. Niemand serviert auch Unfreundlichkeiten so unangestrengt. Egomanisch unterwegs, wie Hader sein Kabarettistendasein nennt, ist er aber nur zeitweise. Immer stärker tritt der Schauspieler, Drehbuchautor und neuerdings auch Regisseur in den Vordergrund. Seit ,Indien‘ ist Hader eine Kinokultfigur, der ,Brenner‘ war lange seine Paraderolle. Im vergangenen Jahr aber gelang Hader als Stefan Zweig im Drama ,Vor der Morgenröte‘ seine beeindruckendste Leistung. Als des Lebens müder Erfolgsschriftsteller im Exil erzielte der Minimalist Hader seine maximale Wirkung. In seinem gerade auf der Berlinale präsentierten Regiedebut ,Wilde Maus‘ spielt Hader den Musikkritiker einer Wiener Zeitung, bekannt wegen seiner herrlichen Verrisse. Ein Mann, der nun selbst zum Opfer der Zeitungskrise wird. Doch Hader entdeckt auch in den Niederlagen des Lebens das humoristische Potenzial. Er bietet keinen Eskapismus in immer unruhiger werdenden Zeiten, sondern die mildernde Erkenntnis, dass auch schwarz eine schillernde Farbe sein kann.“
Der Jury gehörten an: Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers (Vorsitz), Angelika Beier (Kabarettistin), Renate Hildebrandt (Kabarettistin), Till Hofmann (Lach- und Schießgesellschaft), Oliver Hochkeppel (Süddeutsche Zeitung), Volker Isfort (Abendzeitung), Katinka Strassberger (Bayerischer Rundfunk) und die Stadtrats-Mitglieder Ulrike Grimm und Marian Offman (beide CSU-Fraktion), Horst Lischka und Christian Vorländer (beide SPD-Fraktion) sowie Dr. Florian Roth (Fraktion Die Grünen/Rosa Liste).
Achtung Redaktionen: Informationen zum Dieter-Hildebrandt-Preis unter www.muenchen.de/kulturfoerderung, Stichwort „Auszeichnungen und Preise“. Pressefotos von der Verleihung sind per E-Mail an presseamt@muenchen.de oder Telefon 2 33-9 26 00 erhältlich.