In einer gemeinsamen Presseerklärung zur Auseinandersetzung im Falle des Gemäldes „Sumpflegende“ von Paul Klee teilen die Landeshauptstadt München, die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München, die Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung und die Erben von Sophie Lissitzky-Küppers folgendes mit:
„Die Landeshauptstadt München, die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, München, die Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung und die Erben von Sophie Lissitzky-Küppers haben sich am 28. März 2017 über ihre Anwälte Dr. Hannes Hartung, Dr. Hans-Werner Hürholz und Christoph von Berg, Leipzig, und Gunnar Schnabel, Berlin, durch Prozessvergleich geeinigt. Alle beteiligten Parteien begrüßen, dass die Auseinandersetzung um das Gemälde Sumpflegende von Paul Klee nach einer Dauer von 26 Jahren im gegenseitigen Einvernehmen gelöst werden konnte.
In Kenntnis der besonderen Verlustumstände und in Anerkennung des persönlichen Verfolgungsschicksals von Sophie Lissitzky-Küppers vereinbaren die Parteien mit dem Ziel einer fairen und gerechten Lösung einen Vergleich. Auf Wunsch aller Parteien wurde vereinbart, über die Einzelheiten des Vergleichs Stillschweigen zu bewahren. Der getroffene Vergleich sieht vor, dass das Gemälde Sumpflegende von Paul Klee der Öffentlichkeit im Lenbachhaus erhalten bleibt und die Erben von Sophie Lissitzky-Küppers angemessen entschädigt werden.
Um dem Verfolgungsschicksal von Sophie Lissitzky-Küppers und dem Schicksal des Gemäldes als ,entartete Kunst‘ unter den Nationalsozialisten in angemessener Weise Rechnung zu tragen, wird in Zukunft neben dem Gemälde auf die Geschichte des Bildes hingewiesen.
Paul Klee hat das Gemälde Sumpflegende 1919 in München während der Zeit der Räterepublik in seinem neuen Atelier im Schlößchen Suresnes in der Werneckstraße gemalt. Das Bild gelangte vermutlich direkt nach Fertigstellung in die Sammlung Dr. Paul Küppers und war bereits als Leihgabe aus diesem Besitz 1920 in der großen Klee-Ausstellung der Galerie Hans Goltz in München zu sehen. Nach dessen Tod erbte es 1922 seine Witwe Sophie, die 1927 El Lissitzky heiratete und nach Moskau übersiedelte. Bereits seit 1926 bewahrte das Provinzial-Museum in Hannover das Gemälde als Leihgabe auf, bis es dort als ,entartet‘ beschlagnahmt, auf der Ausstellung »Entartete Kunst« in München 1937 gezeigt und 1941 vom Deutschen Reich an das Kunstkabinett Hildebrand Gurlitt veräußert wurde. Zwischen 1941 und 1961 sind die Besitzverhältnisse ungeklärt. Im Dezember 1962 wurde das Gemälde im Auftrag von Herrn Dr. Peters, Hagen, durch das Kunsthaus Lempertz, Köln, versteigert und von der Galerie Ernst Beyeler, Basel, erworben. Von 1963 bis 1973 befand es sich in unbekanntem schweizerischen Privatbesitz. Von 1973 bis 1982 war die Galerie Rosengart in Luzern Besitzerin des Bildes. Der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung wurde das Gemälde im Jahr 1981 von der Galerie Rosengart in Luzern zum Kauf angeboten, die Stadt München unterstützte sie durch Zahlung des hälftigen Kaufpreises am Erwerb. Nach Beschluss des Stadtrates vom 18.05.1982 wurde das Kunstwerk als jeweils hälftiges Miteigentum der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung erworben.
Die Sumpflegende von Paul Klee repräsentiert in der Sammlung des Lenbachhauses ein wichtiges Kapitel der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts. Es handelt sich um ein besonders hervorragendes und wirkmächtiges Gemälde Paul Klees. Darüber hinaus ermöglicht das Bild, das große kunsthistorische, politische und menschliche Drama der Verfemung als ,entartet‘ an einem konkreten Kunstwerk nachvollziehbar zu machen. Die wechselvolle Geschichte des Bildes erlaubt es – wie in nur ganz wenigen Fällen –, die Komplexität und Widersprüchlichkeit einer ganzen Epoche ikonologisch zu verdichten.
Denn nicht nur die Verbrechen, die Verfolgung und Diskriminierung der Ästhetik und der damit darin involvierten Menschen sind in die Geschichte der Sumpflegende eingeschrieben, sondern auch die Geschichte des Lenbachhauses – einem Museum dessen Aufgabe es ist, die Erinnerung an die Geschichte für kommende Generationen zu bewahren und wach zu halten.
Der Vergleich konnte nur durch die großzügige finanzielle Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung, der Kulturstiftung der Länder sowie der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung verwirklicht werden. Für diese engagierte Unterstützung sind wir den genannten Stiftungen zu großem Dank verpflichtet.“
Achtung Redaktionen: Für eventuelle Nachfragen wenden Sie sich bitte an die folgenden Personen und Institutionen.
- Für die Erben von Sophie Lissitzky-Küppers
Rechtsanwalt Christoph v. Berg v. Berg, Bandekow, Zorn, Prellerstraße 1, 04155 Leipzig, Telefon 0341 58 03 40, E-Mail c.v.berg@b-b-z.de und Gunnar Schnabel, Pohlstraße 72, 10785 Berlin, Telefon 030 8860741, E-Mail schnabel@schnabel-law.de
- Für die Landeshauptstadt München
Stadtdirektor Anton Biebl, Stellvertreter des Kulturreferenten, Burgstraße 4, 80331 München, Telefon 089 233 96939, E-Mail kulturreferat@ muenchen.de oder Rechtsanwalt Dr. Hannes Hartung TEP, Lehrbeauftragter LMU, KFU, ICOM-WIPO Mediator, Managing Partner, THEMIS
Rechtsanwälte Solicitor, GalerieKanzlei im Kunstareal, Türkenstraße 11, 80333 München, Telefon 089 99 01 83 00, hartung@themispartners.eu
- Für die Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München und die Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung
Dr. Matthias Mühling, Direktor des Lenbachhauses und 1. Vorsitzender des Verwaltungsrates der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung, Luisenstraße 33, 80333 München, Telefon 089 233 32005, E-Mail direktion-lenbachhaus@muenchen.de oder Rechtsanwalt Dr. Hans-Werner Hürholz, Dr. J. Flasnoecker & Dr. H.-W. Hürholz, Oberanger 42, 80331 München, Telefon 089 22 4 272, E-Mail huerholz@elfinet.de