Georg-Elser-Preis der Landeshauptstadt München für Ernst Grube Archiv
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Rathaus Umschau 150 / 2017, veröffentlicht am 09.08.2017
Ernst Grube, Zeitzeuge und politischer Aktivist, wird für sein gesellschaftliches Engagement von der Landeshauptstadt München mit dem Georg-Elser-Preis geehrt. Dies hat der Feriensenat des Stadtrats auf Vorschlag einer Jury heute beschlossen.
Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird seit 2013 alle zwei Jahre als städtischer Preis vergeben. Mit dem Georg-Elser-Preis sollen vor allem Menschen ausgezeichnet werden, die sich gegen undemokratische Strukturen, Organisationen und Entwicklungen auf ganz individuelle Weise zur Wehr setzen, die für Schwache eintreten, welche selbst keine Stimme haben, und die rechtsextremen Tendenzen entgegentreten.
Die Jury begründete ihre Entscheidung wie folgt:
„Der Preisträger Ernst Grube hat es sich Zeit seines Lebens zur Aufgabe gemacht, über die Verbrechen der NS-Diktatur aufzuklären und Konsequenzen diktatorischer Systeme aufzuzeigen.
Als Kind einer jüdischen Mutter erlebte er Diskriminierung, Entrechtung, Deportation und Internierung im Konzentrationslager. Als Fünfjähriger sah er, wie die Münchner Synagoge abgerissen wurde. Seine verzweifelten Eltern brachten ihre drei Kinder kurz vor dem Novemberpogrom 1938 ins jüdische Kinderheim in der Antonienstraße. Gemeinsam mit seiner Mutter und den beiden Geschwistern Ruth und Werner wurde Ernst Grube im Februar 1945 im Alter von zwölf Jahren nach Theresienstadt deportiert. Er überlebte und kehrte nach München zurück. Hier musste er erleben, wie alte Nationalsozialisten auch in der neuen Demokratie mitregierten und verhinderten, dass nachhaltige Lehren aus dem Faschismus gezogen wurden. Ernst Grube hat sich immer in politische Auseinandersetzungen seiner Zeit eingemischt. Er engagierte sich in der FDJ, der Gewerkschaft und der KPD. Er protestierte gegen die Wiederbewaffnung wie auch die Ladenschlussgesetze und wurde 1953 zu sieben Monaten Haft wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt verurteilt. Wegen Unterstützung der verbotenen KPD erhielt er eine einjährige Gefängnisstrafe. Er engagierte sich gegen Berufsverbote, von denen er als Berufsschullehrer selbst betroffen wa r.
Ernst Grube hat sich aufgrund seiner persönlichen Verfolgungserfahrung Zeit seines Lebens gegen Ausgrenzung und Unterdrückung engagiert. Er hat über Jahrzehnte hinweg jungen Menschen über die Schrecken des Nationalsozialismus aus eigener Anschauung berichtet – und aber auch immer wieder darauf hingewiesen, wenn heute Menschen unter Ausgrenzung und Ausbeutung leiden. Ernst Grube bezieht öffentlich Stellung besonders gegen Neonazis und Geschichtsrevisionisten. Er ist Präsident der Lagergemeinschaft Dachau und engagiert sich in der Stiftung Bayerischer Gedenkstätten ebenso wie im politischen Beirat des NS-Dokumentati- onszentrums München. Darüber hinaus streitet er für die in München so heftig umstrittenen Stolpersteine. Immer wieder hat er auf das Schicksal von Flüchtlingen hingewiesen – zuletzt hat er eindringlich einen Abschiebestopp für Afghanistan gefordert. Ernst Grube war und ist immer auch unbequem. Aber es sind nicht die Bequemen, die die Demokratie verteidigen. Für sein lebenslanges Engagement erhält Ernst Grube den Georg-Elser-Preis der Landeshauptstadt München 2017.“ Georg Elser widersetzte sich am 8. November 1939, kurz nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, der Diktatur und verübte im Münchner Bürgerbräukeller ein Attentat auf Hitler, das missglückte. Mit dem von der Georg-Elser-Initiative München initiierten Georg-Elser-Preis wird nicht nur die Erinnerung an Georg Elser und seine Widerstandstat weiter gefestigt, sondern ein Zeichen gesetzt für Zivilcourage und zivilen Ungehorsam beim Bekämpfen undemokratischer Entwicklungen und Strukturen.
In der Jury vertreten waren Kulturreferent Dr. Hans-Georg Küppers, Damian Groten, Fachinformationsstelle Rechtsextremismus, Matthias Wuschek, engagierter junger Erwachsener, Kabarettistin Luise Kinseher, der Publizist Thomas Kretschmer, Siegfried Benker, Ehemann der verstorbenen Preisträgerin 2015, Angelika Lex, Michael Sack und Dr. Hella Schlumberger von der Georg-Elser-Initiative sowie aus dem ehrenamtlichen Stadtrat Ulrike Grimm, Marian Offman (beide CSU-Fraktion), Kathrin Abele, Christian Vorländer (beide SPD-Fraktion) und Dominik Krause (Fraktion Die Grünen/ Rosa Liste).
Die Preisverleihung findet am 6. November im NS-Dokumentationszentrum München statt.
Informationen zum Preis auch unter www.muenchen.de/kulturfoerderung, Stichwort „Preise“.