Herzog-Wilhelm-Straße, ein Schandfleck in der Altstadt Das Problem endlich anpacken und nicht immer nur zusehen!
Anfrage Stadträte Richard Quaas und Professor Dr. Hans Theiss (CSU-Fraktion) vom 30.11.2016
Antwort Stadtbaurätin Professorin Dr.(I) Elisabeth Merk:
Mit Schreiben vom 30.11.2016 haben Sie gemäß § 68 GeschO folgende Anfrage an Herrn Oberbürgermeister gestellt, die vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung wie folgt beantwortet wird.
Es wurde eine Terminverlängerung bis zum 31.05.2017 beantragt, da eine Vielzahl der von Ihnen vorgetragenen Fragen im Zuständigkeitsbereich anderer Fachreferate liegen. Das Kreisverwaltungsreferat, das Sozialreferat, das Referat für Gesundheit und Umwelt, das Baureferat und das Kommunalreferat wurden um Stellungnahmen gebeten. Leider hat die endgültige Erstellung noch etwas mehr Zeit in Anspruch genommen. Wir bitten dies zu entschuldigen.
In Ihrer Anfrage führen Sie Folgendes aus:
Die Herzog-Wilhelm-Straße wird von Obdachlosen, Drogenabhängigen, Bettlern, Alkoholikern und lärmenden Partygängern in Beschlag genommen und mit diversen Hinterlassenschaften verunreinigt. Dies beeinträchtigt die Anwohner und Anwohnerinnen in unzumutbarer Weise. Es wird um Lösungsvorschläge in ordnungsrechtlicher und gegebenenfalls auch in baulicher Hinsicht gebeten.
Frage 1:
Sind den zuständigen Stellen der Stadt die, von den Medien in den letzten Tagen beschriebenen, für Besucher, Geschäftsleute und Anwohner unzu- mutbaren Zustände an der Herzog-Wilhelm-Straße bekannt?
Antwort:
Ja, den zuständigen Referaten sind die Zustände durch ihre tägliche Arbeit vor Ort, Bürgerbeschwerden und Rückmeldungen der Streetworker und Streetworkerinnen bekannt.
Frage 2:
Wenn ja, warum geschieht wieder, wie schon so oft seit 2 Jahrzehnten, vor Ort zu wenig, bzw. teilweise nichts, um diese Missstände zu beseiti- gen bzw. zu minimieren?
Antwort:
Auf Grund der bekannten Missstände wurden in den letzten Jahren eine Vielzahl von Maßnahmen durchgeführt, um die Situation in der Herzog-Wilhelm-Straße zu verbessern:
1)Seitens des Kreisverwaltungsreferates
Konsequentes Vorgehen gegen Personen, die durch Konsum, Handel und Besitz von Betäubungsmitteln auffallen, durch Anordnen von zwangsgeldbewehrten Aufenthaltsverboten für ein Jahr. Im Umgriff Sendlinger-Tor-Platz und Herzog-Wilhelm-Park gilt dies aktuell für 73 Personen, die gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen haben. Verstärkung der polizeilichen Kontrollen im Bereich des Herzog-Wilhelm-Parks. Bei nächtlichen Kontrollen werden regelmäßig dort schlafende Personen des Platzes verwiesen.
2)Seitens des Sozialreferates wurde veranlasst:
- Förderung regelmäßiger Einsätze von Streetworkern und Streetworkerinnen.
- Förderung diverser Beratungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten im Umfeld (Beratungscafe in der Sonnenstraße, Bahnhofsmission, Haneberghaus in St. Bonifaz, Beratungsstelle „Schiller 25“, Teestube „komm“).
- Regelmäßige Besprechung der Situation am Sendlinger-Tor-Platz (in unmittelbarer Nähe zur Herzog-Wilhelm-Straße) bei den Sitzungen des Sicherheits- und Aktionsbündnis Münchner Institutionen.
- Besprechung des Standortes seit 2014 mehrfach in der referatsübergreifenden AG Wildes Campieren mit regelmäßig stattfindenden Begehungen. (Es wurde bislang keine Lagerbildung festgestellt.)
- Eröffnung eines weiteren Tagestreffs für obdachlose Menschen im Innenstadtbereich in 2018.
- Bereitstellung von über 5.000 Bettplätzen zur Unterbringung wohnungsloser Menschen (von November bis April zusätzlich 1.000 kostenlose Bettplätze).
- Enge Zusammenarbeit mit der Polizei, um bei Bildung von sozialen Brennpunkten schnelle Maßnahmen entwickeln zu können.
Es ist jedoch festzuhalten, dass bauliche Maßnahmen die Situation an einem Platz selbstverständlich verändern und vielleicht auch verbessern können. Wenn die baulichen Maßnahmen jedoch vor allem eine Vertreibung der nicht erwünschten Personenkreise zur Zielsetzung haben, werden die Probleme nur von einem Standort/Stadtviertel zum nächsten Standort verlagert.3)Seitens des Referates für Gesundheit und Umwelt (RGU) wurde veranlasst:
- Begehung der Grünanlage zwei- bis dreimal wöchentlich durch die Suchtberatung Streetwork des RGU. Streetwork unterstützt die drogenabhängigen Menschen bei akuten Problemlagen und vermittelt sie in spezielle Fach- und Behandlungseinrichtungen. Die damit verbundene Verbesserung der Lebenssituation der Betroffenen trägt nicht zuletzt auch zu einer Reduzierung des Aufenthalts an den Treffpunkten bei. - Förderung des Drogennotdienstes L43 in der nahegelegenen Landwehrstraße.
- Förderung von Streetwork im Gemeinwesen in Zusammenarbeit mit dem evangelischen Hilfswerk. Die Einrichtung sucht die Grünanlage mindestens einmal wöchentlich zu unterschiedlichen Tageszeiten auf. Sie betreut sogen. Wohnungsflüchter, also Menschen, die über eine eigene Wohnung verfügen, aber öffentliche Plätze regelmäßig als Aufenthaltsorte nutzen. Wohnungsflüchter wurden bislang nicht angetroffen.
4)Seitens des Baureferates Abteilung Gartenbau wurde veranlasst:
- Einstufung der Grünanlage an der Herzog-Wilhelm-Straße aufgrund des Verschmutzungsgrades in die Reinigungsklasse N. Das bedeutet in den Monaten März bis Oktober eine sechsmalige Reinigung pro Woche und zusätzlich bei Bedarf am Sonntag (jeweils mit Leerung der vorhandenen Abfallbehälter). In der übrigen Zeit wird drei mal pro Woche gereinigt.
- Stichprobenartige Kontrolle des Reinigungszustandes und Veranlassen zusätzlicher Reinigungsgänge bei Bedarf.
- Aufstellung eines zusätzlichen Abfallbehälters im Bereich der Herzog-Wilhelm-Straße gegenüber Haus-Nr. 17, bzw. 19 zur Verbesserung der Situation.
- Entfernen der Graffitis (bereits im Dezember 2016).
- Geplante erneute Erhöhung der Anzahl der Reinigungsgänge.
Frage 3:
Hat die Stadt schon Überlegungen angestellt, ob man die Situation auch durch eine Änderung der baulichen und gestalterischen Situation verbessern könnte, in dem z. B. die Beleuchtung verbessert wird, die Bepflanzung ggf. geändert und besser einsehbar platziert und die Gesamtgestaltung deutlich verbessert wird?
Antwort:
Das Baureferat Abteilung Gartenbau erklärt, dass für die Aufwertung der öffentlichen Grünfläche an der Herzog-Wilhelm-Straße inklusive des vor-handenen Spielplatzes eine Planung in der Vorbereitung ist. Die Materialien zu den Planungsgrundlagen und den Rahmenbedingungen sind im wesentlichen ausgewertet und zusammengestellt; ebenso die grundlegenden Entwicklungsziele aus Sicht der Verkehrsplanung, Stadtplanung und Grünplanung. Es ist beabsichtigt, voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte 2017 ein erstes Planungskonzept dem Bezirksausschuss (Unterausschuss Planung) zur Diskussion vorzustellen.
Frage 4:
Lässt sich bei der Überlegung für eine mögliche Umgestaltung, auch die Aufenthaltsqualität der Fläche durchgreifend verbessern, evtl. auch durch eine moderne, helle Anwohner- und Besuchergarage und eine dadurch mögliche Verminderung der Abstellplätze im Straßenraum, weil die Sta- chusgarage abends, aber auch unter Tags nicht gerne aus der Altstadt her- aus genutzt wird, wie man jetzt aus über 40 Jahren Erfahrung weiß?
Antwort:
Umgestaltungen können sich derzeit nicht auf bestehende Parkplätze im öffentlichen Straßenraum beziehen, da angesichts der durch Erweiterung der Fußgängerzone und Baumaßnahmen wie die Modernisierung der U-Bahnstation Sendlinger Tor bedingten deutlich verschärften Parksituation kein Spielraum für Umgestaltungen zulasten von Parkplätzen gegeben ist. Die Errichtung einer Anwohnergarage wurde geprüft und aus grünplanerischer sowie wirtschaftlicher Sicht nicht weiterverfolgt.
Um die Attraktivität der Stachus-Tiefgarage als Besuchergarage zu erhöhen, wurde sie zwischen Ende 2011 und Ende 2013 unter laufendem Betrieb saniert. Im Dezember 2013 wurde die Garage dann wieder in vollem Umfang eröffnet und ist seit der Sanierung deutlich attraktiver als zuvor.
Frage 5:
Gibt es Überlegungen, die hässliche Abfahrt in die Stachus-Tiefgarage nun- mehr endlich einer Überbauung, bzw. zumindest einer farblichen Neugestaltung, wie z.B. hochwertige Streetart zuzuführen?
Antwort:
Das Kommunalreferat gibt an, dass derzeit keine Verwertungsabsichten für dieses Grundstück bestehen.
2010 war die Fläche Teil des EUROPAN-Wettbewerbs. Zwei Planentwürfe wurden ausgewählt und sollten Grundlage für die weitere Bauleitplanung sein.
Das Grundstück ist immer wieder Gegenstand von Standortsuchen (z.B. Münchner Forum für Islam, Archiv der Erzdiözese für München und Frei-sing), die letztlich und auch aufgrund der baulichen und finanziellen Herausforderungen zum Überbau der TG-Ein-/Ausfahrten nicht weiterverfolgt wurden. Laut einem Tragwerksgutachten von 2002 würden allein für die Überbauung des Rampenbauwerks Baumehrkosten von ca. 2 Mio. € notwendig werden.
Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung sieht auf Grund nicht vorhandener öffentlicher oder privater Entwicklungsabsichten für den in Rede stehenden Bereich derzeit keinen Anlass, einen städtebaulichen Wettbewerb zu veranlassen.
Frage 6:
Wäre es evtl. eine Idee, für die Herzog-Wilhelm-Straße einen städtebaulichen - und künstlerischen Wettbewerb durchzuführen, der auf eine völlig neue Gestaltung, moderne Beleuchtung und Nutzung der Straße und der Anlagen hinausläuft und aus einem heutigen Unort, ein Schmuckstück der Innenstadt macht?
Antwort:
Bezüglich der Durchführung eines städtebaulichen Wettbewerbes wird auf die Ausführung des Kommunalreferates zu Frage 5 verwiesen.
Hinsichtlich der Zielsetzung, einer neuen Gestaltung wird auf die Ausführungen zu Frage 3 und 4 verwiesen.