Nagelneue Wohnungen am Haderner Stiftsbogen: 70 Prozent für „Flüchtlinge“ – warum?
Anfrage Stadtrat Karl Richter (BIA) vom 9.6..2017
Antwort Sozialreferentin Dorothee Schiwy:
In Ihrer Anfrage vom 9.6.2017 führen Sie Folgendes aus:
„Einem Beschluß des Stadtrats vom Herbst 2015 zufolge errichtet der Freistaat Bayern in den nächsten Monaten in der Kurparkstraße am Haderner Stiftsbogen 34 Wohnungen in zwei dreigeschossigen Baukörpern. Die Anlage soll bereits im Winter bezugsfertig sein. Laut einem Bericht des Lokalblättchens ‚tz‘ vom 19.5. sind ‚die Wohnungen für anerkannte Flüchtlinge und zu 30 Prozent für Einheimische mit niedrigem Einkommen‘ vorgesehen (zit. nach: https//www.tz.de/muenchen/stadt/hadern-ort43352/ fuer-beduerftige-freistaat-baut-wohnungen-in-hadern-8327586.html; zuletzt aufgerufen: 9.6.2017, 2.54 Uhr; KR). – Der Fall wirft Fragen auf.“
Zu Ihrer Anfrage vom 9.6.2017 nimmt das Sozialreferat im Auftrag des Herrn Oberbürgermeisters im Einzelnen wie folgt Stellung:
Frage 1:
Auf welcher Rechtsgrundlage gehen pauschal 70% der Wohnungen in der genannten Anlage am Haderner Stiftsbogen an „Flüchtlinge“ – ohne Prüfung der sozialen Dringlichkeit? Inwieweit kommt dieser Zuweisungsschlüssel auch in anderen Fällen oder möglicherweise grundsätzlich bei der Vergabe von Wohnraum an Bedürftige zur Anwendung?
Antwort:
Bei den angesprochenen Wohnungen handelt es sich um ein Bauvorhaben des Freistaats Bayern, welches im Rahmen der ersten Säule des „Wohnungspakts Bayern“ umgesetzt wird. Die Landeshauptstadt München ist nicht aktiv beteiligt. Es wird lediglich im Rahmen des bauaufsichtlichen Verfahrens ein Zustimmungsverfahren durch die Lokalbaukommission durchgeführt. Hierbei sind lediglich baurechtliche Aspekte zu prüfen.
Etwaige Fragen zur Belegung dieses Objekts bitten wir daher, an den Freistaat Bayern zu richten.
Frage 2:
Nach welchen Kriterien werden die Wohnungen durch wen vergeben? Inwieweit ist das städtische Amt für Wohnen und Migration involviert?
Antwort:
Den Großteil der Wohnungen wird der Freistaat Bayern vergeben (s. Frage 1).
Es ist im Gespräch, dass die Landeshauptstadt München für einen Teil der Wohnungen ein Belegungsrecht erhält. Sollte es so kommen, werden die Wohnungen über das Amt für Wohnen und Migration vergeben. Genauere Angaben können hierzu noch nicht gemacht werden.
Frage 3:
Wie kann es – angesichts rasch zu bewerkstelligender Wohnbauprojekte wie etwa im genannten Fall am Haderner Stiftsbogen – sein, dass 13.000 wohnungssuchende Münchner Haushalte SEIT JAHREN durchgängig registriert sind, viele in der Rangstufe 1, und keine Wohnung vermittelt bekommen, während „Flüchtlinge“ scheinbar bevorzugt in zeitnah herstellbaren Wohnanlagen von der LHM untergebracht werden können.
Antwort:
Derzeit sind rund 13.200 Haushalte beim Amt für Wohnen und Migration für eine geförderte Wohnung registriert, wovon über 70% in Rangstufe 1 sind. Demgegenüber stehen jährlich rund 3.000 Vergaben. Dies zeigt die schwierige Situation im Bereich geförderter Wohnungen.
Haushalte, die bereits länger in München leben, werden über die sogenannten Anwesenheitspunkte (prozentualer Aufschlag auf die Grundpunkte), begünstigt. Wohnungssuchende erhalten in den ersten 4 Jahren ihres Wohnsitzes in München lediglich 1% Anwesenheitspunkte. Ab einem Wohnsitz von 5 Jahren in München steigt der Prozentsatz auf 20 und danach jährlich um 1% bis maximal 45% bei einem Wohnsitz von über 30 Jahren in München. Somit haben Haushalte, die bereits länger in München leben bei gleicher Wohnsituation einen Vorteil gegenüber Menschen, die erst kurze Zeit in München leben.